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Triunfo histórico: Los Pumas besiegen Fluch und holen ersten Sieg gegen All Blacks
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Samstag, 14. November 2020

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Der Jubel nach dem Abpfif kannte keine Grenzen: Los Pumas schlagen erstmals Neuseeland

Zwei Mal stand Argentinien bereits im WM-Halbfinale. Jedes Top-Team im internationalen Rugby konnten los Pumas bereits schlagen, bis auf Neuseeland. Was den Argentiniern heute im 30. Anlauf endlich gelingen sollte, wird in die argentinische Sport-Historie eingehen. Als erst siebtes Nationalteam überhaupt konnte Argentinien heute in Sydney in der dritten Runde der Tri Nations einen Sieg gegen die All Blacks einfahren. Der 25:15 Sieg ist auch deswegen derart bemerkenswert, da Neuseeland alle Stars an Bord hatte und im Rhytmus war, während Argentinien seit Oktober 2019 kein einziges Spiel mehr absolviert hatte. Dementsprechend groß war der Jubel bei den Anhängern der Südamerikaner.

Als Los-Pumas-Verbinder Nicolas Sanchez in der 77. Minute den wohl schwersten Straftritt des Tages, halblinks, genau auf der Mittellinie und damit gut 55 Meter von den Stangen entfernt, sicher versenkte, überkamen Coach Mario Ledesma die Emotionen. Der ehemalige Weltklasse-Prop Argentiniens, der selbst bis 2011 insgesamt 84 Einsätze im Pumas-Trikot sammelte, weinte hemmungslos Tränen der Freude in der Coaching-Box, als auch ihm klar wurde, dass dieses Spiel zu Gunsten seiner Jungs entschieden war.

Er, der Pumas-Veteran und seit 2018 Nationaltrainer, wusste es nur zu gut: An diesem Samstag-Nachmittag wurde gerade ovale Geschichte geschrieben. In 29 bisherigen Anläufen hatte es Argentinien lediglich auf ein einziges Unentschieden gebracht und das war im Jahr 1985 daheim in Buenos Aires. Dagegen ging Neuseeland 28 Mal in diesem Duell als Sieger vom Feld und das meist obendrein noch ziemlich deutlich.

Der Daily Telegraph aus Sydney titelt: „Die größte Überraschung in der Geschichte des Rugby"

Selbst die etwa 300 Argentinien-Fans unter den rund 10.000 Zuschauern im Bankwest Stadium in den westlichen Vororten Sydneys, hätten wohl nicht mit einem Sieg ihrer Pumas gerechnet. Gefühlt sprach nämlich alles gegen dieses Argentinien-Team, das 2019 beim Rugby World Cup noch enttäuschend in der Gruppenphase ausgeschieden war.

Alles sprach gegen dieses Argentinien-Team

Exakt 402 Tage waren vergangen, seit Argentinien bei der WM 2019 das letzte reguläre Spiel absolviert hatte. Sechs Monate dauerte der strenge Corona-Lockdown im Großraum Buenos Aires, den niemand, auch Profi-Sportler, nicht verlassen durfte. Vereinsspiele waren untersagt, lediglich die vier Europa-Legionäre in der Start-XV hatten dieses Jahr überhaupt Spiele unter normalen Bedingungen absolviert. Zwei Wochen lang hatte das Argentinien-Team im Oktober in Sydney in einem Quarantäne-Hotel ausharren müssen, welches das Team nicht Mal zum trainieren verlassen durfte.

Hunderte Tage im eigenen Heim eingesperrt, 13 Monate ohne Wettkampf, Training in Hotel-Konferenzräumen - der Weg der Pumas zum Sieg

Dazu stand ihnen gegenüber ein eingespieltes All-Blacks-Team, das bereits Super-Rugby-Aotearoa und vier Spiele gegen Australien absolviert hatte. Dementsprechend hoch war das Selbstbewusstsein der Neuseeländer und deren Fans. Ex-All-Black und TV-Experte Sir John Kirwan hätte im Vorfeld kaum siegessicherer auftreten können: „Natürlich sollten wir gegen Argentinien nicht mit unserer Top-Mannschaft spielen. Gebt Cane, gebt Whitelock eine Pause. Argentinien hat über ein Jahr nicht gespielt, die hatten alle Corona, natürlich werden wir sie schlagen.“

Coach Ian Foster hörte aber nicht auf vermeintliche Experten wie Kirwan und stellte alle Top-Stars auf: Spielmacher Richie Mo’unga und Neuner Aaron Smith waren zurück auf den Spielmacher-Positionen, die beiden Barrett-Brüder waren auf Schluss und Außen, Jungstar Caleb Clarke auf der kurzen Ecke, in der zweiten Sturmreihe startete man mit Whitelock und Tuipoluto, sowie mit Kapitän Sam Cane auf der Flanker-Position. Ein All-Blacks-Team, das nach der Niederlage gegen Australien in der Vorwoche, als noch einige der Neuseeland-Stars geschont worden waren, Wiedergutmachung betreiben wollte. Ein Team, das seit knapp 10 Jahren nicht mehr zwei Spiele in Folge verloren hatte.

