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Irland schreibt Geschichte und schlägt 111 Jahre nach dem ersten Duell erstmals die All Blacks
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Sonntag, 6. November 2016

Ganz Irland schwebt geradezu nach dem Sieg über Neuseeland. Foto (c) Munster Rugby Instagram
Ganz Irland schwebt geradezu nach dem Sieg über Neuseeland. Foto (c) Munster Rugby Instagram

Das letzte Aufeinandertreffen beider Teams im Jahr 2013 endete für Irland tragisch. Nachdem die Männer von Coach Joe Schmidt von der vierten Minute bis in die Nachspielzeit geführt hatten, nur um dann doch noch den entscheidenden Versuch zu kassieren. Diese dramatische Niederlage schweißte Irland aber nur noch stärker zusammen. Zwei Six Nations Siege und drei Jahre später war es soweit: Im 29. Aufeinandertreffen und 111 Jahre nach dem ersten Duell gelang der irischen Rugby-Nationalmannschaft erstmals ein Sieg gegen Neuseeland.

Dass dieser historische Triumph ausgerechnet im 62.000 Zuschauer fassenden Soldier Field der amerikanischen Metropole Chicago stattfinden würde, trug wohl noch zusätzlich zur Besonderheit dieses Ereignisses bei. Doch auch 6.000 Kilometer von Irlands Heimstadion im Dubliner Stadteil Ballsbridge entfernt hatte Irland quasi ein Heimspiel. Denn der Großteil des Publikums hielt es mit dem krassen Underdog, dem im Vorfeld von Buchmachern eine Niederlage mit 23 Punkten prognostiziert wurde. Tausende Fans hatten extra den weiten Weg an den Lake Michigan gemacht, um dieses Ereignis zu verfolgen.

Bereits zum traditionellen Haka der All Blacks zeigte Irlands Mannschaft eine große Geste, als sie sich in Form einer acht aufstellte. Diese Zahl hatte der ehemalige Munster und Irland Kapitän Anthoney Foley getragen, der erst vor drei Wochen im Alter von 42 Jahren viel zu früh verstorben war. In den ersten drei Minuten der Partie legte Irland dann auch sehr stark los und monopolisierte denn Ballbesitz, bis Johnny Sexton nach vier Minuten den ersten Straftritt für die "Boys in Green " versenkte. Doch quasi mit der ersten eigenen Aktion konnte Neuseeland zurückschlagen, als Außen Naholo nahe der Mittellinie eine Schwäche in der Verteidigungslinie fand, durchbrach und es fast bis an die gegnerische Mallinie schaffte. Dort brauchte George Moala nach einer kuriosen Vorarbeit von Kapitän Kieran Read per Kopf nur noch vollenden.

 

 

Irlands Spieler gedachten während des Haka dem ehemaligen Achter Irlands, dem kürzlich verstorbenen Anthoney Foley

Alles schien also nach Plan zu laufen für die All Blacks, doch anders als in so vielen Spielen des Weltmeisters zuvor konnte der Gegner das unglaubliche Tempo der All Blacks mitgehen. Die Iren erlaubten sich von nun an keine Fehler mehr und konnten mit dem Ball in der Hand sogar ordentliche Raumgewinne verzeichnen. Es bedurfte aber eines Pakets des starken irischen Sturms, um es erstmals über die Linie der All Blacks zu schaffen. Flanker Jordi Murphy erzielte den Versuch, nur um Minuten später mit einer scheinbar schweren Knieverletzung, die er sich ohne Fremdeinwirkung zugezogen hatte, ausgewechselt zu werden. Auch den weiteren Verlauf der ersten Hälfte dominierten die im traditionellen Grün auflaufenden Männer vom neuseeländischen Trainer Joe Schmidt. Nach einem Durchbruch von Schluss Rob Kearney konnte Flanker CJ Stander aus kurzer Distanz vollstrecken. Als dann noch der an diesem Tag überragende Gedrängehalb Conor Murray seinem Gegenüber Aaron Smith einen Dummy verkaufen und nach der Finte unbedrängt ins Malfeld einlaufen konnte, roch es erstmals nach der ganz großen Sensation.

Zum Auftakt der zweiten Hälfte konnten die Iren zunächst einen wahren Sturmlauf der All Blacks abwehren und im Gegenzug ihre Führung durch Außen Simon Zebo mit dem vierten eigenen Versuch auf 30:8 ausbauen. Doch die All Blacks wären nicht die beste Mannschaft der Welt, wenn sie nicht noch einmal einen Comeback-Versuch gestartet hätten. Hakler Dane Coles, der in der ersten Hälfte mit den Gasseeinwürfen große Schwierigkeiten hatte, gab Ersatz-Gedrängehalb Perenara per Weltklasse-Offload einen einfachen Weg unter die Stangen. Dieser war der erste von drei Versuchen des Welmeisters zwischen der 52. und 62. Minute, als es danach aussah, als würde Neuseeland dieses Spiel noch drehen können. Ben Smith und Debütant Scott Barrett hatten den Favoriten beim Stand von 29:33 aus Sicht der Neuseeländer in Schlagdistanz gebracht. Aber Irland brach nun nicht unter dem immensen Druck des Weltmeisters zusammen und konnte die Lücken in der Verteidigung schließen.

So oft hatten die All Blacks in den letzten Jahren Spiele in den letzten Minuten für sich entscheiden können, als geneigter Rugby-Fan wartete man nun geradezu darauf, dass Irland der besten Rugby-Mannschaft der Welt unterliegen würde. Doch die 15 Männer in grün gaben in der Schlussviertelstunde noch einmal alles. Dabei konnten sie nicht nur die Angriffsmaschinerie des Weltmeisters stoppen, sondern mit dem fünften Versuch durch Robbie Henshaw, der nach einem Gedränge eine harte Linie lief, den Ball von Nummer acht Heaslip per Schere erhielt und nicht mehr zu stoppen war. Mit nur noch zwei Minuten auf der Uhr und elf Punkten Abstand war das Spiel entschieden.

Irland siegte und das Soldier Field ging im grün-weißen Jubel der irischen Spieler und Fans unter. Bis in die frühen Morgenstunden waren Chicagos Pubs fest in irischer Hand und da Irlands Trainer Schmidt das eigentlich geltende Alkoholverbot für seine Spieler aufgehoben hatte, wird auch der eine oder andere Spieler mit bei der Feierei dabei gewesen sein. Schmidt selbst entschuldigte sich als gebürtige Neuseeländer bei seiner eigenen Mutter. Sein Pendant bei den All Blacks Steve Hansen gab sich demütig und erkannte die Leistung der Iren unumwunden an. Selbst 2013 hätten sie diesen Sieg schon verdient gehabt. Nach der Rekordserie von 19 Siegen gehe es nun von Neuem los. Neuseelands nächster Gegner Italien wird es in Rom am kommenden Wochenende mit wütenden All Blacks zu tun bekommen. Sergio Parisse und seine Italiener sind wahrlich nicht zu beneiden.

Über diesen Sieg wird man in Irland noch lange reden. Alle Zeitungen und Nachrichtensendungen auf der grünen Insel kannten nur ein Thema.

 

Video-Highlights der Partie

 

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