TR-Interview mit Sebastian Fromm: „Das wichtigste Jahr meiner Karriere“
Geschrieben von TotalRugby Team   
Mittwoch, 19. Dezember 2018

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Sebastian Fromm ist zurück - sowohl im Trikot der DRV VII, als auch in Deutschland bei seinem Jugendklub RGH. Foto (c) Perlich

Den deutschen Rugby-Fans ist Sebastian Fromm als Leistungsträger in der DRV VII bekannt. Nach acht Jahren in Irland ist der durchsetzungsstarke Innen wieder in Deutschland und hat am Samstag hat sein Bundesliga-Debüt für die RGH gegeben. Wir haben uns mit dem 24-jährigen über sein Bundesliga-Debüt und die anstehende wichtigste Saison seiner Nationalmannschaftskarriere unterhalten.

TotalRugby: Hallo Sebastian, erst einmal vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast. Seit wann bist du wieder aus deinem Irland-Exil permanent zurück in Deutschland?

Sebastian Fromm: Kein Problem, ich bin etwa seit Ende Mai wieder in Deutschland.

TR: Die ersten Monate konntest du aber aufgrund deiner Schulter-Verletzung nicht trainieren…

SF: Genau, das ist richtig. Ich bin drei Tage, nachdem ich in Deutschland angekommen bin, operiert worden.

TR: Was genau war das Problem?

SF: Ich hatte in Hongkong im April wieder eine Luxation (Schulter-Ausrenkung), das war ja bereits das zweite Mal. Die OP war ein größerer Eingriff dieses Mal - da wurde ein Knochen abgesägt und wo anders wieder dran gesetzt. Aber es ist gut verlaufen, nur musste ich dann sechs Monate aussetzen.

TR: Dir wurde wirklich ein Stück Knochen abgesägt und wo anders wieder eingesetzt?

SF: Genau, damit die Schulter nach vorne nicht mehr rausspringt, die haben sozusagen die Luxation geblockt. Dazu noch ein paar weitere Dinge, damit das anatomisch stabiler ist.

TR: Du studierst ja mittlerweile Medizin in Heidelberg, kannst du das Ganze ein wenig besser einschätzen, was da mit dir gemacht wurde?

SF: Definitiv (lacht). Wir hatten im ersten Semester viel Anatomie und haben mit dem Bewegungsapparat angefangen, die Knochen gelernt, da waren natürlich auch die Rotatorenmanschette und die Schultergürtelmuskeln dabei. Da konnte ich das nachvollziehen, ich hab mir sogar danach noch ein paar Videos angeschaut, was da genau gemacht wurde, um es für mich selbst zu veranschaulichen im Nachhinein.

TR: Seit wann bist du jetzt wieder im vollen Training, mit Vollkontakt?

SF: Etwa seit zwei Monaten.

TR: Du bist ja jetzt, wo du wieder in Heidelberg bist, erneut bei deinem Jugendklub RGH. Kennst du noch ein paar Spieler aus deinen eigenen Nachwuchsjahren?

SF: Aus meinen eigenen Jugendjahren tatsächlich nur zwei, namentlich Tim Schiffers und Manuel Müller, der gerade verletzt ist. Sonst sind es halt viele Gesichter, die ich schon von früher kannte. Spieler, die damals schon bei den Herren waren. Wenige aus meiner U-18-Mannschaft.

TR: Kurzer Rückblick, du warst jetzt acht Jahre in Irland. Du hast für die Mannschaft deines Trinity Colleges auch in der „All Ireland League“ (AIL), der höchsten irischen Liga, direkt unter Munster, Leinster usw. gespielt. Samstag hast du dein Bundesliga-Debüt im Heidelberger Derby gegeben - wie kann man die Bundesliga mit der AIL vergleichen?

SF: Vom ganzen Set-Up her ist es natürlich professioneller. Es gibt mehr qualitativ hochwertige Mannschaften. Physisch, spielerisch und von den Zuschauern her ist es schon ein anderes Level.

Dennoch, mein Debüt war fantastisch. Ich hatte mich seit langem gefreut endlich Mal in der Bundesliga spielen zu dürfen. Ich habe mich immer als RGHler gesehen, aber so richtig Teil der Mannschaft habe ich mich nicht gefühlt, da ich ja kein Spiel absolviert hatte und auch nicht mit den ganzen Jungs auf dem Platz stehen zu können. Es war für mich enorm wichtig, diesen Schritt gemacht zu haben. Es war auf jeden Fall ein wichtiger Moment für mich.

Der TSV war an dem Tag gut besetzt, die haben stark gespielt. Mein direkter Gegenspieler war Eden Syme, der ehemalige League-Spieler - es war schön so einen physisch starken Gegenüber zu haben. Es war ein tolles Spiel, auch wenn wir am Ende verloren haben.

 

Nach dem Bundesliga-Debüt: "Sehe aus wie ein Kanarienvogel"

TR: Außerdem hast du noch ein anderes Souvenir von diesem Spiel….