80 Minuten für die argentinische Rugby-Geschichte: Die Freude bei Los Pumas kennt keine Grenzen

Argentinien ließ sich weder von Neuseelands Speed noch Härte beeindrucken

Doch bereits früh merkte man, dass Argentinien nicht als Sparringspartner gekommen war und sich weder vom Speed noch der Härte der All Blacks beeindrucken ließ. Bei den Standards waren los Pumas extrem sicher: In der Gasse holte man alle eigenen Bälle, obwohl Hakler Julian Montoya während der Quarantäne sein Haus ganze drei Monate nicht verlassen durfte und lediglich mit seinem Vater einwerfen üben konnte. Dazu klauten die Zweite-Reihe-Hünen Petti und Alemanno gleich mehrere Neuseeland-Gassen. Im Gedränge hatten die Südamerikaner ebenso leichte Vorteile.

Doch allen voran glänzte Argentiniens eisenharte Defensive. Immer wieder liefen los Pumas unerbittlich an und machten ihre Tackles. Auch Spieler wie Caleb Clarke, oder Ardie Savea, die so gut wie immer Meter im Kontakt machen, wurden von Argentinien unter Kontrolle gehalten und schnell zu Boden gebracht. Emblematisch für die heroische Defensiv-Leistung war Kapitän Pablo Matera. Der Flanker war der mit Abstand stärkste Stürmer auf dem Feld. Er holte Turnover, brachte sein Team über die Vorteilslinie und setzte zuverlässig seine Hits - eine absolute Weltklasse-Leistung, das erkannte auch Ex-All-Black Justin Marshall bei Sky Neuseeland an.

Als All-Blacks-Flanker Shannon Frizell Materas Mitspieler Marcos Kremer in der Anfangsphase eine Backpfeife verpasste, ging Matera resolut dazwischen. Schiedsrichter Angus Gardner ermahnte aber nicht etwa Frizell, sondern Matera. Dessen Antwort an Gardner aber ließ erahnen, mit welcher Herangehensweise die Argentinier in dieses Spiel gegangen waren: „Ich kann nicht zusehen, wie er meinen Teamkollegen angreift, das ist respektlos, wir spielen hier für unser Land!“

Argentiniens Leidenschaft und Wille brachten heute den Sieg

Tatsächlich sollte Argentiniens überragende Defensiv-Leistung früh Früchte tragen. Ein Straftritt, nachdem ein Neuseeländer das Leder am Boden nicht losließ, war für Verbinder Sanchez die erste Chance auf Zählbares. Der Pumas-Strippenzieher verwandelte aus 50 Meter sicher und auch wenn Neuseeland wenig später durch Mo’unga ebenso per Straftritt ausgleichen konnte, war spätestens jetzt jedem klar, dass dies enger werden würde, als von vielen im Vorfeld erwartet .

Denn Argentinien konnte das hohe Tempo der All Blacks durchgehend mitgehen, obwohl vorher besonders die fehlende Match-Fitness als mögliches Manko ausgemacht wurde. Nach 20 Minuten dann der erste Wirkungstreffer: Mit dem Straftritt-Vorteil im Rücken wagte Verbinder Sanchez an der Neuseeland-22 einen kleinen Chip-Kick über die anrauschende Defensive. Achter Bruni dribbelte den Ball einmal nach vorne und Sanchez selbst konnte ihn zum Versuch über die Linie bringen.

10:3 für Argentinien und statt einer All-Blacks-Antwort wäre fast der zweite Versuch für Argentinien gefallen. Erst erhöhte Sanchez mit einem weiteren Straftritt auf 13:3 und dann wurde Außen Imhoff perfekt von Bruni bedient, doch nur einen Meter vor der Mallinie wurde er noch vom zurückarbeitenden Aaron Smith gefällt. Wenige Phasen später wurde dann Kapitän Matera über der Linie hochgehalten. Den fälligen Scrum dominiert Argentinien, doch anstatt weiter auf den Versuch zu gehen, entscheidet sich Argentinien für die sicheren 3 Punkte zur 16:3 Halbzeitführung - aus Neuseeland-Sicht fast noch schmeichelhaft, angesichts der Chancen, die Argentinien liegenließ.

