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Ex-England-Kapitän zur Gehirnerschütterungsklage: „Ich war ein Verrückter auf dem Rugbyplatz“
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Mittwoch, 16. Dezember 2020

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Lewis Moody führte England 2003 zum WM-Titel, anders als sein Ex-Teamkollege Thompson will er den Verband nicht verklagen.

Die Ankündigungen einer Reihe von Ex-Profis um den England-Weltmeister Steve Thompson, den englischen Verband RFU sowie World Rugby zu verklagen (TR berichtete), sorgt weiter für Diskussion. Thompsons einstiger Kapitän Lewis Moody zeigt nun Verständnis für dessen Entscheidung, betont aber selbst niemals den Klageweg nehmen zu wollen, da er selbst für seine Entscheidungen verantwortlich sei. Könnte eine Scrumcap-Pflicht eine Möglichkeit sein, Gehirnerschütterungen im Rugby zu minimieren?

Englands Ex-Kapitän Moody (75 Länderspiele für England und die Lions), der das Team um Steve Thompson und Johnny Wilkinson mit zum einzigen englischen WM-Titel führte, erklärte durchaus Sympathie und Verständnis für Thompsons Schritt zu haben. Aber gleichwohl könne er niemanden unter den Verantwortlichen beschuldigen oder gar verklagen, der damals nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt habe.

„Meine Entscheidungen waren meine Entscheidungen, ich war ein Verrückter auf dem Rugbyplatz - ich habe mich für mein Team selbst in Gefahr gebracht und ich habe es genossen so zu spielen, wie ich gespielt habe“, so Moody gegenüber der Times of London. Ex-Wales-Kapitän Sam Warburton (79 Länderspiele für Wales und die Lions) äußerte sich in seiner Zeitungs-Kolumne ähnlich und erklärte, dass damals das Bewusstsein für Kopfverletzungen einfach gefehlt habe.

Ex-England-Kapitän Lewis Moody will keine Verantwortlichen verklagen

„Ich habe früher nicht gewusst, dass man auch eine Gehirnerschütterung haben kann, ohne das Bewusstsein verloren zu haben“, wie Warburton ebenso in der Times erklärt. Er könne sich an ein Spiel erinnern, in dem er nach einer Kollision im Millennium Stadium einige Sekunden gebraucht habe, um sich daran zu erinnern in welche Richtung sein Team spiele. Daraufhin habe er den Hakler gebeten, in der Gasse nicht auf ihn zu werfen, da er sich nicht an die Gasse-Codes erinnern könne.

Trotzdem betont er, sich nie zum spielen gedrängt gefühlt zu haben und gute medizinische Versorgung erhalten zu haben. Er selbst mache sich nicht allzu große Sorgen, nachdem eine neurologische Untersuchung im Universitätskrankenhaus von Cardiff keinerlei Abnormalitäten gezeigt habe. Dennoch betont er, müsse man Rugby so sicher wie möglich machen, selbst wenn es keine absolute Sicherheit gebe.

Scrumcaps als mögliche Lösung?

Im japanischen Jugend-Rugby sind Scrumcaps in allen Altersstufen verpflichtend und viele Spieler tragen danach freiwillig weiter einen Kopfschutz. Eine vor zwei Jahren veröffentlichte Studie hatte den Nutzen von Scrumcaps zur Verminderung von Kopfverletzungen unterstrichen. Ein Doktorand der schottischen Universität von Dundee hatte herausgefunden, dass die Aufprallhärte under Laborbedingungen durch Scrumcaps je nach Modell um bis zu 50% senkt. Damals hatte der schottische Verband darüber nachgedacht, den Kopfschutz im Amateur-Bereich verpflichten zu machen.

Auch wenn dies natürlich keinen einhundertprozentigen Schutz vor Kopfverletzungen bietet, könnte eine Pflicht zum Tragen eines Kopfschutzes die Zahl der Gehirnerschütterungen signifikant verringern. Aktuell gibt es laut einer englischen Studie aus dem Jahr 2017 etwa 15 Gehirerschütterungen auf 1000 gespielte Stunden Rugby - oder anders gerechnet eine Gehirnerschütterung auf 51 gespielte Rugby-Spiele pro Spieler oder Spielerin.

Freiwilligkeit vor Pflicht

Ob eine Pflicht zum Tragen von Scrumcaps im Senioren-Bereich durchzusetzen wäre, bleibt fraglich. Bereits die Pflicht zum Tragen eines Mundschutzes ist schwer durchzusetzen, wie der Fall von Ardie Savea zeigt. Der All-Blacks-Star war wiederholt trotz öffentlicher Ermahnung ohne Zahnschutz aufgelaufen, zuletzt gegen Argentinien vor wenigen Wochen. Empfehlungen und eine Pflicht im Jugendbereich könnte aber über einen längeren Zeitraum dafür sorgen, dass der Kopfschutz im Rugby populärer wird.

Das Bewusstsein für die Problematik nimmt derweil so oder so zu, wie zuletzt Alex Losowski erklärte. Der von den Saracens an Montpéllier ausgeliehene Innendreiviertel hatte nach einem Top-14-Spiel im November mit Kopfschmerzen zu kämpfen gehabt. Er werde sich, so der England-Nationalspieler, auch mit Blick auf den Fall Steve Thompson mehr Zeit nehmen, um wieder mit dem Vollkontakt-Training zu beginnen.

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