Chaos bei Rugby Europe weitet sich aus - drohen nun auch Spanien&Rumänien Sanktionen?
Geschrieben von TotalRugby Team   
Mittwoch, 28. März 2018

Rugby Europe lieferte zuletzt eine katastrophale Schlagzeile nach der anderen.
Rugby Europe lieferte zuletzt eine katastrophale Schlagzeile nach der anderen.

Die Meldung war eingeschlagen wie eine Bombe und hatte auch weit über die europäischen Rugby-Kreise Wellen geschlagen. Belgien hatte gegen die DRV XV allem Anschein nach einen Spieler eingesetzt, der nicht für Belgien spielberichtigt war (wir  berichteten). Nun haben sich die Meldungen in den letzten 48 Stunden überschlagen: Erst kam ans Licht, dass Rumänien seit 2017 mehrmals einen Spieler eingesetzt hat, der bereits für Tonga in der Sevens World Series gespielt hat und nun drohen auch Spanien Konsequenzen.

Im Falle der Rumänen handelt es sich um Sione Faka’osilea - der 31-jährige Innendreiviertel, der seit 2014 beim rumänischen Erstligisten Baia Mare unter Vertrag steht, hat seit seinem Debüt im Vorjahr insgesamt schon 13 Spiele für die Eichen genannte rumänische Nationalmannschaft absolviert. Vermeintlich war er über die 36-Monatsregel - laut der ein Spieler, der bis dato noch für keine Senioren-Nationalmannschaft gespielt hat, nach drei Jahren seine neue Heimat repräsentieren kann - in das Team gekommen.

Doch Faka’osilea hatte bereits 2013 für sein Geburtsland Tonga beim Sevens-World-Series-Turnier in Australien gespielt - wohl dokumentiert im Bewegtbild, in den offiziellen Turnierdokumenten und bis zuletzt wohl auch in Faka’osileas Sporple-Profil. Der Spieler selbst hatte auf der Karriere-Seite für Sportler (vergleichbar mit XING oder LinkedIn) angegeben für Tongas Siebener-Team aufgelaufen zu sein. Warum dies niemandem beim rumänischen Verband aufgefallen sein soll, bleibt fraglich. Von Seiten der Rumänen beteuert man sich die Freigabe vom Weltverband gesichert zu haben - was die Rumänen aber wohl nicht von ihrer Sorgfaltspflicht entbunden hat.

Nach einer offiziellen Beschwerde des russischen Verbandes wird sich Rugby Europe nun auch mit diesem Fall beschäftigen müssen. In einem Statement des rumänischen Verbands wird „die Anschuldigung ohne genaue Untersuchung“ als „inakzeptabel“ gebrandmarkt. Angesichts der scheinbar klaren Beweislage fragt man sich allerdings, inwiefern in diesem Fall eine genauere Untersuchung von Nöten sein sollte.

Mit diesem Einsatz auf der World Series für Tonga Sione Faka’osilea (Nummer 8) für keine weitere Nationalmannschaft spielberechtigt

Zudem haben sich auch im Hinblick auf das Skandalspiel der Spanier in Belgien unter Leitung eines rumänischen Referees (wir berichteten) neue Entwicklungen ergeben. Rugby Europe hatte sich bereits letzte Woche erstmals zu dem Fall geäußert, ohne allerdings irgendetwas zur Sache zu sagen. Ein detailliertes Statement sollte am Montag erfolgen, was nun aber auf den morgigen Donnerstag verschoben wurde.

In Spanischen Medien wurden derweil Anschuldigungen laut, laut denen der rumänische Präsident von Rugby Europe, Octavian Morariu, ein finanzielles Interesse an dieser Angelegenheit habe, da er die TV-Rechte an der WM in Rumänien halte. Jedoch scheint dies eher ein symbolischer Anteil an den Rugby-Europe-Rechten zu sein, die ihm als Präsidenten des Kontinentalverbands qua Amt zustehen.

Gegen die Spanier selbst wiederum wurden im Laufe des gestrigen Tages Anschuldigungen laut, dass sie zwei Spieler eingesetzt haben sollen, die nicht für die Iberer spielberechtigt sind. Unstrittig ist, dass nahezu die Hälfte des spanischen Kaders in Frankreich geboren und aufgewachsen ist - durch die engen kulturellen Bindungen der auf beiden Seiten der Grenze verlaufenden Basken- und Katalanen-Gebiete profitierte das spanische Rugby seit jeher vom französischen Einfluss.

Im Fall des 30-jährigen Verbinders Mathieu Bélie, der bereits für Toulouse und Brive und vor drei Wochen gegen unsere DRV XV aufgelaufen ist, steht zumindest ein dickes Fragezeichen hinter seiner Spielberechtigung. Denn laut World-Rugby-Regularien ist man auch in dem Fall nur noch für ein Land spielberechtigt, wenn man für die sogenannte zweite Nationalmannschaft aufgelaufen ist. Denn eine Reihe von Top-Teams wie England (England Saxons), Irland (Irish Wolfhounds) Südafrika (South Africa A) treten regelmäßig mit einer B-Nationalmannschaft an - meist um jüngeren Spielern Spielpraxis auf hohem Niveau zu ermöglichen.

Da allerdings nicht alle Verbände dies tun, bestand bis zum 31.12. des letzten Jahres die Möglichkeit die eigene U20 als zweite Nationalmannschaft zu designieren. Dadurch beispielsweise kam es vor vier Jahren zum offenen Disput zwischen Schottland und Wales um Steven Shingler. Der Verbinder war bereits für die walisische U-20 aufgelaufen, die damals das designierte B-Team der Waliser war. Schottland wollte ihn später in seinen A-Kader berufen, konnte dies aber schlussendlich genau aufgrund dieser Regelung nach einer Entscheidung von World Rugby nicht tun. 

Der Fall von Bélie scheint gleich gelagert zu sein. Der mittlerweile 30-jährige  war im Jahr 2008 für Frankreichs U-20 aufgelaufen, die damals als B-Team fungierte. Der einzig mögliche Ausweg für Spanien scheint zu sein, dass Bélie reklamiert von Frankreich nicht ausreichend darüber aufgeklärt wurde, dass er von nun an nur noch für Frankreich auflaufen hätte können. Wie das allerdings zehn Jahre danach ordentlich festgestellt werden soll, ist fraglich.

Was all diese Fälle nun für Auswirkungen für den DRV haben bleibt fraglich. Der rumänische Spieler war bei der DRV-XV-Niederlage in Cluj gegen uns aufgelaufen, im Normalfall müsste die Wertung dieses Spiels eigentlich gedreht werden. Belié war in Madrid vor drei Wochen ebenso gegen die DRV XV aufgelaufen. Andersherum sind bis dato keinerlei Vorwürfe gegenüber vom DRV eingesetzten Spielern vorgebracht worden. Erst einmal will sich der Verband weiterhin auf ein eigentlich anstehendes Relegationsspiel gegen Portugal einstellen. Die angelaufene Stadionsuche sowie die Kaderfindung wird durch die Ungewissheit sicher nicht erleichtert.

Abgesehen davon leidet der Ruf unseres Sports insgesamt und insbesondere der von Rugby Europe. In Gesprächen mit Funktionären, die mit dem Kontinentalverband zu tun hatten war nicht selten von chaotischen Verhältnissen zu hören. Die Kommunikation des Verbandes, jetzt gerade in der Krise, aber auch unter normalen Umständen lässt gelinde gesagt zu wünschen übrig.

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