Der Traum ist geplatzt: Deutschland unterliegt unglaublich unglücklich in der Nachspielzeit
Geschrieben von TotalRugby Team   
Sonntag, 8. April 2018

Unverdienter kann man ein Spiel wohl kaum verlieren. Unsere Siebener-Jungs hatten im Finale gegen Japan all das gezeigt, was sie über die letzten drei Tage ausgezeichnet hat. Spielwitz, Spielstärke, Charakter und ganz viel Herz. Über weite Teile des Finales lag die DRV-Auswahl vorne, bis sich in den letzten 90 Sekunden des Finales dem Anschein nach alle Rugby-Götter gegen sie verschwört haben.

Unsere Berichterstattung aus Hongkong erfolgt in Kooperation mit Tipico Sportwetten

Erst wird ein deutscher Versuch wegen eines vermeintlichen Vorballs zurückgepfiffen, dann kicken wir den Ball unnötig weg und schließlich wird die aufopferungsvolle Defensiv-Arbeit nicht belohnt. Die Japaner bekommen dann schließlich in unserer 22 einen äußerst fragwürdigen Straftritt und legen dann tatsächlich lange nachdem die Uhr auf null sprang noch den entscheidenden Versuch.

Schon beim ersten Versuch der Japaner hatten vom anderen Spielfeldende das starke Gefühl, dass der Fuß des bulligen tongaisch-stämmigen Außen vor dem ersten Versuch im Aus war. Bei späterer Betrachtung der Fernsehbilder stellte sich die im Endeffekt auch in aller Deutlichkeit heraus - der Versuch hätte niemals gegeben werden dürfen, doch der Schiedsrichter fragte nicht einmal den Video-Schiedsrichter. Doch unsere Jungs ließen sich davon und später selbst von einer gelben Karte für Tim Lichtenberg wegen eines absichtlichen Vorballs nicht beirren.

 



Aus der eigenen 22 in Unterzahl wechselte Spielmacher Fabian Heimpel überraschend die Spielrichtung und Basti Himmer brillierte wieder einmal, wie er das über das ganze Wochenende hinweg getan hatte. Sein Durchbruch über das halbe Feld hinweg brachte unsere Jungs in Schlagdistanz und schließlich konnte John Dawe nach einer Schere mit Basti Himmer unbedrängt unter den Stangen eintauchen. Unsere Jungs lagen nun erstmals im Finale in Front.

Und noch vor der Pause konnte unsere DRV VII nachlegen: Fabian Heimpel kratzte einen Straftritt schnell an beschäftigte erst mehrere Japaner mit seinem Step und bedienten dann per exzellentem Überpass seinen Kumpel und Vereinskamerad Bastian Himmer, der selbst im sechsten Spiel noch voller Energie strotzte und unbedingt ins Malfeld einlief.

Zur Halbzeit schien unsere DRV VII auf der sicheren Siegerstraße - als Durchgang zwei jedoch mit einem Vorwurf unserer Sieben nach dem Ankick startete begann das Zittern. Mit einer konzentrierter Defensiv-Leistung gelang es unserer DRV VII blieb es zunächst bei der klaren DRV-Führung. Erst nach drei gespielten Minuten konnte Japan aus einer Drangphase heraus über sein Tonga-Trio mit mehren Fidschi-Style-Offloads zum 12:14 Anschluss kommen. Doch unsere Jungs wollten sich nicht auf ihre Defensiv-Künste verlassen und übernahmen nun wieder selbst das Ruder.

Bis zwei Meter vor die Mallinie schaffte es unser Team, nachdem Marvin Dieckmann auf Außen wertvolle Meter gemacht hatte. Phasen reihten sich aneinander, aber unserer DRV VII wollte der entscheidende Schlag einfach nicht gelingen. Ein Hauch von einem Vorball von Anjo Buckman nach einem Heimpel-Offload verhinderte den dritten Versuch, stattdessen gab es Gedränge an der Fünfer für Japan.

Das Gedränge sicherten sich unsere Jungs aber und mit weniger als einer Minute auf der Uhr hätte es eigentlich gereicht den Ball nur noch irgendwie zu halten. Stattdessen versuchte sich unsere Mannschaft am Kickspiel, das das gesamte Wochenende über das Erfolgsrezept gewesen war. Doch in diesem Fall war es die falsche Entscheidung.

