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TotalRugby Kolumne: "...was macht eigentlich?" - Carsten Segert
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Geschrieben von Constantin Hocke   
Mittwoch, 27. Januar 2010

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Carsten Segert als Gedrängehalb im Trikot von Victoria Linden

Bevor Carsten Segert nach Namibia auswanderte führte er Hannover 78 als ungeschlagenen Tabellenführer, der 2. Bundesliga Nord, in die 1. Bundesliga. Davor arbeitete er bereits als Trainer von St. Pauli, Germania List und der deutschen U19-Nationalmannschaft. Als Spieler war der brilliante Gedrängehalb unter anderem Deutscher Meister, Pokalsieger und Nationalspieler, heute lebt er mit seiner Familie im südlichen Afrika und ist dem Rugbysport nach wie vor eng verbunden.

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Carsten Segert heute (rechts) als Rugbyexperte im namibischen Fernsehen

TotalRugby: Hallo Carsten , wie geht es Dir, was machst Du im Moment?
Carsten Segert: Ich komme gerade vom Einkaufen zurück und genieße die letzten Tage der Sommerpause.

TR: Sommerpause? Du bist doch in Namibia ist da nicht immer Sommer? Nein ernsthaft – wie können wir uns Deinen Alltag in Afrika vorstellen?
CS: Ich bin seit einem Jahr jetzt Rugby Coach und Sportkoordinator an der DHPS (Deutsche Höhere Privatschule) Windhoek. Der Sport im Nachwuchsbereich obliegt in Namibia immer noch traditionell den Schulen. Der Stellenwert des Sports ist weitaus höher als in Deutschland und manche Eltern wählen die weiterführende Schule für ihr Kind so aus, dass auch dementsprechend qualifizierte Sportangebote vorhanden sind wie bspw. Cricket, Rugby, Netball, Leichtathletik, Schwimmen usw. Das Angebot für Rugby ist bisher nur vorhanden seitdem ich an der Schule tätig bin und als ich hier ankam war gar nichts vorhanden, nicht einmal ein Ball. Mittlerweile gab es im letzten Jahr eine U-14 u. eine U-19 Mannschaft die am Ligabetrieb teilnahmen. Ein U-8 und U-10 Team befindet sich im Aufbau und auch dort wollen wir im nächsten Jahr zu Pflichtspielen antreten nach Möglichkeit. Zu 90% sind die Schüler totale Anfänger die aber mit voller Begeisterung dabei sind. Die U-19 Mannschaft spielte im vergangenen September im Schulwettbewerb des Trustco 7’s im Bowl Finale und durfte im großen Stadion vor 5.000 Zuschauern sich beweisen.

Folgende Legenden haben wir bereits interviewt: Markus Knoblauch | Dieter Genthner | Stefan Laier | Frank Himmer | Rainer Kumm | Ulrich Byszio | Thomas Belousek | Alexander Weidlich

TR: Rugby scheint nach wie vor eine große Rolle in Deinem Alltag zu spielen, geht das auch über Deine Tätigkeit an der Schule hinaus?
CS: Neben meiner Schultätigkeit bin ich ehrenamtlich Trainer bei den Windhoek Wanderers. Es ist der älteste Club in Namibia der dieses Jahr sein 90jaehriges Jubiläum feiert und wo schon in den 80er Jahren Dirk Kuhnen und Mathias Entenmann eine Saison spielten und viele Spieler aus diesem Verein weilten auch schon in Deutschland. Es gibt 2 spielende Herrenteams und eine Damenmannschaft die sich letztes Jahr gründete. Soweit ich informiert wurde bin ich der erste ausländische Trainer in Namibia und obendrein noch ein Deutscher. In einem afrikaans sprechenden Club akzeptiert zu werden, war nicht einfach, große Skepsis und ein wenig Misstrauen schlug mir entgegen, mittlerweile bin ich aber fachlich akzeptiert. Weiterhin bin ich gelegentlich Co-Moderator von Artur Samuelson (Deutscher Meister 1996 mit Victoria Linden) bei der neuen Fernsehshow Absolute Rugby, ausgestrahlt im namibischen TV. Bei großen Ereignissen wie das Trustco 7’s oder Länderspielen, berichten wir auch live aus dem Stadion.
Auf www.TotalRugby.de bin ich öfters denn diese Seite hilft mir mich über die aktuellen Geschehnisse in Deutschland zu informieren. Ihr macht einen hervorragenden Job und ich wünsche Euch viele Sponsoren und Unterstützung für die Zukunft.

