TR-Review Rugby Championship: Argentinien gelingt der Befreiungsschlag, Wallabies in der Krise
Geschrieben von TotalRugby Team   
Montag, 27. August 2018

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Bei der Beauden-Barrett-Show konnten die Wallabies meist nur hinterherschauen.

Sie können es doch noch: Nach acht Niederlagen und nur einem mickrigen Sieg gegen Italien in den vergangenen zwölf Monaten ist los Pumas der so ersehnte Befreiungsschlag gelungen. Mit dem erst dritten Sieg im 28. Spiel gegen Südafrika überhaupt meldet sich der WM-Halbfinalist von 2015 nur 13 Monate vor dem nächsten Rugby World Cup zurück. Weltmeister Neuseeland konnte daheim wieder Mal seine Extraklasse unter Beweis stellen - Beauden Barrett mit einer großartigen Partie alle Kritiker verstummen lassen und die Frage lautet nun mehr denn je: Wer kann Neuseeland stoppen?

Argentinien 32 - 19 Südafrika

Der ehemalige Weltklasse-Hakler Mario Ledesma hatte los Pumas in einem geradezu desolaten Zustand übernommen. Im Juni setzte es unter dem alten Trainer Hourcade zuletzt auf heimischen Boden zwei klare Niederlagen gegen nicht einmal in Bestbesetzung antretende Waliser, sowie eine 14:44 Klatsche gegen diejenige schottische Mannschaft, die eine Woche zuvor noch gegen die USA verloren hatte.

Nach einem ordentlichem Spiel in Südafrika zum Ledesma-Debüt, an dessen Ende doch eine Pleite stand, nun der unerwartete Triumph, der auf einer gerade im Sturm großartigen Leistung fußte. Dabei hatten die Springboks den klar besseren Start erwischt: Kapitän Sia Kolisi hatte sich aus einem Tackle von Pumas-Verbinder Nicolas Sanchez gewunden und hatte die 40 Meter bis zur Linie in Manier eines Außen zurückgelegt. Der mobile Dritte-Reihe-Stürmer hätte fast noch nachgelegt, doch bei seinem zweiten Durchbruch wurde der erste farbige Kapitän der Springboks noch eingeholt.

Stattdessen übernahm Argentinien vor 40.000 in Mendoza langsam aber sicher das Zepter. Verbinder Sanchez machte sich daran seinen Fehler, der zum ersten Boks-Versuch geführt hatte, wieder gut zu machen. Sein Innenpass brachte Boffelli durch die Lücke und der wiederum legte auf den erst 21-jährigen Außen Bautista Delguy ab, der in der Ecke toll abschloss. Nur Minuten später machte Delguy dann den Doppelpack perfekt, als die Pumas nach einem dominanten Gedränge im Mittelfeld schnell auf die kurze Seite aufbrachen.

Wiederum nur Minuten später fast der dritte Pumas-Versuch, lediglich ein unsportliches Foul von Zweite-Reihe-Hüne Etzebeth, der zynisch im Ruck liegend den Ball aus den Händen des Halbs riss, verhinderte weitere Punkte. Doch nach der folgerichtigen Gelben konnte Sanchez nunmehr selbst punkten und sorgte anschließend mit einem Straftritt für die 27:7 Pausenführung. Kurz nach Wiederanpfiff die Vorentscheidung mit einem weiteren schnellen Konter über Außen, den der andere Außen Ramiro Moyano abschloss.

Zwei Versuche der Boks, jeweils nach toller Vorarbeit durch Willie le Roux und abgeschlossen von Lionel Mapoe waren nicht mehr als Ergebniskosmetik. Argentinien feierte den Sieg als einen Befreiungsschlag - die Pumas sind wieder da. Für die Boks wiederum ist es erstmal nur ein Rückschlag, mehr nicht. Die defensive Anfälligkeit hatten wir bei TR schon bei den Siegen über Argentinien und England hervorgehoben. Diese muss Trainer Rassie Erasmus dringend beheben, bevor es demnächst gegen Australien und Neuseeland geht. Eine weitere große Sorge dürfte die Formschwäche von Handre Pollard sein - sollte Elton Jantjies oder der junge Damien Willemse eventuell doch noch eine Chance bekommen?

Neuseeland 40 - 12 Australien

Vor den Augen von Neuseelands Premierministerin Jacinda Ahern, die als erste Regierungschefin mit einer Schwangerschaft während ihrer Amtszeit überhaupt weltweit für Aufsehen gesorgt hatte und Neuseelands globalen Musik-Superstar Lorde wollten sich die All Blacks nicht lumpen lassen. Die Festung Eden Park hielt nicht nur, sie sah eine weitere magische Nacht des Weltmeisters. Wieder einmal sollte es aber bis in den zweiten Durchgang dauern, bis die All Blacks anfingen Australien zu überrenen.  Noch in der ersten Halbzeit hatten die 50.000 in Neuseelands größtem Stadion ein ausgeglichenes Spiel gesehen, in dem die Neuseeländer durch Verbinder Barrett, bedient mit einem cleveren Pass von Aaron Smith, in Front gingen. Die Wallabies wiederum konnten durch ihren Gedrängehalb Will Genia, der sich nach einem Gedränge über die Linie wuchtete, ausgleichen. Aber noch vor der Pause war es wieder Barrett, dieses Mal in Manier eines Abstaubers, der im Support nach einem Pass von Gedrängehalb Smith nur noch über die Linie fallen musste.

Wie so oft gaben die All Blacks dann nach der Pause Vollgas und Barrett, an dessen Position als Neuseelands Nummer zehn noch vor dem Start der Championship in den Medien und von Ehemaligen öffentlich gezweifelt wurde, setzte seine Show fort. Aber erst waren zwei schwere Stürmer des Weltmeisters an der Reihe sich in die Scoret-Liste einzutragen - erst Prop Joe Moody, der aus der Tiefe kommend über die Linie rauschte und gleich drei Australier umkegelte und dann Liam Squire, der nach einem gefühlvollen Kurzpass von Zweite-Reihe-Stürmer Retallick ebenso mit Wucht eine Lücke riss und über die Linie spritzte. Das Spiel war gefühlt nur wenige Minuten nach Wiederanpfiff gelaufen.

Zwar konnte Australiens Verbinder Foley seinen Innen Reece Hodge noch zu einem Ehrenversuch durchstecken. Doch dann kam erneut Barrett und stahl allen die Show - ein toller individueller Versuch nach einem Dummy und einem 50-Meter-Sprint unter die Stangen, sowie ein weiteres Finish, nachdem McKenzie zuvor von der eigenen Linie den Konter eingeleitet hatte, der erst im gegnerischen Malfeld an der Eckfahne endete. Verbinder Barrett, immerhin zwei Mal in Folge Wettspieler des Jahres, hatte seine Ausnahmestellung mit vier Versuchen erneut unter Beweis gestellt und Neuseeland den vermeintlich großen Nachbar einmal mehr gedemütigt. Auch im 16. Jahr in Folge bleibt der Bledisloe Cup in den Händen der All Blacks. Bei den Australiern herrscht Verzweiflung und auch der Posten von Trainer Michael Cheika, der die Wallabies noch bei der letzten WM ins Finale geführt hatte, scheint alles andere als sicher zu sein.

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