Symboldbild: Kein Durchkommen für Neuseelands besten Ballträger Ardie Savea

Neuseelands Sturmlauf nach der Pause blieb zunächst aus

Nach der Pause nicht wie vermutet der neuseeländische Sturmlauf, im Gegenteil. Zunächst hat Argentinien anfangs erneut mehr vom Spiel und arbeitete sich über den starken Sturm in Neuseelands Hälfte. Dort nahmen die Pumas erneut die Chance auf drei weitere Punkte und erhöten auf 19:3. Erst in der Folge um die 50-Minuten-Marke hatte Neuseeland erstmals wieder eine richtige Chance auf einen Versuch - ein Strafkick aus dem Mittelfeld wurde zur Gasse in Argentiniens 22 gekickt. Die All Blacks überraschten Argentinien mit einer schnellen Gassen-Variante ohne Springer und drückten ein schnelles Paket gegen einen verdutzten Pumas-Sturm über die Line.

Der Anschluss beim Stand von 10-19 aus Neuseeland-Sicht - vor dem Spiel hatten viele Beobachter und Experten befürchtet, dass Argentinien ohne Spielpraxis im letzten Viertel des Spiels einbrechen würde. Augenscheinlich immer müder werdende Pumas hielten aber weiter stark dagegen und fanden sich nach einem katastrophalen Befreiungskick von Caleb Clarke wieder an Neuseelands 22. Wieder viel Druck und nach einer Abseitsstellung von Verbinder Mo’unga wieder drei Punkte zum 22:10 durch Sanchez, der weiterhin alle Punkte für Argentinien erzielte.

All-Blacks-Coach Ian Foster: „Wir haben sie ganz sicher nicht unterschätzt, wir hatten bereits derart hart umkämpfe Spiele gegen Argentinien. Wir haben Respekt vor den Pumas. So gut wie jeder hat gedacht, dass ihnen diese lange Pause geschadet hat. Sie sind hierhin voller Energie gekommen und dem Bedürfnis es sich zu beweisen, nachdem was ihr Land durchgemacht hat!“

Die Schlussviertelstunde wurde dann zur Verteidigungsschlacht der Argentinier, die immer stärker werdenden Druck der All Blacks absorbieren mussten. Durch knallharte Tackles und aufmerksames Verschieben gelang es den Pumas mehrmals vielversprechende Angriffe Neuseelands zu neutralisieren. Als Sanchez dann in der 77. Minute seine Punkte 23 bis 25 per Straftritt aus 55 Metern erzielte war klar: Argentinien würde erstmals in seiner Rugby-Geschichte Neuseeland schlagen. Daran änderte auch der All-Blacks-Versuch in der 83. Minute durch Clark zum 15:25 nichts mehr, der nicht einmal für einen Defensiv-Bonus reichen sollte.

Was dieser Moment den Argentiniern bedeutete, war auch ohne ein Wort Spanisch ersichtlich. Die Tränen flossen beim Trainerteam und den Spielern, während auf der Tribüne lauthals argentinische Fanlieder von den Anhängern der Himmelblauen ertönten. Mit weiterhin geschlossenen Grenzen waren es nur wenige Pumas-Fans, die im Westen Sydneys diesen historischen Moment erleben durften - sie machten sich aber dafür umso lauter bemerkbar.

Pumas-Coach Ledesma nach dem Spiel: „Es war surreal, nicht nur das Ergebnis, sondern überhaupt in der Lage sein dieses Spiel spielen zu dürfen - nach all dem was dieses Jahr passiert ist bei uns in Argentinien."

Am Ende war es in erster Line die unglaublich disziplinierte Defensiv-Leistung des Pumas-Teams, das diesen historischen Triumph ermöglichte. Vor fünf Jahren hatte Argentinien das erste Mal Südafrika geschlagen und war wenige Monate später ins WM-Halbfinale eingezogen. Seitdem hatte das Team stagniert und eine enttäuschende WM mit dem vorzeitigen Aus in der Gruppe gespielt. Mit diesem Sieg melden sich Los Pumas zurück in der Weltspitze.

Viel Zeit zum feiern wird den Argentiniern nicht bleiben. Drei weitere Spiele im Wochen-Rhytmus, davon zwei gegen Australien und ein weiteres gegen Neuseeland, beendet das verrückte Corona-Jahr für die Südamerikaner. Aber wer weiß, vielleicht gelingt den Pumas sogar noch der Gesamtsieg in der Tri Nations Series. Gegen Australien hat das Team auf jeden Fall eine deutlich bessere Bilanz, als gegen den einstigen Angstgegner Neuseeland.

 

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