TR: Nun warst Du ja auch in Deutschland kein ganz unbeschriebenes Blatt was Rugby angeht, schildere uns doch mal ganz kurz Deinen sportlichen Werdegang?
CS: Ich begann 1972 in der D-Schüler beim TSV Victoria Linden und spielte dort in allen Altersklassen bis in die 1. Herrenmannschaft und wechselte 1991 dann zum DSV Hannover 1878 und beendete dort 1996 meine aktive Laufbahn im Alter von 30 Jahren.

TR: Und was siehst Du Rückblickend als Deine größten Erfolge an?
CS: Deutscher Meister 1987, 1989 Deutscher Pokalsieger 1989, 1991, 1996, 6 Länderspiele, Deutscher Meister der Landesverbände 1990, 1994, 1995

TR: Wahrlich keine schlechte Titelsammlung! Wann hast Du Deine Laufbahn als Aktiver beendet und wie kam es dazu?
CS: Es gab zu dem Zeitpunkt für mich als Spieler keine Herausforderung mehr und auch keine Motivation. Ich war durchaus ein wenig „satt“ und es gab auf Clubebene auch keinerlei Aussicht auf Spaß am Rugby für mich und erneut einen Verein wechseln kam für mich nicht mehr in Frage. Weiterhin hatte ich schon angefangen mich als Trainer fortzubilden und merkte dass dieses meine Aufgabe war, dem Sport weiterhin zu dienen und verbunden zu bleiben. Mit 30 Jahren als verletzungsfreier und erfolgreicher Spieler abzutreten erschien mir ebenso sinnvoll.

TR: Welche Erlebnisse Deiner Karriere sind Dir denn ganz besonders in Erinnerung geblieben?
CS: Da werden ja immer gern nur die positiven Erlebnisse genannt, aber 1984 in der A-Jugend nach 15 Minuten Nachspielzeit durch einen irregulären Versuch das DM Finale gegen HRK zu verlieren war bitter, aber auch lehrreich. Gruss an Stefan Laier .
Die deutsche Meisterschaft 1987, nachdem wir in der Winterpause noch auf dem vorletzten Tabellenplatz der 1. BL Nord standen und das Abstiegsgespenst schon vor den Augen hatten, und dann noch den 2. Platz erreichten und über Play-Off 1⁄4 und 1⁄2 Finale in Hannover gegen Hannover 78 vor einer großen Zuschauermasse 24:0 zu gewinnen war einzigartig und spektakulär.
Die Saison 1988/1989 mit Pokalsieg und DM Titel war geprägt von einer nie mehr kennengelernten Kameradschaft in einem Team dass nur so wimmelte von Nationalspielern und Talenten, sowie einem Coach aus Wales der meinen Horizont stark erweiterte.

Der DRV Pokalsieg 1996 gegen die RGH bleibt mir noch ebenfalls in Erinnerung, verloren wir doch 3 Wochen zuvor in Heidelberg das Einweihungsspiel des Fritz-Grunebaum-Sportparks mit 48:0 und ich erlitt eine Muskelverletzung die mich bis 8 Tage vor dem Endspiel im Krankenhaus verweilen liess.
Natürlich das Länderspiel 1993 gegen Frankreich, wo die FFR zwar nur eine U-23 Mannschaft nach Hannover schickte, aber zahlreiche Spieler schon kurz danach ihren Weg in das 5 Nationen Turnier Team fanden. Namen wie bspw. Brouzet, N’Tmack, Carbonneau, Califano, Soulette, Ribeyrolles und der Coach Jean-Claude Skrela, lassen mich gern daran denken.

Weiterhin das Länderspiel 1993 gegen Litauen in dem ich die Ehre hatte den ersten Versuch für Deutschland im RWC Bereich zu erzielen.