SF: Ja, (lacht). Ich bin in der letzten Aktion mit der Neun oder Zehn, da ist alles noch ein wenig wirr, zusammengeknallt. Jetzt habe ich ein Ei im Gesicht, ich war auch kurz weg und habe mit Sicherheit eine Gehirnerschütterung. Ich werd die Tage noch einmal durchs CT, um sicherzugehen, dass da nichts gebrochen ist und eventuell noch Mal zum HNO-Arzt um die Nase ein wenig richten zu lassen, aber an sich ist es nichts Tragisches.

TR: Nicht, dass du am Ende aussiehst, wie Michael Poppmeier…

SF: Absolut! Die Nase ist auf jeden Fall ein wenig zur Seite verrenkt und ich kann durch das linke Nasenloch nicht so richtig atmen. Ich sehe dazu so ein wenig aus, wie ein Kanarienvogel. In der Uni ist das natürlich hervorragend, da ziehe ich enorm viele Blicke auf mich. Die meisten machen dort sowieso keinen Sport und ich sehe aus wie so ein Schläger, was bei Medizinern ungewohnt ist.

TR: Das andere große Thema, über das wir mit dir sprechen wollten, ist die Nationalmannschaft. Du warst ja bereits in Dubai wieder dabei….

SF: Genau. Das waren nur zwei Wochen nachdem ich wieder ins Kontakttraining durfte, es war echt eng, hat aber am Ende geklappt.

TR: Mit Hongkong ist ja schon das erste ganz große Ziel auf dem Horizont, das motiviert dich dann, um im Training Vollgas zu geben und auch den Stress mit der Uni auszuhalten?

SF: Auf jeden Fall, das war von Anfang an mein Ziel Uni und das Rugby unter einen Hut zu bekommen. Nur leider zeigen die bei der Uni sehr sehr wenig Kulanz, weil der Sport für die definitiv keine Priorität ist. Aber wenn ich es weiter schaffe, morgens zu trainieren und tagsüber zu lernen, werde ich das auf jeden Fall weiter durchziehen. Wenn ich meine Klausuren so legen kann, dass ich auch bei ein- oder zweiwöchigen Lehrgängen dabei sein kann.

TR: War die Siebener-Nationalmannschaft auch ein Faktor bei deiner Entscheidung nach Heidelberg zu kommen?

SF: Absolut, ich wollte wieder nach Hause. Ich wollte Heidelberg neu kennen lernen, auch als Student in einem neuen Licht. Bisher war ich ja immer nur zu Hause, in meiner freien Zeit hier. Und natürlich noch mehr, um hier mit der Siebener-Mannschaft trainieren zu können.

 

 

TR: Mit der Chance auf die World Series und der möglichen Qualifikation für Olympia dürfte dies ja ein unglaublich wichtiges Jahr für dich werden.

SF: Ich werde da alles geben. Die Motivation ist riesig, so große Ziele wie dieses Jahr, hatte ich noch nie. Die Chance auf die World Series und auf Olympia. Im Siebener ist es definitiv das wichtigste Jahr meiner Karriere.

TR: Hast du etwa auch Ambitionen, auch Mal im Fünfzehner für Deutschland aufzulaufen?

SF: Natürlich hätte ich auch wirklich Interesse auch im Fünfzehner für Deutschland zu spielen, aber momentan bekomme ich das zeitlich wohl nicht hin. Jetzt ist es schon eng - mit der Vorbereitung auf Hongkong und Olympia haben wir die Trainingsblöcke noch Mal modifiziert und haben jetzt noch einige Einheiten mehr hinzubekommen.

 

"Wir wissen was wir tun müssen, um Irland zu schlagen"

TR: Den Blick auf Hongkong richtend, die größten Konkurrenten sind eigentlich schon wieder klar, oder?

SF: Ja, Irland definitiv, das ist die größte Konkurrenz. Bei Russland werden sich einige Spieler auf den Rugby World Cup vorbereiten. Die hatten in Dubai auch ein zwei gute Mannschaften am Start, aber der stärkste Konkurrent ist Irland.

TR: Ihr wisst was ihr machen müsst, um Irland zu schlagen?

SF: Auf jeden Fall. In Elche waren sie mit ihrer Top-Mannschaft und es war ein sehr enges Spiel. Wir haben letztes Jahr im GPS auch schon gegen sie gewonnen. Da spielt der psychologische Aspekt eine Rolle. Wir müssen da eine Barrikade durchbrechen. Unschlagbar sind sie auf jeden Fall nicht. Wir müssen das Vertrauen in uns finden, denn wir haben eine richtig starke Truppe am Start. Ich bin da zuversichtlich, dass wir viel erreichen können. 

TR: Neben Olympia und Hongkong wäre da noch ein anderes Highlight im Jahr 2019 - das große Heimturnier in München. 2017 konntest du ja bei den Oktoberfest 7s nicht mitwirken.

SF: Die Vorfreude darauf ist riesig. Letztes Jahr war ich wegen einer Sprunggelenksverletzung draussen, war aber dennoch im Stadion mit den Jungs. Mich hat das dermaßen frustriert, dass ich selber nicht mitspielen durfte. So ein Turnier auf heimischen Boden ist was ganz ganz besonderes und 2019 wird es auf jeden Fall noch Mal ein absolutes Highlight.

2017 konnte Sebastian Fromm verletzungsbedingt kurzfristig nicht bei den Oktoberfest 7s mitwirken, jetzt ist die Vorfreude umso größer

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