Der Autumn Nations Cup: Chance für Fidschi & Georgien, Deutsche Fans schauen in die Röhre
Geschrieben von TotalRugby Team   
Donnerstag, 12. November 2020

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2017 schrammte Georgien knapp an der Sensation vorbei und verpasste den Sieg in Cardiff nur knapp - gelingt es den Lelos dieses Mal? Foto (c) Perlich

Die Six Nations wurden gerade Mal vor zwei Wochen entschieden (TR berichtete), schon geht es in den nächsten Wettbewerb. Der Autumn Nations Cup, erst vor zwei Monaten als Ersatz für die November Internationals verkündet, beginnt bereits morgen Abend mit dem Duell Wales-Irland. Drei Gruppenspieltage und eine Platzierungsrunde mit den Six-Nations-Teams plus Georgien und Fidschi bestimmen den Sieger des Cups, der wohl nur ein einziges Mal ausgetragen wird. Aber auch wenn der Name nicht locker über die Zunge rollt, die Vorfreude auf vier weitere Wochenenden mit internationalem Rugby ist da. Einzig: Aus Deutschland sind die Spiele nur schwer zu empfangen.

Der Wettbewerb: Six Nations plus Georgien und Fidschi

Nach monatelangen Gerüchten stand es Anfang September endlich fest. Der sogenannte Autumn Nations Cup ersetzt im Corona-Jahr 2020 die traditionellen November-Gastspiele der Südhemisphären-Teams in Europa. Die Six-Nations-Teams plus Georgien und Fidschi treten über drei reguläre Spieltage, sowie eine abschließende Platzierungsrunde gegeneinander an.

Was aus der Not geboren wurde, gibt Georgien und Fidschi erstmals die Chance in einem, soweit man im Jahr 2020 überhaupt davon sprechen kann, regulären Wettbewerb gegen die Weltspitze anzutreten. Gerade für Georgien ein Segen, nachdem die Lelos seit Jahren auf ihre Chance pochen, eine Perspektive auf einen Six-Nations-Aufstieg zu erhalten.

Gruppe A Gruppe B
England Frankreich
Georgien Schottland
Irland Italien
Wales Fidschi

Der Organisator des Cups ist die Six Nations Rugby Limited, eben jenes privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen, welches das gleichnamige Turnier jeden Frühjahr organisiert. Kein Wunder, dass man in der Dubliner Zentrale zunächst nichts von einer Teilnahme der Georgier wissen wollte - Japan war der eigentliche Wunschkandidat.Japan hatte mit seinem Viertelfinaleinzug bei der WM letzten Jahres nicht nur sportliches Potenzial unter Beweis gestellt, eine Mehrheit der 126 Millionen Japaner hatte obendrein eine Schwäche für den ovalen Ballsport gezeigt. Aus kommerzieller Sicht um eine vielfaches lukrativer, als das kleine und vergleichsweise arme Kaukasus-Land Georgien.

Japans Regierung jedoch verhinderte mit seiner strikten COVID-Politik de facto eine Teilnahme des japanischen Teams. Selbst dem Trainerteam um den Neuseeländer Jamie George wurde trotz gültiger Aufenthaltserlaubnis Corona-bedingt die Einreise verweigert. Dazu hat aktuell einzig Kotaro Matsushima regelmäßige Spielpraxis, da er mittlerweile für Clermont aufläuft, während in Japan das professionelle Rugby komplett ruht.

Der Spielplan (alle Angaben dt. Zeit):

1. Spieltag
Irland - Wales (13. November, 20 Uhr)
Italien - Schottland (14. November, 13:45)
England - Georgien (14. November, 16 Uhr)
Frankreich - Fidschi (15. November, 16:15

2. Spieltag
Italien - Fidschi (21. November, 13:45 Uhr)
England - Irland (21. November, 16 Uhr)
Wales - Georgien (21. November, 18:15 Uhr)
Schottland - Frankreich (22. November, 16:00 Uhr)

3. Spieltag
Schottland - Fidschi (28. November, 14:45 Uhr)
Wales - England (28. November, 17 Uhr)
Frankreich - Italien (28. November, 21:10 Uhr)
Irland - Georgien (29. November, 15 Uhr)


Die Neulinge im Bunde: Georgien und Fidschi

Für Georgien dürfte es nicht viel einfacher werden, als es für die Japaner geworden wäre, wie man bereits vor zwei Wochen erahnen konnte, als die Lelos in einem Vorbereitungsspiel gegen Schottland mit 7-48 untergegangen war. Seit der WM hat es bei den Georgiern einen Umbruch gegeben. Der neuseeländische Coach Milton Haig ging nach acht Jahren und wurde durch den Georgier Levan Maisashvili ersetzt.

Einstige Leistungsträger wie Superstar Mamuka Gorgodze, Rekordnationalspieler David Kacharava, oder der beste georgische Punktesammler Merab Kvirikashvili stehen nicht mehr im Georgien-Aufgebot. Trotzdem finden sich weiterhin elf Top-14-Profis im Georgien-Kader, darunter fünf Props. Zusammen mit Leicester-Hakler Shalva Mamukashvili bilden sie einen imposanten Sturm, den Eddie Jones erst vorletztes Jahr als kraftvollsten der Welt bezeichnete.