Als Coach muss ich die Junioren WM 1998 erwähnen wo wir eine Mannschaft zusammenbrachten und einen Teamgeist erwecken konnten, der beinahe den Kaukasus von Georgien versetzte. Viele Spieler der Jahrgänge 1979, 1980 und 1981 wurden dann später richtige Nationalspieler und die Herrennationalmannschaft lebte viele Jahre von dieser Mannschaft und dem ein oder anderen noch nachfolgenden Spieler.

Weiterhin natürlich der DRV Pokalsieg 2000 mit dem SC Germania List gegen DSV Hannover 1878.

TR: Was hat sich in der Bundesliga getan seit dem Du Deine Schuhe an den Nagel gehängt hast?
CS: Das physische Niveau ist absolut gestiegen, im strategischen und taktischen Bereich hängen wir prozentual noch hinterher. Weiterhin vermisse ich den Spielwitz und die Übersicht von so manchem Schlitzohr von damals. Die individuelle Ausbildung im Jugendbereich muss noch intensiviert werden und noch weniger der Blick auf Siege und Meisterschaften gerichtet werden. Die Schiedsrichter sind generell besser geworden, allerdings mangelt es noch in der Masse und auch in der Klasse. Mit 3 gleichberechtigten Referees heutzutage pro Match, tritt teilweise schon eine Unausgewogenheit des Schiriteams ein. Ich würde mir mehr ehemalige und gute Spieler als Schiedsrichter wünschen, siehe Frank Himmer und Jens Reinecke.

TR: Wohin geht es für das deutsche Rugby?
CS: Man ist an dem Punkt angelangt wo man sich entscheiden muss zwischen voll bezahlten Spielern, Trainern und Managern und einer echten Profiliga, oder man es so lässt wie es ist mit einer 1. BL wo zukünftig 2 – 4 Clubs das Geschehen dominieren werden und jedes Jahr die Meisterschaft unter sich ausspielen. Geld und Erfolg locken junge Spieler und andere Clubs werden dann ihre Rolle als Ausbildungsverein für die Spitze leben müssen. Hier ist der gesamte DRV gefragt, zu entscheiden wo die Reise hingehen soll und das Präsidium muss die Route auswählen und die Fahrkarten für diesen Trip erwerben.

TR: Was hältst Du von den Leistungen der Deutschen im internationalen Vergleich? Verfolgst Du die Spiele?
CS: So gut es geht verfolge ich die Spiele und auch das ein oder andere Match von Spanien und Portugal konnte ich im TV sehen. Für die amateurhaften Umstände in denen unsere Spieler sich quälen, zur Verfügung stellen, vorbereiten müssen, motivieren, können wir stolz auf unsere XV Nationalmannschaft sein. Allerdings tut es weh zu sehen, dass wir nicht optimal vorbereitet antreten in dieser Liga. Strategisch hätte langfristig mit allen Spielern, auch gerade mit denen die in den letzten zwei Jahren zurückgetreten sind, rechtzeitig die Weichen gestellt werden müssen um die Klasse zu halten und auch ein Umfeld herzustellen welches dem Niveau der anderen Nationen entspricht. Vor 10 Jahren hätte man anfangen müssen diesen Aufstieg zu planen.

Werde Aktiv…Support TotalRugby – Es gibt zahlreiche Wege TotalRugby zu unterstützen, hier findest Du ein paar davon.

TR: Olympia 2016 ist Chance und Hoffnung zugleich für das deutsche Rugby, was sind Deine Gedanken dazu?
CS: Rugby bei den Olympischen Spielen bietet aus meiner Sicht die letzte Gelegenheit um uns noch in das Konzert der großen Nationen eingreifen zu lassen und ein Instrument zu wählen auf dem wir auch spielen können. Hier ist eine absolute strategische Planung von Nöten um dieses Ziel zu erreichen. Zur Not muss man auch an ungewöhnliche Maßnahmen denken wie z.B. die 1. BL ausfallen zu lassen für 1 – 3 Jahre und nur 7er Rugby zu spielen, Profivertraege für Spieler die nur durch die Welt fahren und jede Woche ein Turnier spielen, vielleicht ein Team dass nur aus Ausländern besteht die einen deutschen Pass haben und mit der deutschen Bundesliga noch nie etwas zu tun gehabt haben. Ob das die richtigen Ideen sind kann man diskutieren, wahrscheinlich gibt es auch noch bessere und sinnvollere Maßnahmen, aber wenn man jetzt nichts tut, wird es ganz schwer bei Olympia 2016 und 2020 dabei zu sein. Gleiches gilt für die Frauenmannschaft

