TotalRugby Players to watch: Die Stars der WM 2019 - Teil 2
Geschrieben von TotalRugby Team   
Freitag, 10. November 2017

Frankreich-Debüt gegen die All Blacks? Für Verbinder Belleau kein Problem, der 21-jährige kann mit Druck umgehen, wie im Top 14 Halbfinale.
Frankreich-Debüt gegen die All Blacks? Für Verbinder Belleau kein Problem, der 21-jährige kann mit Druck umgehen, wie im Top 14 Halbfinale.

Morgen gehen die November Internationals so richtig los. Vor einer Woche haben wir euch  im ersten Teil unserer Serie „TR Players to watch“ eine Reihe von aufstrebenden Talenten aus Neuseeland und Australien vorgestellt. An diesem Wochenende steigen auch die europäischen Teams in das Geschehen ein - damit setzen wir unsere Serie fort und machen mit den kommenden Stars der Nordhemisphäre weiter.

Jacob Stockdale - Irlands neuer blitzschneller Riese auf Außen

Stockdales Stern ging bei der U-20-WM im vergangenen Jahr in England auf. Mit Irland gelang Stockdale der Einzug bis ins Finale, an dem er mit zwei Halbfinal-Versuchen entscheidenden Anteil hat. In der vergangenen Spielzeit gelang dem 1,96 großen und knapp 100 kg schweren Stockdale der Sprung in die erste Mannschaft von Ulster. Beim Irischen Top-Team kam der mittlerweile 21-jährige im Saisonverlauf immer häufiger zum Einsatz und konnte der 12 Jahre älteren Ulster- und Irland-Legende Tommy Bowe zunehmend den Rang ablaufen. Ähnlich wie der 1,90 große Bowe kann sich Stockdale nicht nur mit Speed und Steps durchsetzen, sondern auch Tackles mit seiner Power brechen.

Lange jedoch hat Stockdale auch als Schluss fungiert, weiß also ebenso, wie er hohe Bälle effektiv entschärt. Für Stockdale steht morgen im Dubliner Aviva Stadium sein Heim-Debüt als kurze Ecke gegen Südafrika an - Stockdale wird es mit den Boks-Außen Dillin Leyds von den Stormers und Courtnall Skosan von den Lions zu tun bekommen. Beides Spieler, die eher von ihrem Speed und ihrer Wendigkeit leben. Bei herbstlichen Bedingungen in Dublin dürfte dies eindeutig ein Vorteil für Stockdale sein.

Im Sommer hatte Stockdale bereits sein Irland-Debüt gefeiert - jedoch auf der parallel zur Lions-Tour stattfindenden Irland-Tour nach Nordamerika, bei der die elf besten Iren abwesend waren. Dennoch bemerkenswert: Nach nur zehn Minuten im irischen Trikot gegen die USA legte der Ulster-Außen seinen ersten Versuch. Ob er morgen in Dublin gegen die Springboks nachlegen kann? Angesichts der alternden Rob Kearney und Keith Earls, sowie dem Abgang von Simon Zebo nach Frankreich könnte sich Stockdale schnell festspielen.

Sam Underhill - Englands neue Tackle-Maschine und vielleicht der nächste McCaw?

England hat mit Abstand die meisten Rugby-Spieler der Welt. Nach letzten Angaben des Weltverbands sind es über zwei Millionen, davon eine halbe Million erwachsene männliche Vereinsspieler. Seit Jahren fragte man sich in England jedoch, wie darunter kein einziger richtiger „Openside Flanker“, also eine klassische Sieben, sein kann. Die Antwort auf diese langgehegte Frage scheint ein 21-jähriger in Dayton Ohio in den USA geborener Spieler zu sein: Sam Underhill. Bereits mit 18 Jahren hatte er sein Debüt in der Premiership gegeben und morgen startet er endlich für England als Siebener.

