TR-Review: RK 03 fertigt Germania ab, 78 mit Kampf-Sieg in Berlin, HRK weiter souverän
Geschrieben von TotalRugby Team   
Sonntag, 29. April 2018

Image
78s-Verbinder Christopher Kopp glänzte mit gleich zwei Versuchen beim Hannoveraner Sieg in Berlin. Foto (c) Perlich

Nachholspieltag in der Rugby-Bundesliga mit drei Partien. Gleich zwei Mal ging es in der Hauptstadt zur Sache: Der hart erkämpfte Sieg von Hannover 78 wir sicherlich so zu erwarten gewesen und auch, dass Germania List beim RK 03 Probleme bekommen könnte. Aber eine derartige Niederlage im dreistelligen Bereich beim Duell Dritter gegen Zweiter ist alles andere als normal in Deutschlands höchster Spielklasse. Der HRK ist indes weiter auf Titel-Kurs und siegte in Neckarsulm mit einer ordentlich durchgemischten Truppe souverän.

Nord/Ost

RK 03 Berlin 105 - 0 SC Germania List

Dass hier der fast schon sicher im Bundesliga-Halbfinale stehende Nord-Vizemeister der vergangenen beiden Jahre gegen den Dritten spielte, hätte man weder am Spielverlauf, noch an der Aufstellung erkennen können. Die Lister Germanen durchgehen gerade eine Verletzungskrise epischen Ausmaßes - Coach Duiane Lindsay, der sich nach der Saison aus Hannover verabschieden wird, um in Polen den Nationaltrainer-Job zu übernehmen, hatte die Ausgangslage vor dem Spiel gegenüber TR in wenig blumigen Worten beschrieben: „Wir stecken ziemlich tief in der Sche**e.“ Mit gerade einmal 13 Mann war die Lister Germania in die Hauptstadt gereist - das Spiel abzusagen, war wegen eines möglichen Punktabzugs keine Option.

So spielte der Gast von Minuten eins an mit nur sechs Mann im Sturm und ohne Flanker. Was für eine Partie sich aus dieser Konstellation ergab, kann sich jeder Rugby-Laie vorstellen. Immer wieder fehlten den Germanen, bei denen selbst unter den 13 Spielern noch einige Akteure aus dem Regionalliga-Reserveteam der Hannoveraner waren, schlicht die Männer, um die sich ständig öffnenden Lücken zu schließen. Beim RK 03 war man nicht bereit irgendwelche Geschenke zu verteilen und spielte die eigene Überzahl ein ums andere Mal gnadenlos aus. Zur Pause bereits hatte der RK 03 sage und schreibe 59 Zähler auf dem Konto - die Versuche fielen im Minuten-Takt und lediglich ein einziges Mal kam die Germania gefährlich tief in die Berliner Hälfte. Für einen Versuch reichte es freilich nicht, da ein Vorwurf den seltenen Ausflug in RK-Gefilde beendete.


In Durchgang zwei ein noch klareres Bild - mit zunehmend ermüdenden Germanen kam der RK noch einfacher zu Punkten und nach guten 60 Minuten hatte der Schiedsrichter genug gesehen und pfiff das Geschehen aufgrund des SCG-Spielermangels ab. Beim RK hielt sich die Freude über den höchsten Saisonsieg gegen einen der engsten Konkurrenten in Grenzen: „Traurig, dass sowas in der ersten Liga passiert“. Das war das Fazit von RK-Teammanager Lutz Joachim, der ergänzte: „Spielerisch haben wir es trotzdem gut gemacht und unsere Überzahl gnadenlos ausgenutzt“.  Angesichts der wahrscheinlichen Semifinal-Quali der Gäste fragte sich Joachim weiterhin: „Germania muss sich ernsthaft hinterfragen ob man so in ein Halbfinale gehen kann.“

Gäste-Coach Lindsey betonte ebenso, dass man ein solches Spiel natürlich nie und nimmer haben wolle. Dennoch zollte er denjenigen 13, die sich gestern in Berlin hatten abschlachten lassen, Respekt: „Ich habe tiefste Achtung vor den Jungs, die für uns aufgelaufen sind, besonders die Spieler aus der zweiten Mannschaft.“ Für die SCG muss es nun darum gehen, das Geschehene zu vergessen und in der kommenden Woche die fünf fehlenden Zähler gegen Aufsteiger Odin/Döhren rauszuholen, die den Germanen zur Halbfinal-Quali noch fehlen. Bis dahin, so Coach Lindsay gegenüber TR, werde man hoffentlich sechs oder sieben Spieler aus dem ersten Team wieder zur Verfügung haben. Der RK 03 wird in der kommenden Woche den nächsten Hannoveraner Spitzenverein empfangen und dabei sicherlich auf den nächsten Heimsieg schielen.