TR: Carsten wir danken Dir für das spannende Interview und wünschen Dir weiterhin viel Erfolg in Namibia!

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Kommentare (8)add comment

Bobby100 said:

102
...
Schön zu wissen, dass es Carsten gut in Namibia geht. Ich teile seine Ansichten betr. 7er Rugby und eventl. "ungewöhnliche" Massnahmen.....natürlich aber auch seine Aussage zur 15er Nationalmannschaft.
Januar 27, 2010

HefeSchmitt said:

359
...
"Zur Not muss man auch an ungewöhnliche Maßnahmen denken wie z.B. die 1. BL ausfallen zu lassen für 1 – 3 Jahre und nur 7er Rugby zu spielen"

Ganz ehrlich, mir ging beim Lesen dieser Zeilen ziemlich der Hut hoch! Ich weiß auch nicht, wie man solche Ansichten teilen kann, Bobby. Ich will einfach Rugby spielen/ zuschauen und 7er Rugby hat für mich nichts mit Rugby zu tun. 7er ist Mist! Der Pokal wird ja schon abgeschafft, warum auch nicht noch die Bundesliga, klar!

Ich hab ja nix gegen Reformen oder eine Schwerpunktverlagerung, um auf Olympia hinzuarbeiten. Aber irgendwo ist auch mal gut. Vielleicht sind wir einfach nicht so weit. Vielleicht werden wir auch nie so weit kommen. Ich hab meine Bundesligakarriere im medialen Niemandsland verbracht, keinen Cent verdient. Aber vermutlich ist es für mich und auch für den Sport sehr viel besser so!
Januar 28, 2010

Bobby100 said:

102
...
@Hefe Schmitt: Jeder kann hier im Forum seine Meinung sagen und Anregungen oder Vorschläge machen. Allerdings muss ich Dir leider sagen, dass Du wenig Rugbysachverstand hast, wenn Du behauptest, 7er Rugby ist "Mist". 7er Rugby ist die Zukunft(darauf können wir um ein Hefe) wetten...und wenn das deutsche Rugby den Anschluss an das internationale Rugby nicht verlieren will, muss daran vielfältig gearbeitet werden. Noch hinzu kommen die "Fördergelder" "Sponsoren" für Olympia 2016/2020. Die fliessen nicht für das 15er Rugby(oder im kleinen Mass). Also, ich bin kein Gegner des 15er Rugbys (war selbst Bundesligaspieler), aber die Prioritäten müssen nun mal gebündelt werden. Auf 2 Hochzeiten kann man(n) nicht tanzen. Und da beisst sich die Katze in den Schwanz.... Entweder versuchen international anzuküpfen, oder 7er+15er Rugby auf niedrigen Niveau spielen....mit "Hefe" und 100 Zuschauern....das sind leider die Realitäten....
Uns läuft die Zeit weg......
Januar 28, 2010

king carlos said:

217
...
Ich stimme mit HefeSchmitt größtenteils über ein (außer das 7er Mist ist). Vielleicht sollte man einfach die Erwartungen herunter schrauben.
Januar 28, 2010

wacco said:

1497
7er Mist?!
Viele Nationen haben mit dem 7er Rugby einen grossen Sprung im 15er gemacht - das brauch ich hier keinem sagen.
7er wird ab '16 olympische disziplin sein, 15er nicht. Will man etwas bewegen, im Rugbysport allgemein, muss man ein Weltereignis wie die Olympischen Spiele nutzen. Das wird auf das 15er abfärben - da bin ich sicher. Daher sollten wir alles daran setzten um 2016 dabei zu sein.
Die Bundesliga abschaffen fände ich persönlich auch suboptimal, da der Fortschritt auch im 15er weitergehen muss, und das geht nur mit einem regulären Ligabetrieb. Auch würden etliche Sponsoren abspringen, und die kleinen Erfolge der letzten Jahre zunichte machen. Das alles spricht aber nicht gegen eine 7er Liga, eventuell Nord / Süd geteilt(kosten) mit einem "Endturnier". Nicht nur ein Wochenende 7er Meisterschaft.

