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Historisches Doppel-Debüt: Nostadt und Segner feiern Erstliga-Premiere
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Sonntag, 25. Oktober 2020

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Historisches Wochenende für das deutsche Rugby: Julius Nostadt (links) und Anton Segner haben ihr Erstliga-Debüt bei den Profis gefeiert.

Knapp 19.000 Kilometer Luftlinie, zwölf Zeitzonen und COVID-bedingt eine unüberwindbare Grenze liegen zwischen dem Stade Mayol an der französischen Côte d’Azur und dem Trafalgar Park an der neuseeländischen Tasman Bay. Was beide Ort aber gemeinsam haben, ist eine lange stolze Rugby-Tradition und die Tatsache, dass hier am Wochenendee zwei Mal deutsche Rugby-Geschichte geschrieben wurde. Julius Nostadt in der Top 14 und Anton Segner im Mitre 10 Cup feierten jeweils ihre Erstliga-Premiere und wussten beide zu überzeugen.

Julius Nostadt erfüllt sich nach 12 Jahren den Erstliga-Traum

Freitag Abend war es im vierten Anlauf endlich soweit, Julius Nostadt durfte erstmals im Trikot seines neuen Klubs Castres Olympique in einem Pflichtspiel auflaufen. Drei Mal hatte ihm das Coronavirus zuvor einen Strich durch die Rechnung gemacht - zwei Spiele wurden wegen Infektionen bei Nostadts Klub abgesagt, bevor ihn das Virus schließlich selbst erwischte und er deshalb nicht spielen konnte (mehr dazu im ausführlichen TR-Interview mit Nostadt, das ihr unter folgendem Link findet).

Nostadt war vor zwölf Jahren vom TSV Handschuhsheim nach Frankreich in die Jugend des französischen Zweitligisten US Colomiers gegangen und nun mit 28 Jahren ist der langgehegte Traum endlich wahr geworden: Der Erste-Reihe-Stürmer feierte seinen ersten Einsatz in der Top 14 - eine der, wenn nicht sogar die beste Profi-Liga der Welt. Er wurde damit zum ersten deutschen Spieler seit Sascha Fischer und Robert Mohr, der sein Rugby-Handwerk hierzulande erlernt hat und es bis in Frankreichs Eliteklasse geschafft hat.

Nostadt startete beim Gastspiel seines Klubs Castres Olympique beim Rugby Club Toulonnais mit der Eins auf dem Rücken - sein direkter Gegenspieler war der 130-kg-Koloss Sébastien Taofifénua, der bereits drei Mal für Frankreich aufgelaufen war. Im gegnerischen Sturm liefen für Toulon mit Eben Springbok-Weltmeister Etzebeth und Sergio Parisse dazu noch zwei der besten Stürmer im Welt-Rugby auf.

Julius Nostadts erstes Top-14-Spiel in voller Länge

Die Ausgangslage für Castres war nicht die beste. Zwei Spiele musste der Meister von 2018 bereits wegen des COVID-Ausbruchs im Kader absagen müssen. Letzte Woche hatte Castres, das aufgrund des Ausbruchs nicht Mal einen vollen 23er-Kader stellen konnte, in La Rochelle eine 3:62 Abfuhr kassiert. Nun der nächste schwierige Auswärtstrip zum dreimaligen Europacupsieger in dessen berühmtes Mayol-Stadion mit direktem Blick auf die Côte d’Azur.

Lediglich 5.000 Zuschauer ließen die Corona-Regeln zu, ein Viertel der üblichen Kapazität und dennoch zeigte das Mayol auch am Freitag als eines der stimmungsvollsten Rugby-Stadien in Europa. Castres erwischte wider Erwarten den besseren Start, auch wenn der ehemalige Adler-Kapitän Nostadt direkt beim ersten Gedränge in Toulons 22 den Penalty gegen sich kassierte. Nostadt war auf dem losen Untergrund des Mayol weggerutscht.

