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Rugby in den Staaten: Countdown zur WM mit Sorgenfalten
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Dienstag, 19. Dezember 2023

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Die All Blacks konnten bereits NFL-Stadien in den USA füllen - trotz exorbitanter Ticketpreise.

Die Zukunft des Rugbysports in den USA sah lange rosig aus. Nach dem Boom in Japan sollten die Vereinigten Staaten das nächste große Expansionsziel des ovalen Ballsports werden. Seit der Vergabe der WM 2031 an die USA gab es aber einige besorgniserregende Entwicklungen. Zunächst verpasste das US-Team erstmals die WM und nun gibt es wirtschaftliche Turbulenzen in der Major League Rugby. Derweil expandiert nun ausgerechnet Rugby League in die USA. Wir blicken für euch auf die Entwicklungen in Sachen Rugby in den Vereinigten Staaten.


Die USA sind das große Expansionsziel von World Rugby und das hat der Weltverband mit der Vergabe der Weltmeisterschaft 2031 (Männer) unterstrichen. Diese Entscheidung, die im Mai letzten Jahres getroffen wurde, war aus Sicht von World Rugby riskant, aber logisch. Die WM ist die mit Abstand wichtigste Finanzierungsquelle und die WM in Frankreich brachte dem Weltverband einen Profit von mehr als einer halben Milliarde, der weitestgehend zurück in den Sport investiert wird.

In die USA zu expandieren fußte auch auf den positiven Rugby-Entwicklungen in den letzten Jahren. Über 60.000 Zuschauer bei gleich mehreren Spielen der All Blacks in Chicago und das trotz astronomischer Ticketpreise. TV-Übertragungen der wichtigsten Rugby-Wettbewerbe bei US-Sendern und nicht zuletzt die Entwicklung der Major League Rugby, die seit 2018 aus der Taufe gehoben wurde und den Sport in den USA voranbringen soll.

Dazu sind die USA mit langer Rugby-Tradition, sowie als mit Abstand größte Volkswirtschaft der Welt als Expansions-Standort besonders attraktiv. Alle Top-Ligen der US-Sportarten machen jährlich Umsätze im Milliardenbereich - allen voran die NFL, deren 32 Teams zusammengerechnet über 18 Milliarden Dollar Umsatz machen, was in etwa doppelt so viel ist, wie noch vor zehn Jahren.

USA verpassen WM und zwei Pleiten in der MLR

Doch zuletzt gab es für World Rugby gleich mehrere Entwicklungen, die den Bossen in der Dubliner Zentrale Sorgen bereiten dürfte. Zunächst verpassten die USA im letzten Jahr die Qualifikation für die Weltmeisterschaft, nachdem die Eagles zunächst gegen Uruguay, dann gegen Chile und schließlich im Repechage-Turnier gegen Portugal unterlagen.

Dabei ist das Team um Kapitän AJ McGinty, der bei den Bristol Bears als Verbinder spielt, auf dem Papier deutlich höher einzuschätzen. Die USA haben nicht nur eine professionelle Liga im eigenen Land, sondern auch noch zahlreiche Profis in den europäischen Topligen und viele Profis, die für die USA spielberechtigt sind, wie der Heidelberger Biarritz-Profi Chris Hilsenbeck.

Sportliche Talfahrt: Gegen Uruguay, Chile und Portugal vergaben die USA drei Chancen auf das WM-Ticket

Sportlich muss das Team sich weiterentwickeln und World Rugby wird den Eagles dazu alle nötige Unterstützung geben. Denn ohne einen starken Gastgeber wäre es deutlich schwieriger rund drei Millionen Tickets bei einer WM zu verkaufen. Das Beispiel Japan 2019 hat gezeigt, dass dies außerhalb der traditionellen Rugby-Kernländer möglich ist.

