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Amateur-Rugby in England startet wieder - ist der UK-Fahrplan ein Vorbild für Deutschland?
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Donnerstag, 29. April 2021

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Alltag wie aus einer anderen Zeit - in England wird nun wieder auf Amteur-Ebene gespielt, wann ist es bei uns soweit? Foto (c) Keil

So etwas wie Normalität kehrt im Mutterland ein. An diesem Wochenende wird in vielen Amateur-Klubs des Landes an diesem Wochenende erstmals wieder gespielt. England ist nach Wochen des harten Lockdowns und nachdem mehr als die Hälfte der Bevölkerung mindestens einsmal geimpft wurde, gefühlt über den Berg. Doch auch bei uns mehren sich die Zeichen auf eine Normalisierung. Könnte der englische Rückkehr-Fahrplan ein Vorbild für die Bundesrepublik sein?

Vor gut einer Woche sorgte BILD-Chefredakteur Julian Reichelt mit einem Kommentar für Aufsehen, in dem er anprangerte, dass Deutschland gerade die Ausgangssperre beschließe, während in England die Pubs wieder aufmachen - da könne man als Deutscher nur neidisch nach Großbritannien blicken.

Zwar hatte Reichelt mit beiden Aussagen recht - jedoch unterschlug der Chef der größten Boulevardzeitung unseres Landes, dass England mit eben jener unbeliebten Ausgangssperre zuvor die Corona-Inzidenz soweit gesenkt hatte, um nun in der Lage zu sein die Pubs wieder zu öffnen.

Auch Rugbyspieler blicken dieser Tage neidisch auf die andere Seite des Ärmelkanals. Dort war bereits seit dem 29. März wieder Vereinstraining mit Kontakt-Elementen erlaubt - nun sind seit dieser Woche wieder Amateurspiele zwischen lokalen Klubs erlaubt.

Der englische Verband RFU hat seine Lockerungs-Schritte an den nationalen Öffnungsplan der Regierung geknüpft und nun gibt es erstmals seit Pandemiebeginn wieder richtige Vollkontaktspiele bei Amateur-Klubs in England. Denn anders als bei uns, gab es im England letzten Sommer keinerlei Spiele bei den Amateuren, womit deshalb eine 13-monatige Pause endet.

Start vorerst ohne Gedränge und Paket - aber die Normalität soll schon im Juni Einzug halten

Zugegeben, noch gibt es neben der räumlichen Beschränkung einige weitere ungewohnte Hürden. World Rugby hatte den Verbänden im letzten Jahr die Möglichkeit eingeräumt, temporär Gedränge und Pakete abzuschaffen, um damit die Kontakzeit bei Spielen zu verringern.

Genau davon macht der englische Verband RFU nun Gebrauch - so wird bei vielen der über 2.000 Klubs des Landes an diesem Wochenende zwar erstmals wieder gespielt, jedoch ohne diese beiden Kernelemente unseres Sports.

Aber auch diese Regelung hat ein Verfallsdatum. Geht alles wie von der Johnson-Regierung geplant, wird der dritte nationale Öffnungsschritt am 17. Mai vollzogen. Dann wird nicht nur die Innengastronomie wieder erlaubt sein, sondern dann dürfen Englands Erste-Reihe-Stürmer auch wieder ihrem Tagwerk im Scrum nachgehen. Im Juni schließlich sollen dann, sofern die Infektionszahlen weiter fallen, alle Restriktionen fallen. Einer normalen Saison 21/22 stünde dann nichts mehr im Wege.

Wie anfangs bereits angedeutet, hat sich England diese beneidenswerte Lage selbst hart erarbeitet. Nachdem auf der Insel zu Anfang der Pandemie vieles falsch gemacht wurde und das Vereinigte Königreich auch deshalb trotz deutlich geringerer Bevölkerung 45.000 Coronatote mehr als Deutschland zu beklagen hat, war die Johnson-Regierung zuletzt konsequent und implementierte knallharte Regeln.

Ein monatelanger Lockdown, inklusive der unbeliebten Ausgangssperre, sowie kontrollierte Hotel-Quarantäne für Rückkehrer aus Risiko-Gebieten auf deren Kosten, plus schnelle Impfungen haben die Inzidenz in England auf rund 20 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Wochen sinken lassen. Zum Vergleich: Deutschland steht aktuell bei einer bundesweiten Inzidenz von 155.

Doch auch hierzulande mehren sich endlich die guten Nachrichten in den Corona-Tickern. Gestern wurden erstmals mehr als eine Million Menschen in Deutschland an einem einzigen Tag geimpft, die Neuinfektionen gehen seit Anfang Februar erstmals wieder merklich merklich zurück, nachdem die Zahlen zuletzt etwa eine Woche stagniert hatten - es scheint, als sei Deutschland über den Scheitel der dritten Welle. Darf sich das Land und damit auch die ovale Community endlich Hoffnung auf Besserung machen?

„Wir sind immer noch nicht ganz über den Berg“ sagt Colin Grzanna, Ex-Nationalspieler, DRV-Cheftrainer Athletik und Medizin und aktuell in seiner Freizeit am Wochenende als Impfarzt im Einsatz. Grzanna erfährt momentan von Kollegen aus erster Hand, dass aktuell in der dritten Welle auch viele Jüngere auf den Intensivstationen der Republik landen. England habe aktuell weitaus bessere Voraussetzungen, aber er sei auch mit Blick auf die Lage hierzulande guter Dinge, so Grzanna heute im Gespräch mit TR.

Nationaler Öffnungsplan in Deutschland nicht in Sicht

An einen nationalen Öffnungsplan, wie im Vereinigten Königreich, glaubt der ehemalige Charité-Arzt angesichts der Regelungshoheit der Bundesländer nicht. Vielmehr werde man sich wohl wieder mit dem Gedanken anfreunden müssen, dass in Deutschland Schritt für Schritt, aber je nach Bundesland in verschiedenem Tempo geöffnet werde. Bis zum Sommer glaubt Grzanna aber an Bedingungen, die eine geregelte Vorbereitung und damit einen „normalen“ Saisonstart bis zum Herbst zulassen.

Bis dahin könnten Tests und Impfausweise das Risiko bei Training und vor allem Spielen minimieren. „Natürlich wäre eine Testung aller Spieler und Offiziellen mit Schnelltests eine Lösung, die eine relative Sicherheit geben könnte“, so Grzanna weiter. Der Kontakt auf dem Feld ist nicht unbedingt das Problem, wie eine Studie aus dem englischen Rugby League zeigt, die die Teilnahme im Nachhinein positiv getesteter Spieler untersuchte. Das soziale Drumherum - in der Kabine, bei der Anfahrt und nach dem Spiel - dürfte da schon das größere Problem sein.

Auf jeden Fall könnte auf den Rugby-Plätzen bald wieder reger Betrieb herrschen, wenn das Impftempo wie angekündigt weiter angezogen werden. Geimpft, getestet, mit Mundschutz und vielleicht erstmal ohne Gedränge und Paket - Deutschlands Rugbyspieler machen sich bereit auf die neue ovale Realität im Jahr 2021.

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