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SC 1880 II unterliegt im Pokalhalbfinale gegen Handschuhsheim I
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Geschrieben von Uli Byszio   
Sonntag, 12. April 2009

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7s Nationalspieler Stefan Kunde im Einsatz für Frankfurt II

Frankfurt – die Rugby-Macht
Die erste Mannschaft des SC 1880 erreicht kampflos das Pokal-Endspiel – die “Zweite” verliert erst im Halbfinale.

Nachfolgend ein Artikel aus der FAZ

Von Hans-Joachim Leyenberg

Frankfurt. Kampflos gewonnen! Nein, den bequemen Weg ins Finale um den deutschen Rugby-Pokal haben die Spieler des SC Frankfurt 1880 nicht gesucht und schon gar nicht gewollt. Er ist wider ihre Natur. So aber blieb ihnen nach der kurzfristigen Absage des Halbfinalgegners am Samstagnachmittag nur die Zuschauerrolle. Am Mittwoch hatte der DRC Hannover den Klub von der Adickesallee wissen lassen, dass man wegen “Terminproblemen” passen müsse. Viel spricht dafür, dass der Tabellenletzte der Bundesliga schlicht und ergreifend wegen Chancenlosigkeit gar nicht erst auf Reisen gehen wollte. Schon zum Punktspiel waren die Niedersachsen nicht beim Primus der Liga aufgekreuzt. Am Ostersamstag fühlten sich die Frankfurter immer noch so, als habe ihnen jemand ein ungenießbares Ei ins Nest gelegt.

So hatte die zweite Mannschaft des SC 1880 die Bühne für sich, denn auch sie hatte sich für das Halbfinale dieses Wettbewerbs qualifiziert. Theoretisch hätte es im Endspiel am 30. Mai somit heißen können: SC Frankfurt 1880 I gegen SC Frankfurt 1880 II. In der Praxis hat Pokalverteidiger TSV Handschuhsheim den Coup verhindert. Dank des 34:17 über “die Zweite” zogen die erstklassigen Heidelberger in das Finale ein. Daniel Cünzer, Spielertrainer des SC Frankfurt 1880 II, kündigte schon mal an, was dem Titelverteidiger aus Heidelberg am vorletzten Tag des Wonnemonats blüht: “Die verlieren 70:0 oder 80:0 gegen unsere erste Mannschaft.” Damit ist alles über die krassen Unterschiede in der deutschen Rugbyszene gesagt. “Die Schere klafft weit auseinander”, gibt sich auch Günther Sträßer keinen Illusionen hin. In Frankfurt wird unter Profibedingungen trainiert, woanders versuchen Amateure, ihren Sport mit Studium oder Beruf zu kombinieren. Sträßer, Trainer in Heidelberg, ist weit davon entfernt, den Frankfurter Weg zu verteufeln. “Die tun auch was für den Nachwuchs”, lobt er die Basisarbeit, “so wie wir.”

Aber am Main sind sie weiter als am Neckar. Viel weiter. Der SC Frankfurt 1880 II führt die Gruppe Süd der Zweiten Bundesliga an. Und das mit einem Team, das im Durchschnitt gerade mal 20, 21 Jahre alt ist – Oldies wie Cünzer nicht mitgerechnet. Der war am Samstag um einiges zufriedener als Kollege Sträßer. “Wir hätten das Ergebnis klarer gestalten müssen”, sagte er, ehe auch er in das Loblied auf die zweite Garnitur der Frankfurter einstimmte. In der ersten Viertelstunde gab es nicht die Spur eines Klassenunterschiedes, ehe die Heidelberger bis zur Halbzeit auf 22:3 davonzogen. “Die zweite Halbzeit haben wir dann 14:12 gewonnen”, machte Cünzer eine Rechnung auf, die ihm ausgesprochen gut gefiel. Am Spielfeldrand standen die Jungs von der Profitruppe und applaudierten. Dafür parkten sie ihr Bierglas leichten Herzens im Gras. Eines Tages sollen die deutschen Amateure so gut sein, dass sie die Profis aus dem Ausland nach und nach ersetzen können. Gegen den Fünftplazierten der Bundesliga aus Heidelberg jedenfalls sah Cünzer sein Team bereits “auf Augenhöhe”. Kein Wunder, dass Stefan Kunde, der per Strafkick sieben Extrapunkte erzielte, Ben Brierley und Erik Podzuweit, denen Versuche glückten, auch zum Kader der ersten Mannschaft zählen.

Im Internet war noch spekuliert worden, ob nach der Absage aus Hannover aus Frankfurt I über Nacht Frankfurt II werden würde. Das Reglement hätte diese Möglichkeit des Spielertransfers nicht ausgeschlossen. Doch die Rugbycracks verschwendeten schließlich keinen Gedanken daran. Auflaufen sollte jenes Team, das sich die Halbfinalteilnahme mit Siegen in Köln und gegen Hannover 78 verdient hatte. Als die Mannschaft aus der Kabine kam, standen die Profis von der Ersten in der Manier von Cheerleadern Spalier. Lauter Mutmacher. Was nach der Niederlage jetzt noch an Saisonzielen für die “Zweite” bleibt? Unter der Malstange vergatterte Spielertrainer Cünzer nach einem Erinnerungsfoto alle zum “Dranbleiben”. Am 23. Mai, vor dem Endspiel um die deutsche Meisterschaft, wollen sich die Frankfurter den Zweitliga-Titel holen. Der Aufstieg in die erste Liga ist ihnen verwehrt, nicht aber der Aufstieg innerhalb ihres Klubs. Am Samstag haben sie, mit Cheftrainer Lofty Stephenson am Spielfeldrand, ein paar Extrapunkte gesammelt. In seinen lautesten Momenten erinnerte dieser in Statur und Stimme an Arnold Schwarzenegger. Stephenson hat schon mal Maß genommen. Für das Wiedersehen im Meisterschaftsfinale mit dem TSV Handschuhsheim am 30. Mai.

Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 12.04.2009, Nr. 15 / Seite R9

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