Dennoch legte der Heidelberger ein mehr als nur ordentliches Debüt hin. Nur wenige Minuten später war er im Mittelfeld nach einem Tackle als erster über dem Ball und konnte auch von Springboks-Star Etzebeth nicht wegbewegt werden. Erst Toulon-Prop Florian Fresia gelang dies, allerdings von der Seite ins Ruck kommend. Nostadt bescherte seinem CO so den ersten Straftritt und damit auch die ersten Punkte zum 3:0.

Für den Underdog ein guter Start, den eine gelbe Karte für Dritte-Reihe-Stürmer Mathieu Babillot aber zu Nichte machen sollte. Toulon drehte die Partie in der zehn Minuten Überzahl mit zwei Straftritten von Louis Carbonel, dem zweimaligen U-20-Weltmeister. Wieder vollzählig verpasste es Castres trotz mehrere Minuten in der 22 von Toulon weitere Punkte zu erzielen. Bei einem Fünf-Meter-Gedränge machten Nostadt und Co. ordentlich Druck und mit einem starken Ballvortrag schaffte es Nostadt selbst bis auf wenige Zentimeter an die Toulon-Linie heran.

Nur eine Phase später ging das Leder aber nach einem Missverständnis verloren und Castres musste erstmal einen 80-Meter-Konter Toulons verteidigen, was noch gerade so gelang. Weitere zehn Minuten Rugby mit offenem Visier später wurde Nostadt mit 34 Zeigerumdrehungen ausgewechselt. Die Top 14 erlaubt seit 2018 insgesamt zwölf Wechsel, bei weiterhin acht Bankspielern und geht damit international einen Sonderweg.

Nostadt sollte nämlich, das war im Vorhinein abgesprochen, in Durchgang zwei wieder aufs Feld kommen, um das Spiel zu beenden. Das war dann auch in der 63. Minute der Fall, doch in der Zwischenzeit hatte Castres zwei weitere Carbonel-Straftritte und einen blitzsauberen 80-Meter-Konterversuch kassiert. Als der Heidelberger ins Spiel zurückkehrte stand Castres beim Stand von 6-19 mit dem Rücken zur Wand, besonders da der argentinische Verbinder Urdapilleta bereits zwei Straftritte verpasst hatte.

Mit Nostadt zurück auf dem Feld gelang es Castres Toulon erneut unter Druck zu setzen und kam kurz vor der Linie erneut zu einem Straftritt. Doch auch diesen setzte der 16-fache Nationalspieler Argentiniens neben die Stangen, nachdem er auf dem schwierigen Untergrund ausgerutscht war. Zwei weitere vielversprechende Ausflüge von Castres endeten mit Handlingfehlern. In der 76. Minute hätte es eigentlich einen sicheren Versuch geben müssen, nachdem der CO-Sturm mit Nostadt es bis an die Linie geschafft hatte.

Doch Urdapilleta und Nakosi konnten eine einhundertprozentige Chance zum Versuch wegen mangelnder Kommunikation  nicht nutzen. Die letzten gut drei Minuten spielte Toulon dann souverän runter und fuhr einen 19-6 Heimsieg ein. Für Castres sicherlich enttäuschend, nach einem Spiel in dem deutlich mehr drin gewesen wäre. Zumal die beiden kommenden Gegner Racing 92 und Toulouse heißen.

Für Julius Nostadt war es aber endlich das langersehnte Debüt in Frankreichs Eliteklasse vor immerhin 5.000 Zuschauern. Ab der kommende Wochenende im Lockdown dürfen es nur noch 1.000 sein. Im ausführlich Interview mit Julius erfahrt ihr morgen mehr über die Corona-Achterbahn dees Heidelbergers vor seinem ersten Spiel im Trikot des fünfmaligen französischen Meisters Castres Olympique.