Realistischerweise werden die Georgier aber in ihrer Gruppe A für Vizeweltmeister England, Irland und Wales eher ein Sparringspartner sein. Am realistischsten dürfte noch ein Sieg gegen Wales am zweiten Spieltag sein. 2017 hatte Georgien Wales am Rande einer Niederlage und verlor am Ende knapp mit 6:13 im Cardiffer Rugby-Tempel. Dies nun nach dem personellen Umbruch und mit einem Interimstrainer zu wiederholen, wäre für Georgien ein Coup.

Fidschi in Gruppe B hat schon eher eine Chance für Aufsehen zu sorgen. Nicht nur spielen die Pazifik-Insulaner mit Frankreich, Italien und Schottland gegen die vermeintlich schwächeren Gegner, die die Flying Fidjians allesamt in den letzten drei Jahren bereits schlagen konnten. Mit Innen Semi Radradra, Zweite-Reihe-Stürmer Leone Nakarawa und Josua Tuisova haben die Fidschianer drei absolute Weltklasse-Spieler in ihren Reihen, die ein Spiel auch Mal eine alleine mit einem brillanten Moment entscheiden können.

November 2018 konnte Fidschi Frankreich in Paris schlagen, gelingt den Insulanern der Coup erneut?

Die Favoriten: Kommt es zum Traumfinale England-Frankreich?

Auch wenn Frankreich erst vor zwei Jahren daheim in Paris gegen Fidschi verloren hat, dürften les Bleus in ihrer jetzigen Form doch der überragenden Favorit sein. Mit den beiden deutlichen Siegen gegen Wales und Irland im Rücken können die Franzosen an diesem Sonntag in Vannes bereits die Weichen auf Gruppensieg stellen.

Erhebliches Stolperpotenzial besteht allerdings auch eine Woche darauf, wenn die Franzosen ein zweites Mal in diesem Jahr im Murrayfield von Edinburgh antreten. Ohne Zuschauer dürfte die Atmosphäre weitaus weniger hitzig sein, als Anfang März. Damals kostete eine rote Karte für Prop Mohamed Haouas den Franzosen die Chance auf den Sieg.

Sollte Frankreich diese beiden Tests bestehen und dann am dritten Spieltag noch erwartungsgemäß daheim gegen Italien bestehen, würde im Finale des Autumn Nations Cup der Sieger der Gruppe A werden. Sollte sich Favorit England durchsetzen, würde Rugby-Fans am zweiten Adventswochenende eine vorzeitige ovale Bescherung erwarten.

Viel spricht für die Engländer, die nach ihrem Vizeweltmeistertitel in Japan nun auch die Six Nations gewinnen konnten. Für das erste Spiel gegen Georgien hat Eddie Jones dementsprechend auch eine sehr starke XV aufgeboten. Super-Flanker Jack Willis kommt zu seinem Debüt kommen, Maro Itoje spielt in der dritten Sturmreihe auf der Sechs und soll den England-Sturm gegen den georgischen Ansturm rüsten. Farrell und Youngs bleiben auf Verbinder und Halb.

Seit drei Jahren überragend für Leinster: Irlands Neuling James Lowe

Wobei man Irland nicht unbedingt abschreiben sollte. Zwar haben die Boys in Green vor zwei Wochen in Paris defensiv Schwächen offenbart und waren les Bleus trotz Titel-Chance am Ende klar unterlegen. Gleichwohl wurde der Kader seitdem um einen umstrittenen Superstar verstärkt. Die Rede ist von James Lowe, dem gebürtigen Neuseeländer, der nach drei Jahren in Irland aufgrund der viel kritisierten Residency Rule nun für das Land spielberechtigt ist.

Lowe spielte in Neuseeland für die Chiefs und fand den Weg dorthin vom Nelson College und über die Tasman Mako, den gleichen Weg, den Anton Segner gerade beschreitet. Lowe ist mit knapp 1,90 m und über 100 kg, sowie als ehemaliger Leichtathlet äußerst dynamisch. In Neuseeland kam er aber nie über einige Einsätze für die Maori All Blacks hinaus. Nach 49 Einsätzen und 33 Versuchen im Leinster Dress nun der bereits absehbare erste Einsatz für Irland.

Deutschlands Rugby-Fans schauen weitestgehend in die Röhre

Als der Autumn Nations Cup im September zusammen mit der Übertragung des Turniers in Großbritannien auf Amazon Prime verkündet wurde, haben wir von TR bei der Pressestelle des Unternehmens angefragt, ob Amazon Prime auch hierzulande überträgt. Das wurde uns verneint und bis heute ist auf der Webseite des Turniers kein TV-Partner für Deutschland angegeben.

Somit wird es für deutsche Fans schwer, das Turnier verfolgen zu können. France 2, das französische Äquivalent zum ZDF bei uns, wird die Spiele der XV de France übertragen. Viele Kabelanbieter führen den Kanal auch in Deutschland. Wer mit einem französischen Kommentar kein Problem hat, kann so zumindest vier Spiele verfolgen.

Deutsche Fans in Großbritannien, bzw. Mit britischer IP-Adresse können mit einem Amazon-Prime-Account 14 von 16 Spielen des Turniers verfolgen. Der erste Monat ist dabei sogar gratis, danach werden 7,99€ pro Monat fällig. Auf dem britischen Kanal vier werden England-Georgien und Wales-Irland gezeigt. Diese können, mit britischer IP-Adresse sogar umsonst gestreamt werden.

Irland-Spiele können aus Irland oder mit irischer IP-Adresse via RTE verfolgt werden. Für die übrigen Spiele braucht man auch in Irland ein Amazon-Prime-Konto.

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