Für die Bundesliga insgesamt ist ein Spiel, wie das gestrige an der Berliner Buschallee, alles andere als eine gute Visitenkarte. Immerhin reden wir hier von der höchsten deutschen Spielklasse und zwei der bekanntesten Vereine, die das Geschehen in der Bundesliga-Nordstaffel in den letzten Jahren dominiert haben. Der gedrungene Spielplan, durch den die fast ausschließlich mit Amateuren besetzten Vereine zum Teil fünf oder sechs Spiele in Folge absolvieren müssen, ist sicherlich eines der Probleme. Dennoch sollte auch ein sehr vom Verletzungspech gebeutelter Verein mit einer Reserve-Mannschaft 15 Spieler aufbieten können.

Berliner Grizzlies 12 - 22 Hannover 78

Ein absolutes Kampfspiel bekamen die Zuschauer unweit vom Heidelberger Platz in der Hauptstadt zu sehen. Der Aufsteiger aus der Hauptstadt musste den Tabellenführer auf der Anlage des Stadtrivalen BSV empfangen - doch das Tat dem Drang der Gastgeber keinen Abbruch: Von Beginn an machte der Grizzlies-Sturm Dampf. Nach nicht einmal zehn gespielten Minuten trugen die Anstrengungen des Aufsteigers erste Früchte. Nachdem sich die schweren Jungs der Gastgeber bis tief in die 22 der Gäste und dort konnte Schluss Alton Gray die entscheidende Lücke finden. Hannovers sehr dünn besetzter Kader - die 78er waren nur mit 17 Mann angereist - sollte schon Mitte der ersten Halbzeit um einen weiteren Spieler reduziert sein. Hannovers Hakler Hermann musste früh verletzt vom Platz, der eingewechselte Igor Marinkovic jedoch, sollte sich im weiteren Spielverlauf als Goldgriff herausstellen. 

Erst brachte der heutige Hannoveraner Schluss Jan Piosik, der während der Rugby Europe Championship einige Male für die DRV XV auf der für ihn gewohnten Gedrängehalb-Position aufgelaufen war, seine 78er per Straftritt in Schlagdistanz. Und quasi mit dem Halbzeitpfiff sicherte der eingewechselte Erste-Reihe-Brocken den Gästen die erstmalige Führung. Nach einer 5-Meter-Gasse war der zum Hakler umfunktionierte Prop aus kurzer Distanz unwiderstehlich über die Linie geprescht. Zur Pause waren die Gäste also mit 8:5 knapp in Front. Auch in die zweite Hälfte starteten die 78er deutlich besser: Daniel Windolf spielte Verbinder Christopher Kopp schön zu seinem ersten Versuch frei. In der Folge wurde die Partie deutlich hitziger und aus einem Gerangel abseits des Balles folgten je eine gelbe Karte auf beiden Seiten.

Die Grizzlies hatten scheinbar diesen Weckruf gebraucht und kamen erst per Paket ganz nah ans Hannoveraner Mal, bevor Innendreiviertel Parkes über die Linie kam. Mit der Erhöhung waren die Grizzlies wieder in Schlagdistanz, aber nur Minuten später schwächten sich die Berliner selbst entscheidend. Ein Grizzlies-Stürmer sah für ein hohes und hartes Tackle an 78-Außen Kroll Gelb und diese Unterzahl sollte die Gastgeber teuer zu stehen kommen. In Unterzahl kassierten die Berliner den dritten Versuch - 78-Spielmacher Kopp tanzte sich durch die Grizzlies Defensive und brachte seinen Klub damit endgültig auf die Siegerstraße. Mit der letzten Aktion hätten sich die Gäste fast noch den Bonuspunkt für Versuch Nummer vier gesichert - doch der 78-Außen wurde noch an der Eckfahne ins Seitenaus manövriert.

Dennoch bleibt unter dem Strich ein am Ende souveräner Sieg, mit dem sich die 78er endgültig das Halbfinale daheim gesichert haben. 78-Trainer Steven Bouajila sah ein „körperbetontes Spiel“, das man „mit Willen und Einsatz“ gewonnen habe. Speziell die Moral der Truppe sei lobenswert. Insgesamt sei es ein verdienter Sieg gewesen, so Bouajila abschließend. 78s zweiter Coach Benjamin Krause betonte, dass seine Männer „es am Ende gut durchgezogen haben“ - speziell kämpferisch sei es eine „super Leistung“ gewesen, auf die man gegen den RK 03 in der kommenden Woche aufbauen müsse.