 

Carlos Soteras Merz war nach dem Spiel gnadenlos ehrlich: Der Kick war die falsche Entscheidung

Japan spielte im Gegenzug über die gesamte Länge des Feldes hinweg und trotz aufopferungsvoll verteidigender deutscher Spieler - gerade der eingewechselte Claude Brechenmacher packte noch einen großartigen Sprint und ein ebenso tolles Tackle aus um den japanischen Sieg zu verhindern - sollte es nicht reichen. In der 22 kam es zu einem unübersichtlichen Ruck und wieder ging die 50/50 Entscheidung an Nippon.

Japan benötigte nun, da wo alle Spieler am Ende des sechsten Spiels über dem Limit waren, nur noch einen Pass um ins Malfeld zu gelangen. Die deutschen Herzen waren gebrochen. Einige deutsche Spieler sackten zu Boden und auch Minuten nach dem Abpfiff war in den Gesichtern der deutschen Spieler nur Leere zu sehen. Dieser Tiefschlag hatte gesessen und das Geschehen wird unsere Siebener-Jungs wohl noch über Monate beschäftigen.

Der kontroverste Moment, der die deutschen Herzen brach

Dabei müssen sie den Blick nach vorne richten. Über die letzten drei Wochen haben sie unter Beweis stellen können: Unsere DRV VII gehört auf die World Series. Doch um endlich den letzten Sprung unter die Top 15 der Welt zu schaffen, muss unsere DRV VII erst einmal in der nächsten GP-Serie dafür, sorgen, dass sie im kommenden Jahr wieder in Hongkong antreten darf.

Mit der neuen Quali-Regel, nach der drei europäische Teams in Hongkong beim Qualifier antreten dürfen, wird dies schon einmal einfacher werden. Zumal mit Sam Rainger, Tim Biniak, Phil Sczcesny, Robin Plümpe, Leon Hees und Robert Haase momentan verletzte Stammkräfte wieder in die DRV VII wollen. Weitere Spieler, wie Jarrod Saul, Giovanni Engelbrecht, die Koch-Brüder und Pascal Fischer sind auch nicht sonderlich weit von der Mannschaft entfernt.

Wenn man nun noch Nachwuchskräfte wie Paul Pfisterer, Zani Dembele, Christopher Korn und einige weitere nachrückende Talente im Siebener-Programm hinzuzählt wird einem klar: Die Zukunft dieser DRV VII sieht besser denn je aus. Doch neben dem Ziel World-Series-Qualifizierung, bei dem die Frage eher wann und nicht ob zu sein scheint, muss die deutsche Mannschaft nun Tokio ins Visier nehmen.

Schon vor der letzten Olympiade in Rio war unser Team beim Quali-Turnier in Monaco nur drei Halbzeiten von der Qualifikation entfernt - damals sicherten sich die Spanier das Rio-Ticket, auch wenn es genausogut unsere DRV VII hätte sein können. Mit der ungemein größeren Tiefe im Kader, dem professionelleren Training und dem Weltklasse-Trainer scheint eine Quali für die Olympiade überhaupt nicht abwegig. Welch größere Vollendung einer Sportler-Karriere könnte es geben, als einmal an einer Olympiade teilzunehmen?

Für Spieler, wie Fabian Heimpel, Sebastian Fromm und Carlos Soteras Merz, für die die vierte Hongkong-Teilnahme vielleicht nicht das übergeordnete Ziel sein wird, dürfte die Olympiade im WM-2019-Land ein großes Ziel sein. Genauso für die vielen talentierten Nachwuchskräfte - wenn man sich vor Augen führt, dass mit Tim Lichtenberg und Niklas Hohl zwei 21-jährige zu den absoluten Leistungsträgern dieser DRV VII zählten, wird einem klar: Der deutsche Nachwuchs kann unsere DRV-Teams künftig durchaus in ungeahnte Höhen führen. 


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Kommentare (2)add comment

Riemi R. said:

3754
Nicht wie ein Verlierer...
Letztes Jahr war ich traurig und jeder Fan hatte mit mir mitgelitten.
Dieses Jahr habe ich dagegen eher das Gefühl stolz auf das Erreichte zu sein. Die Siebener hatten die World Series echt in der Hand. Das ist doch was. Mir hat das Selbstbewusstsein der Mannschaft gefallen. Bitte jetzt nicht in ein Loch fallen. Weiter so.
April 08, 2018

Walter Sill said:

334
...
Vielen Dank für das tolle Turnier und die spannenden Momente. Die Mannschaft hat sich im Vergleich zum Vorjahr deutlich weiter entwickelt und ist gereift. Vor allem das strukturierte Spiel im Aufbau und in der Verteidigung, die verbesserten Skills sind auffallend. Da haben der Trainer , der Stab und die Mannschaft eine super Leistung abgeliefert.
April 09, 2018

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