TR-Analyse: Knallharter Kampf, verdienter Triumph und ein weiterer Schritt Richtung Japan
Geschrieben von TotalRugby Team   
Sonntag, 11. November 2018

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Kurt Haupt mit dem Jubelschrei nach seinem Versuch.

Es war ein unglaublicher harter Kampf im Stade Delort der französischen Hafenmetropole Marseille. Am ersten von drei Rugby-Festtagen, in deren Verlauf hier das heiß begehrte letzte Ticket für die WM in Japan vergeben wird, stand am Ende einer achtzigminütigen Schlacht zwischen der DRV XV und Hongkong ein klares 26:9 für Schwarz-Rot-Gold. Doch der Weg dorthin war deutlich schwerer, als es das Ergebnis vermuten lässt.

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Unsere Berichterstattung aus Marseille mit freundlicher Unterstützung von Decathlon

Gleich in den ersten Minuten hatte die deutsche Fünfzehn unter Beweis gestellt, was sie in diesem Turnier unglaublich stark machen kann. Phase um Phase knallten die deutschen Stürmer angetrieben von Sean Armstrong unerbärmlich in Hongkongs Defensiv-Linie. Die Asiaten konnten den Ansturm zuerst jedoch standhalten. Unsere schwarzen Adler arbeiteten sich jedoch so bis an die Linie Hongkongs vor, kassierten dann aber einen Turnover.

Als auch der zweite deutsche Ansturm auf die Linie ohne Erfolg blieb, war Hongkong moralisch im Aufwind und setzte vermehrt selbst Akzente. Die Asiaten wurden immer dann brandgefährlich, wenn sie das Spiel schnell machen konnten. Siebener-Ass Yiu Kam Shing brach gleich mehrmals außen durch die deutsche Defensive und nur der schiere Wille der deutschen Mannschaft hielt sie in diesen Momenten im Spiel. Scheinbar sichere Versuche von Shing wurden gleich drei Mal von der hart ackernde Defensive vereitelt, dabei zwei Mal nur wenige Meter vor dem eigenen Loch.

Daran wird die deutsche Mannschaft arbeiten müssen, denn Kanadas Super-Außen van der Merwe würde sich in einer solchen Situation nicht zwei Mal bitten lassen. Die deutsche Mannschaft wiederum war immer dann stark, wenn sie ihr Phasenspiel aufziehen konnte und mit den brutal starken Sturm-Läufen viele Hongkong-Verteidiger binden und gleichzeitig über die Vorteilslinie kommen konnte.

Ein deutscher Debütant war heute sicherlich der destruktivste Ballträger: Kurt Haupt rannte mehrmals seine Gegenspieler förmlich über den Haufen - so entstand auch der erste von zwei deutschen Versuchen. Hongkongs-Achter Thomas Lamboley, der Bruder von Ex-Frankreich-Nationalspieler Gregory Lamboley, hatte Haupt nichts entgegenzusetzen. Der deutsche Hakler überrannte Lamboley und lief die letzten 20 Meter unter dem Jubel der etwa 200 mitgereisten deutschen Fans ins Malfeld.

Auch das Kickspiel der deutschen Mannschaft, vor dem Hongkongs walisischer Trainer im Vorlauf gewarnt hatte, funktionierte im Laufe des Spiels immer besser. Doch in der ersten Hälfte war es Hongkongs Verbinder Rosslee, der die Asiaten mehrmals per Kick in aussichtsreiche Positionen gebracht, als er den Ball präzise Richtung Eckfahne beförderte. Dort hatten Hilsenbeck, Coetzee und Ducau Probleme das Leder zu entschärfen. Durch schieren Willen und etwas Glück hielt die DRV XV aber in diesen Szenen, wie über die ganzen 80 Minuten, ihr Malfeld sauber.

Eine Initialzündung, die überlegene Fitness und die Bank als Schlüssel

Die Wende kam dann Mitte des zweiten Durchgangs, etwa 25 Minuten vor Schluss - mitten in eine starke Phase der Asien-Champions setzte Sean Armstrong einen weiten Boxkick, den der eingewechselte Carlos Soteras Merz sensationell fing, obwohl der Ball gut 35 Meter segelte und von hinten über Soteras Kopf hinwegflog. Diesen Weckruf hatten unsere schwarzen Adler gebraucht - die überlegene Fitness und die hervorragende deutsche Bank taten in der Folge ihr Übriges.

Plötzlich war die DRV-Auswahl in fast jedem Aspekt überlegen, kam mit jeder Phase gegen müde werdenden Hongkong-Stürmer über die Vorteilslinie, setzte im richtigen Moment die taktischen Kicks und ließ bei gegnerischem Ballbesitz rein gar nichts anbrennen. Zweite-Reihe-Stürmer Eric Marks machte diese absolute Drangphase daran fest, dass man mit der überlegenen Fitness einen klaren Kopf bewahren konnte. Kapitän Michael Poppmeier betonte den Willen und den Mut seiner Mannschaft.

 



Bereits über das gesamte Spiel hinweg hatte die deutsche Mannschaft Hongkong im Gedränge im Griff. Julius Nostadt war für seinen Super-Rugby-erfahrenen Gedränge-Gegenspieler Grant Kemp ein Albtraum: Nachdem Schiedsrichter Pascal Gauzere mehrmals das Gedränge neu angesetzt hatte, obwohl Kemp offensichtlich Probleme hatte, mit den Druck klarzukommen, kassierte der in Südafrika geborene Kemp schließlich Gelb. Ein weiterer Schlüssel zum deutschen Sieg.

Die Gasse-Einwürfe waren in der ersten Halbzeit etwas durchwachsen, weswegen die deutsche Mannschaft ihr hervorragendes Paket auch nicht öfter als Waffe einzusetzen wusste. Mehrmals schoben die schweren deutschen Jungs ihre Gegenüber nach Lust und Laune Richtung Hongkong-Malfeld. Sollte der Gasse-Einwurf gegen Kanada besser funktionieren, könnte dies zu einem Schlüssel werden. Doch die Canucks haben mit Evan Olmstead (Newcastle Falcons) und Tyler Ardron (Chiefs, Neuseeland) zwei absolute Gasse-Gurus im Sturm.

Kanada dürfte, angesichts des souveränen Sieges der Nordamerikaner über Kenia, die Vorentscheidung in Sachen WM-Quali sein. Es bleiben nur sechs Tage bis zum Spiel gegen die Canucks. Die deutsche Mannschaft wird mit Mathieu Ducau, der eine Schulterverletzung erlitt, wohl einen Ausfall zu beklagen haben. Doch mit Steffen Liebig und Tim Biniak gibt es zwei Kandidaten, um den Außen zu ersetzen. Für die deutsche Mannschaft gilt es jetzt sich von dieser Schlacht zu erholen und vor Kanada an der Feinabstimmung zu arbeiten.

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