Grizzlies-Teammanager Moritz Koburg sprach von einem „ausgeglichenen Spiel, in dem Hannover am Ende konsequenter gespielt hat“. Der Sieg hätte genausogut an die Grizzlies gehen können, doch „dumme Fehler“ hätten den Gastgebern schlussendlich einen möglichen Sieg gekostet. Doch man könne, so Koburg weiter, viel Positives aus dieser Partie ziehen. Die gleiche Mannschaft, die noch vor einer Woche im Berliner Derby unter die Räder gekommen war, habe sich nun deutlich verbessert gezeigt. Bis zum Spiel gegen Leipzig erwarte man zudem noch einige weitere Leistungsträger zurück - denn gegen die Sachsen, die in Berlin mit dem Mut der Verzweiflung antreten werden, müssen die Grizzlies dringend Punkte sammeln, um die Relegation zu vermeiden.

Süd/West

Neckarsulmer SU 19 - 60 Heidelberger RK

Der HRK marschiert auch in der Bundesliga unbeirrt weiter und sichert sich mit dem zwölften Bonuspunktsieg im 13 Spiel vorzeitig den Einzug in das Halbfinale als Süd-Erster. Erneut hatte Klub-Trainer seinen Kader reichlich durchrotiert und das an diesem Wochenende nicht einmal freiwillig. Einige Klub-Spieler hatten das vermeintlich spielfreie Wochenende genutzt, um einen Kurzurlaub zu buchen. Angesichts der Tiefe des Klub-Kaders stellte sich dies schlussendlich nicht als größeres Problem heraus, obwohl der HRK keinen gelernten Hakler aufbieten konnte. Samy Füchsel wechselte in die Mitte des Gedränges und Neuner Pierre Mathurin, der bis zum letzten Sommer noch in der DRV VII spielte und dort als Kapitän auch die Gassen einwarf, übernahm die Gasseeinwürfe.

Gegen tapfer verteidigende Neckarsulmer kam der HRK in Durchgang eins früh ins Rollen - der erfahrene Außen Christoffer Neureuther, der in letzter Zeit in Klub-Farben zu nicht sonderlich vielen Einsatz-Minuten gekommen war, legte nach nur wenigen Minuten an der Eckfahne zum ersten HRK-Versuch ab. Freilich fiel es dem Klub in ungewohnter Besetzung und mit der Belastung der vielen Spiele in den letzten Wochen in den Knochen in der Folge schwer dem Spiel wie gewohnt in HRK-Manier den eigenen Stempel aufzudrücken. Dennoch sicherte sich der Klub noch vor der Pause drei weitere Versuche zum Offensiv-Bonus.

Marcel Henn trat im NSU-Dress gegen seine Europacup-Kollegen vom HRK an

Auch den Gastgebern gelang unter dem Jubel der Anhänger am Rossmarkt mit Pausenpfiff in Person von Innen Viorel Zamfir noch ein Versuch. In einer weiterhin zerfahrenen Partie schnupperte die NSU sogar noch einmal am Offensiv-Bonus, da Verbinder Phillip Carter, der den auf die Neuner-Position rückenden Max Kopp vertrat und Außen Claudiu Mitocaru noch zu Versuchen kamen. Doch da hatte der Klub bereits mit einem kurzen Zwischenspurt nach der Halbezeitpause alles klar gemacht, indem er die Versuche fünf bis neun gelegt hatte. Insgesamt sollten es zehn Versuche werden, die der Klub in Neckarsulm verbuchen konnte, wobei Verbinder Hagen Schulte in Abwesenheit vom etatmäßigen Kicker Parkinson nur fünf erhöhen konnte.

Damit steht der HRK nunmehr als Heim-Halbfinalist und Süd-Staffelsieger fest. Neckarsulm hat nur noch ein Spiel auf dem Plan und muss weiterhin hoffen, dass Verfolger Heusenstamm in seinen letzten beiden Spielen gegen die RGH und Pforzheim nicht noch die Lücke von sechs Zählern schließt.

Artikel empfehlen
Kommentare (0)add comment

Kommentar schreiben
Du mußt angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.

busy
Letzte Aktualisierung ( Montag, 30. April 2018 )