TR-Vorschau: Krönender Abschluss einer großartigen Saison in Frankfurt
Geschrieben von TotalRugby Team   
Donnerstag, 6. Juni 2019

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Frankfurt geht mit dem Heimvorteil leicht favorisiert ins Finale - jedoch gehen auch die Löwen alles andere als chancenlos ins Endspiel. Foto (c) Seufert-Chang

Die wohl spannendste Saison seit langem findet am Samstag in Frankfurt ihren krönenden Abschluss. Die beiden besten Teams der abgelaufenen Spielzeit stehen sich an der Frankfurter Feldgerichtsstraße gegenüber. Die Gastgeber gehen nach zuletzt starken Leistungen leicht favorisiert in das Duell um den Titel, aber ihnen gegenüber wird eine Mannschaft stehen, hinter der ein ganzer Stadtteil steht.

Wir brauchen uns nichts vormachen, die Rugby-Bundesliga war in den letzten Jahren langweilig geworden. Der HRK war zum Abo-Meister mutiert, hatte sich in den letzten neun Jahren acht Titel gesichert und man hätte die Ergebnisse im Oberhaus fast blind tippen können. Es stellte sich eine gewisse Routine ein, doch das hat sich spätestens seit dem letzten Sommer geändert. Die Liga ist spannender denn je und am späten Samstag-Nachmittag werden wir wissen, wer der erste Meister nach dem Ende der ultra dominanten HRK-Ära ist.

Für beide Kontrahenten ist das Finale am Samstag alles andere als Routine. Die Frankfurter hatten den Titel zuletzt 2009 geholt, bei den Handschuhsheimer liegt die letzte Meisterschaft noch viel länger zurück - 1957 konnte der TSV die bisher einzige Meisterschaft der Vereinsgeschichte feiern. Umso größer ist die Vorfreude bei beiden Teams.

Ganz Handschuhsheim will den Titel

1880-Kapitän Hassan Rayan, der seine sechste Saison für die Erste der 80er absolviert erklärt im Gespräch mit TR: „Man merkt, alle stehen hinter einem, im Verein und im gesamten Umfeld.“ Sein Gegenüber, TSV-Kapitän Sven Wetzel, bestätigt Ähnliches aus Handschuhsheim. „Eine so große Euphorie habe ich noch nicht erlebt, egal wo man hinkommt in Heidelberg und erst recht in Handschuhsheim, man wird auf das Finale angesprochen“, wie der gebürtige Handschuhsheimer, der seit über einer Dekade für die Erste der Löwen spielt, gegenüber TR erläutert.

Rugby-Deutschland blickt am Samstag nach Frankfurt

Auf den Rängen dürfte es trotz Frankfurter Heimvorteil eine fast ausgeglichene Angelegenheit werden - nachdem bereits in Hannover zum Halbfinale über 100 Löwen-Anhänger zu gegen waren, werden es beim Finale noch Mal deutlich mehr sein. Bereits vier Fanbusse hat man beim TSV bestellt und gefüllt und darüber hinaus werden sich noch zahlreiche Anhänger des Klubs aus dem Norden von Heidelberg individuell auf den nur einstündigen Weg nach Frankfurt begeben.

Rein sportlich gesehen geht Frankfurt leicht favorisiert in die Partie. Nicht zuletzt wegen den beiden Siegen im regulären Saisonverlauf  über die Löwen (13:10 und 42:26). Speziell der Auswärts-Sieg im letzten Rückrunden-Spiel war überraschend deutlich. Doch wegen des deutlichen Ergebnisses im Handschuhsheimer Lions Park will man sich bei 1880 nicht in falscher Sicherheit wiegen. „Wir wissen, dass das Ergebnis von vor drei Wochen bedeutungslos ist“, betont 1880-Kapitän Rayan.

1880-Coach Schmidt: Den Druck machen wir uns selber

Sein südafrikanischer Coach Byron Schmidt erklärt: „Es ist im Endeffekt nur ein Rugby-Spiel, beide Teams können es gewinnen.“ Wir von TR wollten wissen, ob die vermeintliche Favoritenrolle eine Bürde für die Gastgeber sei, doch Schmidt wiegelt dahingehend ab und betont: „Wenn dann machen wir uns nur selbst Druck!“ Aber dennoch räumt Schmidt ein, dass die meisten Beobachter aufgrund der bisherigen Ergebnisse und dem Heimvorteil 1880 als Favoriten sehen.

