Showdown in Berlin: HRK sinnt gegen Pforzheim auf Rache
Geschrieben von TotalRugby Team   
Donnerstag, 22. Juni 2017

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Beim letzten Aufeinandertreffen beider Klubs siegte der Klub deutlich. Aber wer sichert sich Samstag den Titel? Foto (c) Seufert-Chang

Für die einen geht es um Revanche, die anderen wollen den Überraschungs-Triumph aus dem Vorjahr wiederholen - das Finale der Rugby Bundesliga steht an und es stehen sich zwei alte Bekannte gegenüber. Wenn Schiedsrichter Daniel Maughan am Samstag um 15 Uhr an der Berliner Buschallee das letzte Spiel der Saison im Oberhaus anpfeift, wird es das vierte Mal in fünf Jahren sein, dass sich diese beiden Teams gegenüberstehen. Manch ein deutscher Rugby-Fan mag dies langweilig finden, doch ohne jeden Zweifel - es stehen sich am Samstag die beiden besten Teams der abgelaufenen Spielzeit gegenüber.

Mittlerweile ist das denkwürdige Finale von Heusenstamm mehr als 13 Monate her. In einer packenden Achterbahnfahrt versenkte Pforzheims Supersprinter Tafadzwa Chitokwindo den damals amtierenden Meister HRK in letzter Minute und drehte das Resultat. Der Stachel sitzt beim HRK - nach dessen Selbstverständnis der Titel natürlich an den Heidelberger Harbigweg gehört - immer noch sehr tief. Als dann im vergangenen Sommer noch einige Leistungsträger den Klub verließen - darunter mit Arthur Zeiler ging dabei auch ein erfahrener Stürmer den Weg vom Vize- zum Meister - konnte man beim HRK das Prädikat „Deutschlands bester Rugby-Klub“ von der eigenen Webseite streichen.

Es folgte eine mehr als durchwachsene Hinrunde mit Niederlagen gegen die RGH und Pforzheim, was die Machtverhältnisse weiter zu zementieren schien. Doch bereits in der Rückrunde schlug das Pendel in die genau gegengesetzte Richtung aus. Der Ruderklub legte eine perfekte zweite Saisonhälfte hin und fing den eigentlich schon enteilten Meister, der mit zehn Zählern Vorsprung in die zweite Saisonhälfte ging, noch ab. Im direkten Duell der beiden Top-Klubs setzte es gar einen 47:16 Kantersieg des HRK. Mit dem ersten Platz nach der regulären Saison im Rücken, war der 69:12 Sieg im Heim-Halbfinale gegen Germania List nur eine lästige Pflicht, vor der Kür, die am Samstag in Berlin mit dem zehnten Meistertitel für den HRK insgesamt erfolgen soll.

Um nicht erneut eine überraschende Niederlage gegen die Pforzheimer Rhinos konnte der Ruderklub in den letzten beiden Wochen eine intensive Vorbereitung absolvieren. Ein zweites Mal wollen man den Titel nicht nach Pforzheim verschenken, so der Ruderklub in seiner Pressemitteilung zum Finale. In Sachen Personal wird Klub-Trainer Pieter Jordaan die Siebener-Nationalspieler Anjo Buckman, Steffen Liebig und Niklas Hohl, die sich momentan in der Vorbereitung auf die beiden anstehenden GPS-Turniere befinden, schmerzlich vemissen. Im Gegensatz zu den beiden vergangenen Partien werden dagegen Robert Hittel, der zuletzt durch Prüfungen fehlte sowie Benedikt Rehm sicher mit an Bord sein. Der Einsatz der angeschlagenenen Felix Lammers, Thore Schmidt und Jonas Malazier dagegen wird sich erst in allerletzter Minute entscheiden.

 

Der HRK hat sich in den letzten beiden Wochen intensiv vorbereiten können



Klub-Kapitän Kehoma Brenner jedenfalls kennt für den Samstag nur eine einzige Marschroute - und zwar die Revanche für die Finalniederlage im Vorjahr: „Wir wollen und werden den Titel holen!“ so der Dritte-Reihe-Stürmer des Klubs. Man habe sich durch zahlreiche Ablenkungen und Rückschläge, wie Verletzungen und Spielersperren nicht verunsichern lassen und sei im Gegenteil noch enger zusammengewachsen. Ebenso werde man sich laut Kapitän Brenner nicht, wie im Vorjahr, überrumpeln lassen: „so eine Niederlage, wo wir uns vor der Partie schon zu sicher waren, wird es nicht mehr geben, dafür brennen wir zu sehr auf das Spiel und die Revanche.“ Die Quintessenz der Verantwortlichen beim Klub ist einfach: „ Der Pokal gehört nach Heidelberg, fertig!“ Immerhin gelte es auch Dale Garner, Andreas Götz und Harris Aounallah einen ordentlichen Abschied zu bereiten - alle drei bestreiten ihr letztes Spiel für den Klub.