Noch ein Satz zu 7er vs 15er:
Ist genauso wie die Diskussion bzgl League und Union - Geschmackssache. Fakt ist dass 7er super dynamisch, schnell und spektakulär ist. Deshalb ist es auch olympisch - ein Grund. 15er wird aber immer für "Rugby" stehen - und das ist auch gut so - das ist meine persönliche Meinung.
Januar 28, 2010

HefeSchmitt said:

359
...
Grüß Gott! Ich sehe ja ein daß man über das 7er versucht, das Rugby insgesamt erfolgreicher und bekannter zu machen. Eine gewisse Reform, eine Schwerpunktverlagerung kann ich besonders im Hinblick auf Olympia gut nachvollziehen. Doch nicht um jeden Preis! Daß der Pokal abgeschafft werden soll, hat mich schon ziemlich verärgert, aber gut, irgendwo müssen die freien Termine halt herkommen.

Nur der hier von Carsten vorgebrachte Plan und auch noch die Zustimmung, die Bundesliga komplett einzustellen (oder 1-3 Jahre Ruhen zu lassen), hat mich dann endgültig aus der Fassung gebracht.

7er hat für mich nicht mehr viel mit Rugby zu tun. Und normales Rugby ist für mich auch dynamisch und schnell. Und erst recht viel spektakulärer als 7er. Für mich ist 7er ungefähr so interessant, wie wenn man man Fußball aufs Elfmeterschiessen reduzieren würde. Wäre sicher auch super spektakulär, Tore am Laufenden Band, wow! Dem 7er fehlt einfach zuviel, was für mich den Reiz am Rugby ausmacht. Daher auch die sicherlich überspitzte Formulierung, daß 7er "Mist" ist.

Dabei ist mir ziemlich Schnuppe, ob manche im 7er die Zukunft, die besten Wachstumschancen, die beste Rendite oder sonstwas sehen. Und dafür benötige ich auch keinen großen Rugbysachverstand. Der wird von einigen hier so vehement verbreitet, da ist für mich leider nichts übrig geblieben.

Viele Grüße,
Hefe
Januar 30, 2010

DieNummerEins said:

449
Ja, ja und nochmal ja!
Lieber Hefe,

Du sprichst mir aus der Seele! Jeder einzelne Buchstabe aus Deinem zweiten Beitrag hätte von mir sein können. 7er hat als Disziplin sicher irgendwo auch seine Berechtigung, aber der derzeitige Hype und diese Tendenz jetzt alles vom 15er weg auf 7er zu verlagern ist nicht nur unerträglich sondern nahezu lächerlich!

Dabei ist es unerheblich, dass ich ein 15er-Fan bin und 7er-Rugby mir irgendwie zu eindimensional und auf Dauer zu langweilig ist (es hat wohl auch seinen Grund, warum beim Melrose RFC das ganze Jahr 15er-gespielt wird und nur einmal im Jahr ein 7er-Tuernier veranstaltet wird...). Ich habe mir für unseren Rugbysport insgesamt in Deutschland einiges von Olympia erhofft und finde für Olympia das 7er auch richtig und sogar für 15er-Fans wie mich alle 4 Jahre wahrscheinlich erträglich oder gar spannend. Aber dass 7er-Rugby jetzt auf einmal zur absoluten Kerndisziplin im deutschen Rugby werden soll? Und dass wir auf einmal 7er an allen Ecken und Enden spielen müssen?