Schon früh ging Underhill mit seiner englisch-walisischen Familie zurück nach Großbritannien und dadurch, dass Underhill für gleich drei Nationalmannschaften spielberechtigt ist, hatte es ein wahres Tauziehen um ihn gegeben. In den vergangenen beiden Jahren hatte er nach einem studienbedingten Umzug für die Ospreys in Wales gespielt und dort zunehmend seine Klasse unter Beweis gestellt. Für Wales zu spielen kam für ihn dennoch wohl in Frage. Aber Lehrstunden bei den Ospreys von Justin Tipuric nahm Underhill dankend an. Er selbst gibt sich im Vergleich zum Wales-Siebener, den er selbst als einen der besten der Welt beschreibt, bescheiden: „Ich kann bei weitem nicht so gut passen. Ich bin eher der Tackler, tacklen ist einfach.“ Und wie Underhill tacklet: Der 1,86 große Underhill ist gnadenloser brutal im Kontakt und ebenso gut darin Bälle aus Rucks zu klauen.

Im Sommer kam dann der Wechsel zu Bath, wo er sein VWL-Studium fortsetzen will und gleich bei seinem Liga-Debüt sorgte er für Aufsehen. Auf ganze 25 Tackles brachte es Underhill in einer Man-of-the-Match-Performance und noch lange bevor sich überhaupt im England-Trikot etabliert hat, prasseln die Vorschusslorbeeren auf ihn ein. Der Guardian ließ sich gar zu einem gewagten Vergleich hinreißen und fragte seinen Trainer bei Bath, Todd Blackadder, ob es Underhill einmal so weit bringen könnte wie Richie McCaw. Immerhin seien beide von der Statur her ähnlich und derselbe Typ Spieler. Blackadders Antwort fiel positiv aus: „Wenn er so weiter spielt, wie in den letzten Partien, dann kann er es sicherlich so weit bringen“. Was man dabei erwähnen sollte ist, dass wohl niemand qualifizierter ist diesen Vergleich anzustellen. Blackadder hatte von 1999 bis 2001 mit McCaw bei Canterbury gespielt und ihn dann von 2009 bis 2015 bei den Crusaders trainiert.

25 Tackles in 67 Minuten bei seinem Bath-Debüt: Wird Underhill der nächste McCaw?

Anthony Belleau: Frankreich Debüt vor 80.000 gegen die All Blacks

Morgen Abend startet der erst 21-jährige Belleau sein erstes Spiel für Les Bleus - niemand geringeres als die absolute Übermannschaft unseres Sports, die All Blacks sind zu Besuch. Der Verbinder des RC Toulon muss also damit rechnen, dass Sam Cane und Vaea Fifita, die beiden etwa 25 kg schweren All-Blacks-Flanker ihn 80 Minuten lang jagen werden. Der Druck dürfte immens sein, doch Belleau hat bereits bewiesen, dass er mit ihm umgehen kann. Vor gut fünf Monaten, Belleaus Klub Toulon steht im Halbfinale der Top 14 vor knapp 70.000 Zuschauern im Velodrome von Marseille - der Gegner lautet La Rochelle, das beste Team im bisherigen Saisonverlauf. Nach abgelaufener Uhr steht es 15:15 und Belleau beweist ein gesundes Nervenkostüm zu haben, denn er sichert seinem RCT mit einem Dropgoal den Finaleinzug.

Dass gerade Belleau nicht der schlechteste Dropgoal-Schütze ist, dürfte nicht verwundern. Denn seitdem er 2014 an aus Agen an die Cote d’Azur gewechselt ist, trainiert ihn kein geringerer als Johnny Wilkinson. Morgen gegen die All Blacks wird er keinen erfahrenen Wilkinson an seiner Seite haben, im Gegenteil: Frankreichs Scharnier, wie auf der anderen Rheinseite die Achse aus Verbinder und Gedrängehalb genannt wird, bilden Belleau und Antoine Dupont. Der erste 20-jährige Dupont hat seinem Partner immerhin schon drei Länderspiele voraus, doch selten ist Frankreich mit einer derart unerfahrenen Spielmacher-Achse in ein Spiel gegen die All Blacks gegangen. Da Camille Lopez und Morgan Parra noch eine Weile ausfallen werden, könnten sich beide bei einer bestandenen Feuerprobe etablieren.

