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Aus dem Wolfpack in den Eiskanal: Joshua Tasches ungewöhnlicher Weg
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Mittwoch, 14. April 2021

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Joshua Tasche im Wolfpack-Trikot in Exeter - künftig trifft man den Brandenburger eher im Eiskanal, als auf dem Rugbyplatz an. Foto (c) Perlich

Im Herbst letzten Jahres ging für Joshua Tasche ein Abenteuer zu Ende. Knappe fünf Jahre Rugby - vom Sprint-Quereinsteiger bis zum Nationalspieler - hatten ein abruptes Ende. Was viele Leistungssportler demotiviert hätte, wurde für den 25-jährigen gebürtigen Brandenburger zum Ansporn. Denn seit einigen Monaten trainiert der ehemalige Wolfpack-Flitzer in einer anderen olympischen Disziplin, bei den Bobfahrern.

Leistungssport kann manchmal brutal sein. Joshua Tasche war im Jahr 2016 als Sprinter zum Rugby gewechselt, um mit seiner brutalen Schnelligkeit zu einem festen Bestandteil der Siebener-Nationalmannschaft zu werden - ein ambitionierter Plan, keine Frage, von Anfang an.

Einsätze in der Rugby-Bundesliga in Farben des SC Neuenheim und TSV Handschuhsheim, sowie in der Fünfzehner- und Siebener-Nationalmannschaft folgten - doch trotz großartiger Leistungsentwicklung vom Rugby-Novizen zum Nationalspieler hat der „allerletzte Sprung“ gefehlt, wie Tasche selbst rückblickend erklärt.

„Es hatte sich schon ein wenig abgezeichnet“, wie er heute im Gespräch mit TR erläutert. Denn im September letzten Jahres erklärte ihm Bundestrainer Damian McGrath, dass Tasches Platz im Förderungssystem des Wolfpacks mit einem Ablaufdatum versehen sei. Zu diesem Zeitpunkt blieben Tasche drei Monate um sich umzuorientieren.

DRV-Sportdirektor und Ex-Leistungssportreferent Manuel Wilhelm über die Entwicklung von Joshua Tasche: „Joshua wurde mir damals als Rugby-Novize von Ex-Nationalspieler Franck Moutsinga empfohlen. Wir haben uns damals gleich mit ihm in Verbindung gesetzt und ihn zum TSV Handschuhsheim vermittelt, der damals mit Ex-Bundestrainer Peter Ianusevici einen absoluten Fachmann beim Aufbau von Talenten an der Seitenlinie hatte. Gemeinsam haben wir einen Plan für Joshua entwickelt und abgesprochen, dass er - falls er das Risiko eingeht an den Bundesstützpunkt zu kommen - mindestens drei Jahre von uns unterstützt wird. Joshua hat in seiner Zeit im Programm eine tolle Entwicklung genommen und es relativ schnell sogar zu einigen EM-Einsätzen geschafft, auch für die 15er-Nationalmannschaft ist er aufgelaufen. Seine Einstellung und sein Ehrgeiz waren beeindruckend und ich bin mir sicher, dass sein großer Wille zum Erfolg ihn auch im Bobsport weit bringen werden. Wir werden seine Entwicklung weiter verfolgen, drücken ihm die Daumen und wünschen ihm maximalen Erfolg."

Wohin nach dem Wolfpack-Aus?

Der Mittlerweile 25-jährige Mann aus dem Berliner Umland stand vor einer schweren Entscheidung. Weniger als ein Jahr bis zum Abschluss in Sportwissenschaften an der Uni Heidelberg verblieben ihm. Ganz mit dem Leistungssport aufzuhören war für Tasche eigentlich auch keine Option - „ich habe mich ja noch hervorragend gefühlt“.

Zum Glück erinnerte sich Tasche noch an ein Gespräch mit einem Sportler-Kollegen aus einer gänzlich anderen Disziplin. Als Rugby-Europameister war Tasche 2019 im sogenannten Klub der Besten der deutschen Sporthilfe eingeladen und hatte so einen Bob-Anschieber kennen gelernt.