Zuletzt sind aber weitere dunkle Wolken am US-Rugby-Horizont aufgezogen. Zuletzt mussten gleich zwei Teams ihren Rückzug aus der MLR verkünden. Die Toronto Arrows, das einzige kanadische Team, gaben drei Wochen vor Saisonbeginn bekannt, dass sie den Spielbetrieb einstellen müssen. Besitzer Bill Webb war im Spätsommer mit nur 59 Jahren überraschend verstorben und ohne einen Finanzier, welcher sich dermaßen kurzfristig nicht auftreiben ließ, konnte der Spielbetrieb nicht aufrecht erhalten werden.

Dann verkündete nur gut eine Woche darauf Rugby New York seinen Rückzug. Das Team, das noch vor drei Jahren mit dem Transfer von Mathieu Bastareaud Schlagzeilen gemacht hatte, konnte den Spielbetrieb ebenso nicht mehr finanzieren. Ohne adäquates Stadion und in einer der teuersten Städte der Welt, in der die durchschnittliche Miete bei knapp $5.000 im Monat liegt, ließen sich angesichts bescheidener Gehälter auch nur schwer Profis anlocken.

Rugby League in der NFL-Arena von Las Vegas - Konkurrenz oder Hilfe?

Derweil schielt die australische National Rugby League ebenfalls mit einem Auge auf eine US-Expansion. Die NRL ist Australiens professionelle Liga im Dreizehner-Rugby und kann finanziell mit der äußerst erfolgreichen französischen Top 14 mithalten, der mittlerweile wertvollsten Klub-Liga im Rugby. Mit einem kombinierten Jahresumsatz von rund 600 Millionen australischen Dollar, der dem Vierfachen des Rugby-Verbands Down Under entspricht, sehen sich die NRL-Verantwortlichen gerüstet für den größten Sport-Markt der Welt.

Als einer von nur zwei professionellen League-Wettbewerben weltweit und mit einem nahezu ausgereizten heimischen Markt um die League-Kernregionen Queensland und New South Wales hat man nun einen Deal mit den Besitzern der nagelneuen NFL-Arena von Las Vegas unterschrieben. Im knapp 70.000 Zuschauer fassenden Allegiant Stadium in der Glücksspiel-Metropole sollen in den nächsten fünf Jahren zehn reguläre Saisonspiele der NRL ausgetragen werden.

Den Anfang macht am 4. März 2024 der Klub des australisch-neuseeländischen Hollywood-Schauspielers Russel Crowe, die South Sydney Rabbitohs. Deren Spiel gegen Manly, einem weiteren Vorortklub aus Sydney soll gemeinsam mit dem zweiten Duell Brisbane Broncos gegen die Sydney Roosters Zehntausende Zuschauer in die knapp zwei Milliarden Dollar teure Arena am Las Vegas Strip locken.

Dem Dreizehner fehlt das Profil des Union in den USA - immerhin gibt es in den Staaten knapp 3.000 Rugby-Vereine und mehr als eine Million Menschen, die in Verein, Schule oder Uni jährlich Rugby spielen. Gleichwohl glaubt man bei den NRL-Verantwortlichen von der Bekanntheit von Rugby profitieren zu können und mit der Struktur des Spiels - die sechs Tackles pro Angriff im League sind durchaus mit den vier Downs im Football zu vergleichen - das richtige Spiel für die USA zu haben.

Dabei gab es auch schon im League Rückschläge beim Versuch in die USA zu expandieren. 2018 trugen Neuseeland und England ein League-Länderspiel in Denver - rund 19.000 der 76.000 Plätze des Mile High Stadiums waren besetzt. Damals ließ ausgerechnet die NRL ihre Topstars nicht zur US-Premiere reisen, was für Querelen und Unmut führte. Nun ist die NRL der Antreiber der US-Expansion und will selbst mit den Spielen in Vegas auf der anderen Seite des Pazifik expandieren und schlussendlich Geld verdienen.

Ob der neue Vegas-Deal der Entwicklung von Rugby in den Staaten hilft oder nicht bleibt abzuwarten. Denn für viele Neulinge, die nicht mit dem ovalen Ball aufgewachsen sind, ist der Unterschied zwischen dem Dreizehner- und Fünfzehner-Rugby nicht direkt ersichtlich. In jedem Fall bleibt die Entwicklung beider Rugbysportarten in den Vereinigten Staaten spannend.

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