Ich habe diese Meinung bereits in einem anderen Zusammenhang kundgetan, aber ich tue es jetzt nochmal:

Internationaler 7er-Spitzensport entsteht nicht auf unseren Sportplätzen bei irgendwelchen regionalen 7er-Turnier(seri)en. Ich muss schon am Sachverstand und den Motiven derjenigen Zweifeln, die so etwas behaupten!

Der wahrscheinlich einzige wirklich erfolgsversprechende Ansatz ist, unseren besten 7er-Athleten und Sprintern - und solchen die es dafür noch zu gewinnen gilt - optimale Bedingungen zu schaffen und eine Konzentration aufs 7er zu ermöglichen. Dazu müsste man professionelle Bedingungen und Perspektiven schaffen, zum Beispiel über Stellen und berufliche Perspektiven beim Staat (Bundeswehr, Grenzschutz, usw.) für förderungswürdige Sportler und noch einiges mehr.

Ein solcher "Elitekader" könnte sich dann wegen mir auch nur auf 7er konzentrieren, muss dann aber auch in den permanenten Vergleich mit internationalem 7er-Spitzensport treten und sich daran messen lassen. Ob der Rest von Rugby-Deutschland 7er spielt oder 15er ist dafür absolut irrelevant.

Aber den professionellen Weg können wir so aber wohl nicht leisten und deshalb versuchen wir wenigstens viele Termine, Mittel und Euphorie aufs 7er zu übertragen. Wir schaffen 15er-Wettbewerbe ab und regionale 7er-Serien werden installiert, alle singen das Hohelied des spektakulären und medienwirksamen 7er-Rugby. Das beruhigt dann wenigstens den DOSB, ein paar Euro für den Verband dürften da schon rumkommen dabei, vieleicht sogar ein paar bezahlte Stellen für glühende Verfechter und Verbreiter des 7er-Rugby - wir sind ja jetzt olympisch!

Ach ja, die eine oder andere Chance haben wir natürlich doch: wenn zum Beispiel andere - vor allem kleinere und mittlere - Rugby-Nationen unseren deutschen Weg nach Rio kopieren würden, könnte man denen zumindest auf Augenhöhe begegnen! Aber ich vermute doch eher dass Länder wie Russland, Kenia oder Portugal Ihre 7er-Herrennationalmannschaft eher durch die IRB-Sevens-Serie auf die schwere Olympiaqualifikation gegen unsere beim "Hessen-7s" gestählten Feierabendsportler vorbereiten werden. Oder dass unsere braven Lehramts- und 7s-Akademie-Studentinnen auf "gecastete" und ganzjährig als Sportsoldatinnen kasernierte Chinesinnen, Brasilianerinnen und Kasachinnen treffen werden.

Wir werden bei 12 Startplätzen so zwar sicher nur am Fernseher dabei sein, aber das mit riesengroßer Euphorie! Schliesslich haben alle - Alt und Jung, von der Regional- bis in die Bundesliga, egal ob Prop oder Eckdreiviertel - sich ja jahrelang durch die vielen spektakulären, schnellen, hochklassigen und medienwirksamen 7er-Regionalligen regelrecht am 7er-Rugby berauscht...

Aber was red ich, vieleicht fahr ich mit dem Hefe dann mal ab und zu ins Elsaß rüber und wir spielen dort bei einer Thekenmannschaft noch ein bischen 15er mit, wenn die nicht vom Verband an 8 Monaten im Jahr zu regionalen 7er-Serien verdonnert werden. Und vieleicht zeigt dann irgendein Fernsehsender - zwischen den erfolgreichen Olympiaqualifikationsspielen Deutschlands gegen die Franzosen oder eine andere der schlecht vorbereiteten Topnationen, welche partout keine regionalen 7er-Serien installieren wollten - für uns auch ein paar Bilder vom 15er-WorldCup.

Im 15er braucht man übrigens eigentlich dann auch nicht mehr die WM-Quali zu spielen, im 7er bei Olympia sind die Chancen aufgrund der großen 12er-Starterfeldes ja wesentlich größer.

Olympia wir kommen! Viel Glück, liebes Rugby-Deutschland...
Januar 30, 2010

king carlos said:

217
...
Dazu sage ich nur Amen!
Januar 30, 2010

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