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Ein 78er für Kanada: Dustin Dobravsky - der Deutsche Stürmer in Kanadas Nationalmannschaft
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Samstag, 11. November 2017

Die Schlacht mit den Maori All Blacks wird Dustin Dobravsky so schnell nicht vergessen. Foto (c) Dobravsky Instagram
Die Schlacht mit den Maori All Blacks wird Dustin Dobravsky so schnell nicht vergessen. Foto (c) Dobravsky Instagram

30.000 Zuschauer im ausverkauften BC Place, der Haka der Maori All Blacks - Dustin Dobravsky steht erstmals mit dem Ahorn auf der Brust für Kanadas Fünfzehner-Nationalmannschaft auf dem Feld. Der Mann aus der Jugend von Hannover 78 hat es auf die große Bühne des Rugby geschafft. Vor acht Jahren noch stand er mit Chris Hilsenbeck, Julius Nostadt und Basti Himmer in der U-18 Deutschlands bei der EM in Frankreich gespielt. Schlussendlich hat sich der Dritte-Reihe-Stürmer mit deutsch-kanadischen Eltern für das rote Ahornblatt entschieden - wir haben uns mit ihm über das Leben als Profi und seine nicht rostenden Liebe für 78 unterhalten.

TotalRugby: Hallo Dustin, erst einmal vielen Dank, dass das mit dem Interview geklappt hat. Immerhin liegen ja neun Stunden Zeitunterschied zwischen deiner alten und neuen Heimat.

Dustin Dobravsky: Kein Problem, gern geschehen.

 

 

 

Debüt vor beeindruckender Kulisse - Dustin Dobravsky


TR: Am vergangenen Wochenende hast du erstmals für Kanadas Fünfzehner Nationalmannschaft auflaufen dürfen und dann gleich gegen die Maori All Blacks. Wie war die Erfahrung für dich und wie war es dem berühmten Haka gegenüber zu stehen?

DD: Die Stimmung war unglaublich! Vor 30,000 kanadischen Zuschauern zu spielen werde ich für immer in Erinnerung behalten. Der Haka war auch verrückt aber in dem Moment habe ich es natürlich nicht so genießen können, da ich im Spiel-Modus war. Da musste ich es schon noch Mal im Video anschauen, um es wirklich selbst zu genießen.

TR: Dann gleich im ersten Spiel gegen eine ganze Reihe von neuseeländischen Super-Rugby-Spieler. Wer war der härteste Gegner? Charlie Ngatai oder beispielsweise Akira Ioane?

DD: Ja, Akira Ioane würde ich sagen. Er ist extrem stark, schnell und hat richtig gutes Footwork. Ich habe ja auf der Sechs im Gedränge gespielt und hatte ich schon im Kopf, dass er wahrscheinlich von der Achter-Position aufbrechen wird und ich sicher stellen muss, dass er getackled wird.

Der legendäre Haka der Maori All Blacks beim Spiel im BC Place


TR: Leider sind die November-Internationals für dich schon nach dem ersten Spiel vorbei.

DD: Genau, ich wurde mit einer Gehirnerschütterung ausgewechselt und es war die zweite in sechs Monaten. Dann muss ich erstmal pausieren und bin nicht mit der Mannschaft nach Georgien, wo das nächste Spiel stattfindet.

TR: Du bist ja mittlerweile schon eine ganze Weile in Kanada - verfolgst du das Geschehen in Deutschland noch?

DD: Definitiv! Sowohl die Nationalmannschaft, als auch die Bundesliga. Mein Herz ist blau und weiß, immer nur 78 (lacht). TotalRugby, also der Liveticker und die Spielberichte sind da für mich die einzige Quelle hier drüben in British Columbia. Es ist schön zu sehen, dass es für meine alten Freunde bei 78 wieder aufwärts geht. Genauso die beiden Nationalmannschaften, da sind ja etliche Spieler dabei, mit denen ich damals gespielt habe, wie Basti Himmer oder Marvin Dieckmann.

TR: Wie würdest du die Entwicklung der beiden Nationalmannschaften einschätzen?

DD: Sehr gut, beide Teams haben sich super entwickelt. Die Siebener-Jungs sind ja nur hauchdünn daran gescheitert, sich für die World Series zu qualifizieren. Und die Fünfzehner-Mannschaft ist ja sogar in der Weltrangliste einen Platz vor Kanada. Dass da mittlerweile auch so viele aus meinem Jahrgang dabei sind, zeigt ja auch, dass viel in die Entwicklung der Spieler investiert wurde. Dann kommen solche Siege wie gegen Uruguay und Rumänien.

TR: Jetzt geht es für die deutsche Mannschaft erst gegen Brasilien…

DD: Genau, ich habe gerade noch nachgeschaut. Das Spiel ist zeitgleich zum Spiel meiner Kanadier in Georgien. Da muss ich wohl auf zwei Bildschirmen schauen.

TR: Mit den Kanadiern habt ihr ja viel Erfahrung mit den Amerikanern, hast du Tips für die deutschen Jungs?

DD: Die Amerikaner haben wirklich ihre beste Mannschaft dabei, das wird echt hart. Aber nur so wird Rugby in Deutschland weiter wachsen. Ihr Spiel ist echt schnell, die spielen blitzschnelle Rucks und der Ball ist im Handumdrehen wieder im Spiel. Da hilft eigentlich nur die Rucks langsam zu machen und ein paar Bälle zu klauen.

TR: Wie sieht es für dich persönlich aus? Du hast ja schon auf der Siebener World Series gespielt, konzentrierst du dich jetzt aufs Fünfzehner?