Auf dem Platz werde man versuchen den TSV mit den gleichen Waffen zu knacken, wie vor drei Wochen. Dabei, so Schmidt weiter, habe man durchaus noch Steigerungspotenzial. „Wir werden versuchen unsere leichtsinnigen Momente, die dem TSV damals zu Versuchen verholfen hatten, auszumerzen und erneut genauso hart zu verteidigen.“ Anflüge von Nervosität fürchtet man bei 1880 derweil nicht. Die erfahrenen Akteure, allen voran Michael Poppmeier im Sturm, hätten einen beruhigenden Einfluss auf das gesamte Team. Man werde deshalb auch in hektischen Momenten die Ruhe bewahren.

Inspiration von der Meister-Mannschaft von 1957

Für die Löwen würde der Titel vielleicht noch etwas mehr bedeuten. Nicht nur weil der letzte Titel so viel weiter zurück liegt, als bei 1880. Der enge Zusammenhalt im Stadtteil rund um die historische Tiefburg auf der Nordseite des Neckars sorgt seit jeher für ein besonderes Gemeinschaftsgefühl beim TSV. Die einzige Löwen-Meistermannschaft, die 1957 den Titel für den TSV errang, war erst vor zwei Monaten auch beim Training der ersten Herren. Das Gespräch mit den Veteranen des Traditionsklubs dürfte dem aktuellen Kader sicher eine Inspiration gewesen sein. 

„Dieser Klub ist eine tolle Gemeinschaft und wir können Geschichte schreiben“ ist sich Löwen-Trainer Gordon Hanlon sicher. Der Ire ist in seiner zweiten Saison beim TSV und mit dem zweiten Titel der Vereinsgeschichte würde er sich in Handschuhsheim ein Denkmal setzen. Die Zeiten, in denen eine Saison mit einem Sieg über den Erzrivalen SCN zum Erfolg wurde, sind jedenfalls vorbei. Die Ansprüche sind auch bei den Löwen gestiegen.

Wie man das doch deutliche Ergebnis von vor drei Wochen umdrehen will, haben wir von TR den Iren gefragt, der optimistisch an die Aufgabe geht: „Wir müssen rausgehen und unser Spiel spielen. Es ist bisher schon eine tolle Saison für uns gewesen, aber Samstag können wir sie krönen.“ Beim Rückrundenspiel habe man selbst das Spiel aus der Hand gegeben und dafür die Quittung erhalten.

Jetzt, so Hanlon weiter, gelte es die starke Hintermannschaft um Syme, Coetzee und Katoa besser ins Spiel zu bringen und gleichzeitig bei den Standards mehr Druck auszuüben. Dann habe man auch eine realistische Chance auf den Titel, so die Überzeugung im TSV-Trainerteam. So auch der Tenor bei Löwen-Kapitän und Hakler Sven Wetzel - gerade die intensive Arbeit bei den Standards werde am Samstag Früchte tragen.

TotalRugby-Prognose: Perfekte Rugby-Bedingungen bei 22 Grad und Sonnenschein, eine große Zuschauerkulisse und zwei Teams, die sich nichts schenken werden: Das Finale um die deutsche Meisterschaft verspricht ein richtiges  Rugby-Fest zu werden.

Dabei treffen erneut zwei gänzlich unterschiedliche Rugby-Konzepte aufeinander: Frankfurts kontrolliertes und taktisch diszipliniertes Spiel mit Raynor Parkinson als Präzisions-Kicker gegen den kreativeren Ansatz der Löwen mit ihrer individuell stark besetzten Hintermannschaft.

Vor drei Wochen hatte 1880 die Löwen konsequent in ihrer Hälfte eingeschnürt - diese hatten nicht nur keine Antwort parat, sondern zu allem Überfluss noch massive Probleme mit der Gasse. Sollte die intensive Arbeit an den Standards daran nichts geändert haben, wird es für den TSV auswärts ganz schwer Frankfurt Probleme zu bereiten.

Aber wenn die Löwen gut ins Spiel kommen, können sie dem Sport-Club mit ihren Topspielern durchaus Probleme bereiten. Dann dürfte sich das Spiel erst in den allerletzten Minuten entscheiden - aber genau für solche Schlachten hat Frankfurt mit Michael Poppmeier und Raynor Parkinson zwei unglaublich erfahrene Türme in der Schlacht, die den Überblick und einen kühlen Kopf bewahren. Frankfurt gewinnt mit +6 Punkten und sichert sich die siebte deutsche Meisterschaft.

Das Finale wird von der Hessenschau des HR im Livestream gezeigt. Den Stream könnt ihm im Samstag bei TotalRugby.de finden.

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Kommentare (1)add comment

Volker Kraft said:

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Danke
Vielen Dank an TR für die wie immer gute Vorschau. Aber wie auch immer das Spiel ausgeht, es wird ganz sicher eine Werbung für unseren Sport werden. Ich freue mich sehr darauf.
Allerdings hoffe ich, dass Ihr wie in den letzten beiden TSV Spielen, mit eurem Tipp falsch liegt. ;-)
Juni 07, 2019

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