Anton Segners Traum-Debüt für Tasman gegen Southland

In Frankfurt waren gerade die Uhren zurückgestellt worden, da fieberte man im Segner-Haushalt zu später Stunde mit dem eigenen Sprössling mit, der am anderen Ende der Welt gerade Geschichte schrieb. Anders als bei seinem ersten Auftritt für Neuseelands U-18-Nationalmannschaft konnten die Eltern wegen Corona nicht mit dabei sein, als Sohn Anton seinem großen Traum einen Schritt näher kam. Noch vor seinem 20. Geburtstag schaffte es Segner als erster Deutscher überhaupt ins neuseeländische Profi-Rugby und das nur drei Jahre, nachdem er den Sprung aus dem 1880-Nachwuchs zum Nelson College gewagt hatte.

Als Segner in der 53. Minute aufs Feld des Trafalgar Park kam, sprach Neuseelands legendärer Kommentator Grant Nisbett bei den Kollegen von Sky Neuseeland von einem „ganz besonderen Spieler“. Seit 1984 hat Nisbett fast alle All-Blacks-Spiele kommentiert und Segners Werdegang nötigt auch ihm Respekt ab. Sein Co-Kommentator Israel Dagg, noch bis 2017 selbst für die All Blacks aktiv, attestierte Segner knappe 30 Minuten später kurz vor dem Schlusspfiff ein „sehr gutes Debüt“ abgeliefert zu haben.

Die Highlights des 47:10 Sieges der Mako um Anton Segner

Segner hatte kurz zuvor den entscheidenden Pass zum letzten Versuch des Spiels gegeben, erzielt vom fünfmaligen All Black David Havili. Insgesamt zeigte sich Segner in seiner ersten halben Stunde Profi-Rugby bei den Herren alles andere, als nervös. Im Gegenteil: An der Seite von Veteranen, wie dem doppelt so alten Zweite-Reihe-Stürmer Alex Ainley (39) und dem achtfachen All-Blacks-Stürmer Isaac Ross (35), stach Segner durch seine dynamischen Ballvorträge positiv hervor.

Bereits vor seinem Try-Assist gegen Ende der Partie hatte er einen brachialen 25-Meter-Lauf nach einer Gasse auf den Rasen gezaubert, durch mehrere Southland-Tackles hindurch. Dazu wurde er mehrmals als Gasse-Option eingesetzt und zeigte insgesamt eine fehlerfreie Leistung. Als Segner aufs Feld kam, war der Spielstand mit 14-10 für die Gastgeber noch relativ knapp. Titelverteidiger Tasman war im ersten Durchgang überlegen, aber verpasste es mehrfach seine Chancen in Punkte umzumünzen. Auch mit Segners Einwechslung wurde das Spiel dynamischer und mit dem Schlusspfiff stand ein überdeutliches 47-10 auf der Anzeigetafel. 

Damit dürfte sich Segner auch für weitere Einsätze im Mako-Trikot empfohlen haben. Noch drei weitere Spiele der regulären Saison stehen an, bevor es für die Männer von der Südinsel aller Voraussicht nach in die Playoffs geht, wo man den Titel von 2019 verteidigen will. Nächste Woche heißt der Gegner Wellington. Die Hauptstädter um Dritte-Reihe-Stürmer und All-Blacks-Star Vaea Fifita sind ein direkter Tasman-Konkurrent und liegen momentan nur einen Punkt hinter den Makos. Für Segner könnte es die nächste Chance sein, sich auf auf diesem Niveau zu beweisen.

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Zurab Zhvania (GEO)   3
Adrian Apostol (ROM)   3
Guillaume Rouet (ESP)   3

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Dan Snee (ESP)   4
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Lasha Khmaladze (GEO)   4

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Penalties - REC Division 1A

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Pedro Bettencourt Avila (POR)   8
Valentin Calafateanu (ROM)   5
Ramil Gaysin (RUS)   4
Chris Hilsenbeck (DRV)   4

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Yellow Cards - REC Division 1A

Mathieu Visensang (ESP)   1
Giorgi Nemsadze (GEO)   1
Javier de Juan (ESP)   1
Zurab Zhvania (GEO)   1
Julien Bardy (POR)   1

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Red Cards - REC Division 1A

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