DD: Vor ein paar Jahren war ich im Siebener-Programm und habe bei vier World Series Turnieren mitgespielt, das Highlight war sicher Dubai. Dann hatte ich langwierige Knie-Probleme und habe mich erst Mal auf meinen Bachelor-Abschluss konzentriert. Seit September bin ich mit dem Fünfzehner-Programm von Rugby Canada unter Vertrag. Da liegt der Fokus sicherlich erst einmal auf dem Fünfzehner. Im Januar spielen wir gegen Uruguay um die WM-Quali, wieder im BC Place in Vancouver. Da könnte der Traum Rugby-WM für mich in Erfüllung gehen. Aber grundsätzlich ist das Siebener für mich nicht gestorben. Wieso nicht noch Olympia nach der WM? (lacht)

TR: Wie siehst du den Stellenwert von Rugby in Kanada insgesamt? Du hast ja den Vergleich mit Deutschland.

DD: In Kanada ist Rugby schon deutlich größer. In British Columbia an der Westküste sind die Leute mittlerweile richtig Rugby-verrückt. Hier kommt das gleich nach Eishockey. Unser nationales Leistungszentrum ist auch hier, so dass alle ambitionierten Spieler hier rüber kommen.

TR: Hat da das neue World Series Turnier in Vancouver geholfen?

DD: Auf jeden Fall! Die Leute hier sind geradezu verrückt nach dem Turnier. Das hat viel Aufmerksamkeit generiert und mittlerweile sind die Tickets schon Monate vorher weg. Das hat dem Rugby viel Aufmerksamkeit beschert - viele gehen dorthin, die vorher noch nichts mit Rugby am Hut hatten. So kriegen wir sicher mehr Kids in die Vereine und irgendwann auch neue Talente für die Nationalteams.

TR: Kanada ist ja eines der schnellsten wachsenden Rugby-Länder. Wohin kann es das kanadische Rugby noch schaffen?

DD: Absolut, Rugby wächst hier rasant. Im Siebener sind wir auf einem richtig guten Weg, mit dem ersten World-Series-Turniersieg und dem Top 8 Finish. Die Fünfzehner-Mannschaft hat in den letzten Jahren nicht so gut gespielt, aber mit dem neuen Coach wollen wir definitiv zur WM. Der Verband hat seine Anstrengungen deutlich verbessert, so dass Rugby in allen Schulen im Land angeboten wird. Aber die größte Priorität muss die WM in Japan sein, wenn wir die verpassen, dürfte im Fünfzehner einiges gekürzt werden.

TR: Wie läuft das in Kanada mit der Trennung Fünfzehner/Siebener? Gibt es da Konflikte?

DD: Früher gab es da keine klare Regelung, da wurde es von Fall zu Fall entschieden und ja da gab es auch Konflikte. Mittlerweile haben wir 25 Profis im Fünfzehner-Programm und 18 im Siebener-Programm. Die Jungs spielen jeweils ausschließlich das eine oder andere. Dazu gibt es noch vier Spieler mit einem dualen Vertrag, die beides spielen und wo jeweils individuell von Spiel zu Spiel und Turnier entschieden wird. Zum Beispiel sind diese vier Jungs gerade in der Vorbereitung für die Siebener World Series in Dubai, werden im Januar aber bei der WM-Quali gegen Uruguay mit uns spielen.

Bei der WM 2015 haben die ganzen etablierten Siebener-Spieler wie Moonlight und Hirayama mitgespielt, aber halt auch nur, weil das Turnier eine überragende Bedeutung hatte. In vielen Ländern wird Siebener ja als auch als Sprungbrett für Fünfzehner genutzt, man siehe nur James O’Connor bei Australien oder die Ioane-Brüder bei Neuseeland. Durch Olympia hat sich der Stellenwert aber verschoben, es ist deutlich mehr Geld im Siebener und in Kanada ist das Siebener mindestens genauso groß.

Akira Ioane - Dustins Gegenspieler am vergangenen Wochenende und Paradebeispiel wie Neuseeland das Siebener nutzt

TR: Wie ist es eigentlich damals dazu gekommen, dass du nach Kanada bist und für deine zweite Heimat spielst?

DD: Meine Familie ist damals aus Deutschland weg, da mein Vater beruflich nach Mexiko musste. Ich hatte ja wegen meiner kanadischen Mutter schon immer zwei Staatsbürgerschaften und dann gab es bei der RGH einen weiteren Deutsch-Kanadier, Karl Fix. Der hat mir damals einen Internatsplatz auf Vancouver Island verschafft. Dort war mein Sport-Lehrer zugleich auch der U-20 Trainer Kanadas.

Eine Zeit lang bin ich ja dann noch nach Deutschland geflogen zur U-18 Nationalmannschaft, aber das hat natürlich sehr viel Zeit in Anspruch genommen und ist irgendwann echt teuer geworden. Mein Sport-Lehrer hat dann irgendwann gute Überzeugungs-Arbeit geleistet. Bereuen tue ich die Entscheidung nicht - hier in British Columbia ist es verdammt schön. Wo sonst kann man an einem Tag Snowboarden und zwei Stunden später am Strand liegen? Zugegeben, das Wasser ist arschkalt hier, aber dafür sieht man Wale und Orkas.

TR: Das klingt wirklich gut. Danke Dustin, dass du dir die Zeit für das ausführliche Interview genommen hast. Wir wünschen dir viel Glück mit der kanadischen Mannschaft, vor allem in der WM-Quali gegen Uruguay.

DD: Danke und von mir viel Erfolg an die deutschen Jungs, ich drücke euch von hier die Daumen!

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