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TR-Update international: Keine Einigung über globalen Kalender, Spielerstreik in England
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Mittwoch, 17. Juni 2020

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Länderspiele und Vereinsspiele terminlich trennen - darüber gibt es zunächst keine Einigung. Foto (c) Kessler

Corona als Chance begreifen - das war die Herangehensweise bei World Rugby als man eine Arbeitsgruppe zur Schaffung eines globalen Rugby-Kalenders kreierte. Doch diese droht nun am Widerstand der französischen Klubs zu scheitern. In England wiederum droht der Neustart der Premiership an einem Spielerstreik zu scheitern. Australien wird dagegen in 2.5 Wochen den Spielbetrieb wieder aufnehmen, jedoch mit einigen signifikanten Regeländerungen.

Am Ende scheiterte es wohl vor allem am Widerstand der französischen Klubs. Am Montag fand das seit Wochen antizipierte virtuelle Treffen der wichtigsten Stakeholder im professionellen Rugby, genannt „Professsional Game Forum“, statt. Das Ziel war die Vereinheitlichung des globalen Kalenders, um weniger Überschneidungen zwischen Länder- und Vereinsspielen zu erreichen, einheitliche Länderspielfenster zu schaffen und den Spielern weniger Belastungen zuzumuten (TR berichtete).

Eine Einigung gab es allerdings nicht, man werde zu einem späteren Zeitpunkt erneut zusammentreffen, so das magere Ergebnis des Gipfels der Spitzenmanager von Verbänden und Ligen. Dabei schien alles auf eine Lösung hinauszulaufen - aktuell ruht der Spielbetrieb coronabedingt mit der Ausnahme Neuseeland weltweit. Verbände und Ligen um den Globus sind auf der dringenden Suche nach Einnahmequellen, um ihr Geschäftsmodell zu sichern.

World Rugby hatte sich laut einem Bericht von ESPN für das Modell ausgesprochen, bei dem Rugby Championship und Six Nations parallel zueinander im März/April stattfinden und das Länderspielfenster Juni/Juli mit dem im November zu einem verschmolzen wird. Die Klub-Meisterschaften beider Hemisphären hätten dann von Januar bis zum ersten Länderspielfenster und von April bis September ausgetragen werden sollen.

Nicht so schnell, so Frankreichs Liga-Präsident, der damit droht die gesamte Reform zu torpedieren. Aktuell geht die französische Liga von Ende August bis Ende Juni - ist also fast das gesamte Jahr über zu sehen. Die TV-Rechte für die Top 14 hatten allein in Frankreich schon vor vier Jahren die Schallmauer von 100 Millionen Euro pro Saison überschritten.

Die französiche Liga ist kommerziell erfolgreich und sperrt sich gegen Neuerungen / 2016 füllte das Finale gar das Camp Nou in Barcelona

Mit einer Vereins-Saison den Sommer über, sehen zahlreiche französische Klubs ihre Pfründe in Gefahr. „Was bringt uns das überhaupt“ fragte Liga-Präsident Paul Goze gegenüber der Presseagentur - man müsse mit anderen Sport-Events konkurrieren und außerdem wolle im Sommer niemand ins Rugby-Stadion gehen.

Sollten sich die Franzosen weiterhin querstellen, könnte eine Lösung genau daran scheitern. Nicht nur spielen Dutzende Nationalspieler kleinerer Teams in der Top 14 und Pro D2, darunter auch vier Deutsche - auch finanziell ist die Top 14 ein Gigant im Rugby-Universum.

Allein Wild-Klub Stade Français, sportlich gesehen Letzter in der abgebrochenen Saison, spielt finanziell mit über 40 Millionen € Budget in der Liga des italienischen Verbandes. Sechs Klubs nehmen im Jahr mehr als 30 Millionen Euro im Jahr ein und haben damit kombiniert mehr Gelder zur Verfügung, als alle Top-Verbände weltweit.

Drohender Spielerstreik in England

In England wird aktuell der 15. August als Datum für den Neustart der Premiership anvisiert. Ob es dazu kommen wird, ist aber aktuell noch sehr fraglich. Nachdem sich die Klubs der Premiership darauf geeinigt haben, die Gehaltsobergrenze um 1,5 Millionen € zu reduzieren, droht nun Ärger mit den Spielern.

Seit einigen Tagen machen Gerüchte über einen anstehenden Spielerstreik die Runde. Der Grund: Die Premiership-Klubs wollen die 25% Gehaltsreduktion, die ein Großteil der Spieler coronabedingt akzeptiert haben, langfristig festschreiben. Spieler würden, so die Spielergewerkschaft RPA, unter Druck gesetzt dies zu akzeptieren.

Mit einer morgen ablaufenden Deadline haben die Klubs dazu ein großes Druckmittel. Einer Übergangsregelung der Klubs zufolge, werden Verträge die bis zum 18. Juni unterschrieben wurden, nur zu 75% auf die Gehaltsobergrenze angerechnet. Eigentlich sollte dies bestehende Verträge schützen und Notverkäufe von Spielern obsolet machen.