Belleau hat definitiv die Anlagen dazu. Technisch ist er, wie eigentlich jeder französische Verbinder, eine Augenweide. Ausgestattet mit einem tollen Kickspiel, aus der Hand wie vom Tee, kann er das Spiel intelligent steuern. Trotz seiner nur 1,77 m Körpergröße attackiert selbst gerne die Linie und hat auch öfter bereits als Zwölfer neben François Trinh-Duc gespielt. In Frankreichs Top 14 ist er harte Tackler gewöhnt und erwehrt sich dennoch gut mit seinem Handoff. Gegen einen ehemaligen All Black konnte Belleau seine Furchtlosigkeit bereits beweisen. Als im Rematch des Top 14 Halbfinales Ex-All-Blacks-Stürmer Jason Eaton Minuten vor dem Ende auf Außen auf ihn zustürmte stoppte Belleau den 2,03 m großen und 35 kg schwereren Zweite-Reihe-Stürmer nur Meter vor der eigenen Linie und sicherte Toulon damit den zweiten ganz engen Sieg gegen La Rochelle.  Einzig ob er mit dem ungleich höherem Tempo auf internationalem Niveau klarkommt, zumal wenn es gegen die All Blacks geht, wird sich morgen zeigen.

Kick Trinh-Duc, Versuch Belleau! Bald auch für Frankreich?

Sam Cross: Wales Beförderung im Eiltempo für den Ospreys-Flanker

Dass Sam Cross morgen im Millenium Stadium für Wales auf der Bank sitzt und wohl sein Debüt gegen Australien geben wird, kommt fast schon einem Wunder gleich. Cross selbst fand seine Nominierung „verrückt“ und „absolut surreal“. Vor wenigen Wochen wäre es wohl undenkbar gewesen - schon die Geschichte seines Osprey-Debüts ist es: Noch bis zum Sommer hatte Cross ausschließliche Siebener-Rugby gespielt und das erfolgreich. Mit Wales auf der World Series und mit dem Team GB zu Olympia-Silber in Rio. Im Sommer entschied sich der mittlerweile 25-jährige es mit dem Fünfzehner auf seiner alten Position als Flanker zu versuchen, mit Wales im Siebener wären ihm aller Wahrscheinlichkeit nach höhere Weihen verwehrt geblieben.

Vor gut zweieinhalb Wochen kommt Cross am Tag vor dem Auswärtsspiel seiner Ospreys beim englischen Meister Saracens im Europacup einen überraschenden Anruf. Eine Verletzung spült ihn in den Kader und, so der Plan, auf die Bank des walisischen Top-Klubs. Cross sollte zu seinem ersten Einsatz im Prof-Fünfzehner-Rugby gelangen, doch dieser kam etwa 60 Minuten früher als geplant. In den letzten Zügen des Warmups zieht sich Wales-Siebener Tipuric eine Zerrung zu und in absoluter Hektik bekommt Cross das Trikot von Tipuric übergestreift.

Was folgte waren 80 Minuten Werbung in eigener Sache für Cross. Mit überragenden Kondition und Moral, starken Tacklings und einem krachenden Tackle gegen England-Verbinder Farrell überragte Cross und wurde in seinem ersten Spiel Man of the Match. Was nun folgte überraschte auch Cross umso mehr: Am Dienstag nach dem Spiel sucht der 1,90 große Stürmer nach dem Training seinen Spind auf und findet nach eigener Schätzung etwa 500 Benachrichtigungen. Wales-Coach Warren Gatland war seine Performance nicht entgangen und Cross befand sich im erweiterten Aufgebot der walisischen Mannschaft für die November-Series.

Dabei sollte es nicht bleiben - im Training hinterließ Cross einen dermaßen guten Eindruck, dass ihm gerade einmal drei Wochen nach seinem ersten Profi-Spiel im Fünfzehner sein Wales-Debüt winkt. Natürlich profitiert Cross von der Verletzung von Lions-Kapitän Sam Warburton, doch dieser gilt schon seit Jahren als besonders anfällig. Cross kometenhafter Aufstieg kann also durchaus noch weiter gehen. Dem sympathischen Mann aus Abergavenny wäre es zu gönnen.

Die Performance mit der sich Cross seine Wales-Nominierung sicherte

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