 

Mit einem eigenen Fanbus und einigen eigenen Anhängern im Rücken will der TVP das Kunststück aus dem Vorjahr wiederholen

 

Beim amtierenden Meister dagegen sieht man sich vor einer „schwierigen Titelverteidigung“. Pforzheims neuseeländischer Coach Jon Willis ist sich sicher: „Es ist einfacher einen Titel zu holen, als ihn zu verteidigen.“ Angesichts der vier Anläufe, die der TVP gebraucht hat, um sich erstmals Deutschlands Rugby-Krone aufzusetzen, ist fraglichem ob er diese Aussage vor 13 Monaten so getätigt hätte. Insgesamt versprühen die Verantwortlichen beim Titelverteidiger nicht allzu viel Optimismus, obwohl sie in der Vorwoche nach einer wahrlich verkorksten Rückrunde mit drei Auswärtsniederlagen in Berlin souverän den Finaleinzug klar machen konnten. Den zweiten Trip in die Hauptstadt innerhalb von 14 Tagen jedoch, scheint man bei den Rhinos mit wenig Selbstvertrauen anzugehen. Denn immerhin konnte man im Bundesliga-Halbfinale beweisen, dass die eigene Auswärtsschwäche alles andere als chronisch ist.

Die Devise „das wird hart“ aber „wir werden nicht aufgeben“ des TVP-Erfolgscoaches klingt bereits ein wenig resignierend. Den eigenen Halbfinal-Sieg gegen den RK 03 bewertet man als „überraschend deutlich“ und folgerichtig schiebt Pforzheims Team-Manager Jens Poff dem HRK die Favoritenbürde zu. Höchstens wenn beim TVP alle fit würden und der HRK einen schlechten Tage erwische, lägen die Chancen bei 50:50. Jedoch sei man bereits im Vorjahr als „krasser Außenseiter“ nach Heusenstamm gefahren.  Der Final-Held aus dem Vorjahr, Tafadzwa Chitokwindo, wird beim Versuch der Titelverteidigung verletzt fehlen. Sein Nationalmannschafts-Kollege aus Simbabwe, Morgan Vangue, wird aller Voraussicht nach ebenso fehlen. Lediglich Manasah Sita bleibt den Rhinos aus dem pfeilschnellen Simbabwe-Trio, der jedoch vor zwei Wochen in Berlin gegen den RK zu großer Form auflief.


Taktisch hat Trainer Willis seine Mannschaft vor allem dahingehend eingeschworen diszipliniert aufzutreten. Dem HRK Feldvorteile und die Chance auf Gasseeinwürfe er ermöglichen, gelte es dringend zu vermeiden. Andererseits werde die mannschaftliche Geschlossenheit wichtiger denn je. Den vielbeanspruchten Lasteseln im Sturm, allen voran Lee Murray, Arthur Zeiler, Tim Kasten und Kapitän Rob May stehe ein arbeitsamer Nachmittag bevor. Die Kreativabteilung um Verbinder Matthew Bressons könne dann von dieser Grundlage profitieren. Dazu werde der Kader mit einigen Talenten aus den eigenen Reihen verstärkt, was in Zukunft häufiger der Fall sein soll.


TotalRugby-Prognose: Wer holt sich den Titel?

Wie ein wildgewordener Elefant in einem Porzellan-Laden bewegte sich der HRK in der Rückrunde in der Rugby-Bundesliga Süd-West. Alles was ihm in den Weg kam, inklusive des TVPs selbst, räumte der Klub gnadenlos aus dem Weg. Auch vor dem Finale geben sich die Verantwortlichen des Klubs äußerst selbstbewusst, was angesichts der vergangenen Ergebnisse kaum verwunderlich ist. Das Selbstverständnis des HRK, der beste deutsche Rugby-Klub zu sein, ist beim Klub nie verloren gegangen. Der Titelverteidiger tritt, nach dem deutlichen Sieg gegen Berlin, ungewohnt zurückhalten gegen den HRK an. Die Äußerungen der Verantwortlichen klingen gar nicht unbedingt nach Understatement, sondern fast schon nach dem Mute der Verzweiflung. So chancenlos, wie man sich bei den Rhinos gibt, ist man gar nicht. Ob sich der HRK jedoch einlullen lässt, bleibt zu sehen. Der HRK geht sicherlich, auch wegen des deutlichen Rückrunden-Ergebnisses im direkten Duell, als Favorit in diese Partie. Im Normalfall sehen wir den Ruderklub mit +12 vorne, aber in einem Finale hat auch der vermeintliche Außenseiter immer eine Chance

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Kommentare (1)add comment

said:

3040
guter Artikel, aber....
Freunde: ein schöner Artikel, informativ und ohne Schörkel. Aber ginge es bei der Überschrift nicht ein Nummer kleiner … "sinnt auf Rache…" ist doch schon sehr martialisch, auch wenn Rugby von den Spielern bisweilen als Krieg empfunden werden mag (was ein anderes Thema wäre), sollte sich die Berichterstattung doch zurückhalten, was die Sprache angeht. "Revanche" hätte es auch getan. Rhetorisch ein wenig abrüsten täte dann doch gut und macht es seriöser.... Das mag Geschmackssache sein, aber unerwähnt wollte ich es dennoch nicht lassen.

sportliche Grüße

nilz
Juni 23, 2017

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Letzte Aktualisierung ( Donnerstag, 22. Juni 2017 )