Einige finanziell besser gestellte Klubs nutzen diese Regelung nun aber, um noch vor der Deadline morgen um 24 Uhr auf Shopping-Tour auf dem Spielermarkt zu gehen. Spieler mit auslaufenden Arbeitspapieren, werden derweil unter Druck gesetzt, reduzierte Bezüge zu akzeptieren, die dann auch noch nur zu 3/4 auf die Salary Cap angerechnet werden - doppelt vorteilhaft für die Klubs also.

All dies hat zu viel Unbehagen unter den Spielern geführt. RPA-Chef und Harlequins-Prop Mark Lambert hat jedenfalls einen Streik nicht ausgeschlossen, um eine fairere Behandlung der Spieler zu erzwingen. 

Australien wagt Neustart mit sieben Regeländerungen

Das Land des zweimaligen Weltmeisters, in dem bereits seit einigen Wochen wieder Rugby League gespielt wird, hat seinen Neustart nun für den 3. Juli terminiert. Am 15. März hatten die Brumbies daheim das allerletzte Super-Rugby-Match gespielt, jetzt soll es Down Under endlich wieder losgehen und zwar wie in Neuseeland mit einem Wettbewerb der vier heimischen Super-Rugby-Teams plus der Western Force. Doch einen Hype, wie im Nachbarland Neuseeland, wird es nicht geben.

Zunächst dürfte der Neustart in Australien ohne Zuschauer stattfinden. Außerdem haben die in Australien beliebteren Ligen AFL im Australian Rules und NRL im Rugby League bereits wieder mit dem Spielbetrieb begonnen. Bei Rugby Australia will man sicherlich auch deswegen das Spiel für die eigenen Fans attraktiver machen und hat dazu sieben Regeländerung verkündet, die in Zusammenarbeit mit den Coaches der fünf Teams festgelegt wurden.

Neben den auch in Neuseeland implementierten schärferen Auslegungen am Kontaktpunkt, um das Spiel schneller zu machen, hat man in Australien zwei Innovationen aus dem Rugby League übernommen. Der Goalline Dropout nach einem hochgehaltenen Ball im Malfeld - dann darf das verteidigende Team einen Dropkick von der eigenen Mallinie treten, statt eines Fünf-Meter-Gedränges für die Angreifer.

Ebenso wird der 50-22 Kick eingeführt - kickt ein angreifendes Team aus der eigenen Hälfte den Ball in die gegnerische 22 und der Ball rollt dort ins Aus, erhält das kickende Team dort eine Gasse. Dies soll Verteidiger zum Absichern der 22 binden und somit mehr Raum zum Angreifen schaffen.

Ebenso wie in Neuseeland, werden Teams auch in Australien nach 20 Minuten einen mit Rot des Feldes verwiesenen Spieler ersetzen können. Die Mark, also der Freitritt nach gefangenem Kick in der 22, soll nicht mehr gelten, wenn der Kick auch aus der 22 erfolgt ist. Dies soll einen kurzen Chipkick für angreifende Teams attraktiver machen.

Zuletzt wird im Falle eines Unentschiedens zehn Minuten lang nach dem Golden-Point-Prinzip gespielt - der erste erzielte Punkt, ob Dropgoal, Versuch oder Straftritt, entscheidet dann das Spiel. Erst wenn es nach 90 Minuten noch immer unentschieden steht, wird das Spiel auch Remis gewertet.

All Blacks wollen 300 Millionen NZ$ über Trikotwerbung einnehmen

Rugby in Neuseeland könnte aus dieser Krise im internationalen Vergleich mit dem geringsten Schaden hervorkommen. Der Verband NZRU und die Spieler einigten sich bereits im April auf Gehaltskürzungen von bis zu 50%. Nun hat das nahezu Corona-freie Land als erstes wieder Ticketing-Einnahmen zu verzeichnen - allein am letzten Wochenende gingen 63.000 zahlende Fans durch die Drehkreuze der Stadien von Aotearoa, ein Millionen-Segen für den Verband, der sich auf bis zu 50% Einnahmeausfälle eingestellt hatte.

Als erstes Land kann Neuseeland wieder zahlende Zuschauer empfangen, nun winkt ein weiterer Geldsegen in Form eines Sponsor-Deals

Der nächste Geldsegen steht der NZRU nun ins Haus. Der auslaufende Trikotsponsor-Deal mit dem amerikanischen Versicherungskonzern AIG läuft im kommenden Jahr aus - AIG war der erste Trikotsponsor bei den All Blacks überhaupt und nun soll laut NZ Herald eine amerikanische Agentur die Rechte übernehmen und einen Sponsor auftreiben. Das Paket aus den Trikots der All Blacks, den All Blacks 7s, den Maori All Blacks, sowie den Black Ferns und Black Ferns 7s soll dem Verband nun trotz schwierigem wirtschaftlichen Umfeld 300 Millionen Neuseeland-Dollar über fünf Jahre einbringen.

Das entspricht in etwa dem, was der FC Bayern München pro Jahr vom Hauptsponsor Telekom überbewiesen bekommt und wäre mit Abstand der größte Sponsoring-Deal im professionellen Rugby. Nachdem sich die Machtverhältnisse im internationalen Rugby immer weiter Richtung Europa verschoben hat, würde ein solcher Deal den Neuseeländern nun im Wettrennen mit ihren europäischen Konkurrenten wieder etwas Luft zum atmen verschaffen.

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