Bis dahin hatte Joshua Tasche noch nie einen Bob von nahem gesehen, geschweige denn in einem gesessen. Doch eine gewisse Faszination für den Wintersport war bei Tasche immer vorhanden. Sein Lieblingsfilm ist seit jeher „Cool Runnings“ - die Verfilmung der Geschichte des legendären jamaikanischen Bob-Teams des Jahres 1988, das bei Olympia in Calgary antrat.

Tasche hat selbst jamaikanische Vorfahren und hegte nicht nur deswegen Sympathie für den gänzlich anderen Sport. Einige Nachrichten mit dem besagten Anschieber später und keine zwei Wochen nach der Verkündung seines bitteren Aus bei der Siebener-Nationalmannschaft war Tasche auf dem Weg nach Bayern, um erstmals das Wintersportgerät testweise anzuschieben.

Die erste richtige Fahrt im Eiskanal: „Auf was habe ich mich hier eingelassen“

Die erste richtige Fahrt folgte wenige Tage später auf der Bahn im westfälischen Winterberg. „Auf was habe ich mich hier eingelassen“, so erinnert sich Tasche selbst an seine Gedanken noch während der Erstfahrt. Die massiven G-Kräfte, die mangelnde Sicht hinter dem Piloten und die Beengtheit - der gebürtige Brandenburger vergleicht das Erlebnis mit einer „Achterbahnfahrt mit verschlossenen Augen“.

Für Tasche ging es nun Schlag auf Schlag. Kommenden Winter wird Tasche Teil eines Teams sein, das voraussichtlich im Europacup antritt und innerhalb der nächsten zwei Jahre soll der nächste Schritt in den Weltcup folgen. Neben der reinen Schnelligkeit muss der ehemalige Löwe und Neuenheimer natürlich an seiner Technik arbeiten, um seine Bestzeit noch um ein gutes Zehntel einer Sekunde zu verbessern.

Dann winkt auch ein Platz als Sportsoldat, für den er bereits im erweiterten Kandidatenkreis ist. Aktuell trainiert Tasche mit dem hessischen Landestrainer in Wiesbaden, da den Sommer über keine Präsenz an einer Bahn erforderlich ist. Tasches sportlichen Ziele heißen künftig nicht mehr Dubai und Hongkong, sondern Lake Placid und Königssee.

„Bereue keine einzige Sekunde im Rugby“

Seinem mittlerweile ehemaligen Sport Rugby bleibt Tasche aber verbunden. Noch immer trainiert er, da weiter in Heidelberg studierend, regelmäßig am Olympiastützpunkt der Neckarstadt. „Wenn ich die Jungs sehe, quatschen wir natürlich und sicherlich fehlt mir die Zeit im Team“ - in Retrospektive bereut Tasche keine Sekunde des fast fünfjährigen Rugby-Abenteuers.

Im Gegenteil: Was vor allem bleibt sind viele großartige Erinnerungen, wie das Trainingscamp und Turnier auf Fidschi. Trotz der knüppelharten Einheiten auf den über 100 Meter hohen Sanddünen von Sigatoka, die auch das Fidschi-Team nutzt um sich auf wichtige Events vorzubereiten. Diese Erfahrung heftet Tasche als einen der „dunklen mentalen Orte“ ab, die man als Leistungssportler durchleben muss.

Vor allem die konditionelle Plackerei wird Tasche aber nicht fehlen, auch wenn es manchmal ein großartiges Gefühl gewesen sei gemeinsam mit der Mannschaft ans Limit zu gehen. Im Bob ist Explosivität und Schnelligkeit das wichtigste Thema. Außerdem schadet Körpergewicht nicht, weswegen Tasche schon fast 10 kg an Muskelmasse zugenommen hat.

Die Teamkultur im Rugby ist ein weiterer Aspekt, den Tasche vermissen wird. Jedoch betont der Brandenburger, dass auch im Bobsport viele gute Jungs und Mädels unterwegs seien. Mit den Jungs aus dem Wolfpack ist eine sogenannte Taxifahrt im Bob vereinbart - bei der Passagiere mit den Eiskanal herunterfahren. Aus Rugby-Sicht bleibt zu hoffen, dass Tasche keinerlei Abwerbeversuche bei seinen Ex-Kollegen starten wird.

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