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DRV XV: Mama pushed the Rugbystar - Kapitän Alexander Widiker im Porträt
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Geschrieben von Jens Beeskow   
Dienstag, 8. März 2011

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Nationalmannschaftskapitän Alexander Widiker, ist seit fast 10 Jahren eine feste Größe in der DRV XV - (c) A+M Bruno

Ein Kämpfer ist er, dieser Alexander Widiker! Das sieht jeder, der einmal ein Rugbyspiel mit dem kompakten, Muskel bepackten Kapitän der deutschen 15er- Rugbynationalmannschaft verfolgt hat. Und der Heidelberger geht immer voran. Nationaltrainer Torsten Schippe bezeichnet seinen Leader als „hervorragenden und verantwortungsvollen Kapitän“. Doch diese Eigenschaften sind durchaus erlernt, denn der gebürtige Kasache musste sich schon oft durchsetzen in seinem Leben. Dass sich Widiker allerdings heute überhaupt für die Deutsche XV ins Zeug legt, ist in erster Linie seiner Mutter Emilia zu verdanken.

Als er es als Zwölfjähriger etwas zu lasch mit dem Training angehen ließ, war es Mama Widiker, die ihren Sohn zu mehr Disziplin aufforderte und ihn zurück zum Training schickte. „Ohne sie würde ich heute womöglich gar nicht Rugby spielen“, gibt Sohn Alexander mit heute 28 Jahren zu und fügt schmunzelnd an: „Wenn sie mich heute nach Spielen manchmal zu sehen bekommt mit einigen Blessuren, dann bereut sie das vielleicht auch schon mal.“

Geboren wurde Alexander im April 1982 im kasachischen Kustanai als ältester Spross von Friedrich und Emilia Widiker, einer Familie mit deutschen Vorfahren. „Meine Großeltern wurden damals als Russlanddeutsche von der Wolga quasi nach Kasachstan verschleppt. Meine Eltern konnten sich dort kaum verständigen, bis sie in die Schule kamen“, erzählt er. Nach dem Mauerfall haben zunächst Onkel und Tante den Schritt in eine neue Zukunft gewagt, bevor Familie Widiker mit dem damals elfjährigen Sohn und seinen zwei jüngeren Schwestern ebenfalls nach Deutschland übersiedelte, wo man zunächst nach Bramsche in Niedersachsen kam. Von den Behörden sollte man von dort zunächst nach Leipzig „verteilt“ werden. „Aber meine Eltern sind dann auf eigene Initiative nach Wiesloch bei Heidelberg gezogen, wo wir zwar ganz neu angefangen, uns aber auch sehr schnell eingelebt haben.“ Hier fühlt sich Widiker auch heute noch zu Hause, hier hat er seinen Realschulabschluss gemacht sowie eine Ausbildung zum Industriemechaniker. Seine Bundeswehrzeit absolvierte er bei der Sportfördergruppe in Stuttgart. Heute arbeitet der 28-jährige bei der Firma Wild in der Produktion.

Sportlich gesehen fand „Snakko“, wie er aufgrund eines einfachen Versprechers seit der Jugendzeit auch genannt wird, ebenfalls erst über Umwege sein Glück: In Kasachstan hatte er sich im Fußball, Basketball und im Eishockey ausprobiert. Erst in der Schule in Deutschland entdeckte Trainer Marko Protega das noch unentschlossene Talent und holte es zum TB Rohrbach. „Dort gab es aber nach einiger Zeit nicht mehr genügend Spieler für eine eigene Jugendmannschaft mehr und so haben wir eine Spielgemeinschaft mit dem SC Neuenheim gegründet. Damals haben wir in der Jugend fast jedes Spiel verloren. Das war schon etwas frustrierend“, erinnert sich Widiker heute. Besser lief es für ihn im Trikot der deutschen Nationalmannschaften. Mit dem U17- und dem U19-Kader nahm er zwischen 1999 und 2001 sogar zwei Mal an Weltmeisterschaften in Frankreich und Chile teil.

Den Sprung zu den Herren schaffte er dann auch recht schnell. Schon als 17-Jähriger stand er beim SC Neuenheim im Bundesligakader, ein Jahr später war er dort auch schon Stammspieler. Im Alter von erst 19 Jahren absolvierte er in Malmö sein erstes A-Länderspiel gegen Schweden. Seitdem ist er kaum aus dem Aufgebot des DRV-Flaggschiffs wegzudenken.

Mit seinem Klub sammelte er 2002 den Pokalsieg sowie in den beiden folgenden Jahren jeweils den DM-Titel ein. Nach dem verlorenen DM-Endspiel gegen die RG Heidelberg im Har 2005 bekam er die Chance, nach Frankreich zum RC Orleans zu wechseln. Vier Jahre verdiente er sich seine Sporen als Profi, avancierte im letzten Jahr sogar zum Kapitän. „Für einen deutschen Spieler ist das eine große Ehre und bedeutet, dass man sich als Spieler in einem so stark besetzten Team durchgesetzt hat und voll akzeptiert wird“, so Widiker. Doch finanzielle Schwierigkeiten beim Club beendeten sein Engagement dort. Die Rückkehr nach Deutschland hatte auch berufliche Gründe. Rückblickend bewertet er seine Zeit in Frankreich als äußerst wertvoll für sich und seine Karriere. „Ich kann jedem jungen Spieler nur empfehlen, diesen Schritt zu wagen, wenn sich diese Möglichkeit eröffnet.“

Zunächst sah es so aus, als würde er nach seinem Frankreich-Intermezzo an die alte Wirkungsstätte nach Neuenheim zurückkehren. „Der SCN war mein erster Ansprechpartner, doch letztlich hat es sich nicht ergeben.“ Am Ende war für ihn der Heidelberger RK die richtige Entscheidung. Auch hier nahm er schnell eine Führungsrolle ein, wenn auch nicht die des Kapitäns. „Ich brauche die Binde nicht unbedingt, um von meinen Mitspielern respektiert zu werden. Man kann auch mit guten Leistungen voran gehen.“ In der Nationalmannschaft allerdings füllt er das Amt mit Stolz aus und genießt dabei das volle Vertrauen des Trainergespanns. Er betont aber auch: „Man muss in diese Rolle erst hineinwachsen. Das war für mich am Anfang nicht leicht. Man kann sich nicht mehr einfach nur auf sein Spiel konzentrieren. Man muss als Kapitän auf viel mehr achten, immer mit vollem Herz dabei sein, mehr trainieren und immer vorweg gehen.“

Wie lange er das anspruchsvolle Pensum noch leisten kann, weiß das ehrgeizige Kraftpaket, das im Gegensatz zur sportlichen Aggressivität auf dem Platz privat jedoch als ruhiger und ausgeglichener Vertreter gilt, der gern und viel lacht, nicht. „Ich merke schon, dass sich der Körper langsamer erholt als früher und dass ich lieber ein Mal mehr zum Physio oder in die Sauna gehe. Ich möchte das aber noch so lange genießen, wie es geht.“ Nur zu spät aufhören möchte er nicht. Wie dass aussieht und was das für Auswirkungen haben kann, habe er bei anderen Spielern sehen müssen. Das wolle er sich ersparen, und das würde auch Mutter Widiker so wollen.

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