Drei Thesen zum EM-Auftakt unserer DRV VII in Moskau
Geschrieben von TotalRugby Team   
Montag, 5. Juni 2017

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Ein entäuschendes Resultat, doch einige positive Aspekte kann man aus dem Turnier in Moskau ziehen. Doch jetzt gilt es den Blick nach Lodz zu richten.

„Insgesamt sind wir enttäuscht das Turnier nur als Siebter beendet zu haben, unsere Ansprüche sind höher“ zog Nationaltrainer Chad Shepherd sein Fazit nach dem Ende der Moskau Sevens. Auch wenn es ebenso einige positive Dinge zu vermelden gab, hat sich die deutsche Mannschaft doch in eine schwierige Ausgangslage manövriert.

1. Der siebte Platz ist eine Enttäuschung und die geringe Punktausbeute eine Bürde - doch der ersatzgeschwächten Mannschaft hat nicht viel zur Spitze gefehlt

Das Turnier begann mit einem „Fehlstart“ gegen Georgien, wie es Chad Shepherd gegenüber TotalRugby formulierte. Bei nur 4 Grad an einem kalten Moskauer Morgen, auf weichem Untergrund und mit nassem Ball war das Spiel im Oktober-Stadion der russischen Hauptstadt äußerst langsam - was den physisch starken Georgiern zu Gute kam. Die knappe Niederlage setzte die DRV VII unter Zugzwang und die Jungs um Interims-Kapitän Fabian Heimpel lieferten im zweiten Spiel ihr Meisterstück ab. Der 28:21 Sieg über Irland, dem späteren Turniersieger, der im weiteren Verlauf keine einzige Niederlage mehr kassierte, zeigte was in der extrem ersatzgeschwächten deutschen Mannschaft steckt.

Mit Kapitän Pierre Mathurin, Tim Biniak, Phil Sczesny, Clemens von Grumbkow und Anjo Buckman fehlten zum Turnierstart schon eine ganze Reihe von Säulen und als dann noch Max Calitz nach wenigen Minuten mit einer Knieverletzung ausfiel, schien sich alles gegen die DRV VII verschworen zu haben. Aber nicht nur gegen Irland brillierte die deutsche Equipe, gegen Wales ließ sie eine dominante Leistung folgen. Der Gruppensieg jedoch entwickelte sich für unsere Nationalmannschaft zum Bumerang. Denn während Irland mit Portugal ein vermeintlich leichteres Viertelfinal-Los erwischte, musste unsere Mannschaft mit Spanien gegen den Finalgegner aus Hongkong ran. Die Iberer waren in ihrer Gruppe nur Dritter geworden, wobei sie mit gleich sechs Startern aus dem Hongkong-Finale angetreten waren. Doch gegen unsere Mannschaft, die genau wie im Finale des World Series Qualifiers in Führung ging, drehten die Aufsteiger in die World Series mächtig auf.

Am Ende langte es nur zur Platzierungsrunde und Rang sieben, durch den Deutschland in der Gesamtwertung der GP-Serie acht Wertungspunkte erhielt, ganze zehn weniger als die am Ende zweitplatzierten Spanier und zwölf weniger als Irland. Da es für die ersten acht Plätze bei einem Turnier nur jeweils zwei Punkte mehr gibt, als für die direkt dahinter platzierte Mannschaft, geht die DRV VII nun bereits mit einer großen Bürde in die weiteren drei Turniere. Sollten sich die Iren oder Spanier beispielsweise immer direkt hinter unserer Mannschaft platzieren, könnten wir diese nicht mehr aus eigener Kraft überholen. Für die Hongkong-Quali (die beiden besten Teams, die nicht bereits auf der World Series sind, ziehen das Ticket) sowie die WM-Quali (Russland, Spanien, Italien, Georgien und Deutschland kämpfen um das Ticket) heißt es nun, dass wir unter „Zugzwang“ sind, wie Chad Shepherd gegenüber TotalRugby analysierte.

Aber genauso hat die deutsche Mannschaft bewiesen, wie eng das Feld der GP-Serie in diesem Sommer beieinander ist. Die deutsche Mannschaft konnte als einzige den späteren Sieger Irland bezwingen und ist auch nur hauchdünn am späteren Zweiten Spanien gescheitert. Mit ein wenig mehr Konstanz kann die deutsche Mannschaft in den kommenden Turnieren eine weitaus bessere Rolle spielen. Auch ein Ausrutscher des Aufsteigers Irland oder der Iberer, die an Tag eins in Moskau ihre Verwundbarkeit unter Beweis gestellt hatten, ist nicht ausgeschlossen.

 

Eine blutige Nase - sprichwörtlich - holte sich Steffen Liebig und die DRV VII in Moskau


2. Die Kadertiefe wurde bis aufs Äußerste getestet und das Resultat ist mehr als akzeptabel

Gleich vier Debütanten waren im Kader der deutschen Mannschaft. In den letzten beiden Jahren hatte das Team-Management der deutschen Siebener-Nationalmannschaft die Anstrengungen die Kadertiefe zu verbessern deutlich erhöht. Das Resultat konnte sich beim ersten richtigen „Härtetest“, wie es DRV-Sportdirektor Manuel Wilhelm formulierte, sehen lassen. Jarrod Saul zeigte gegen Georgien anfangs einige Wackler, konnte dann aber selbst zu seinem ersten EM-Versuch ablegen, was Wunder für sein Selbstbewusstsein bewirkt haben muss. Der junge Stürmer von Germania List spielte unbekümmert auf und konnte sich und seine Teamkollegen mehrmals gut in Szene setzen. Joshua Tasche hätte gegen Spanien fast das Spiel drehen können, wenn er den Cross-Kick von Bastian Frank Himmer gefangen hätte. Seine Geschwindigkeit könnte für die deutsche Mannschaft noch zur Waffe werden.

Da zumindest Anjo Buckman und Kapitän Pierre Mathurin in Lodz weiter ausfallen werden, wird die Kadertiefe unserer DRV VII weiterhin getestet werden. Für Nationaltrainer Shepherd, der gegenüber TotalRugby konstatierte, dass seine Debütanten „den Schritt auf das höhere Niveau gut geschafft haben“, ist dies ein Segen.


3. Der Blick muss nach vorne gehen: In Lodz muss die deutsche Mannschaft punkten, hat es aber in der Gruppenphase erneut mit harten Gegnern zu tun

Irland, Portugal und Polen heißen die drei deutschen Gegner in der Gruppenphase von Lodz. Moskau-Sieger Irland wird mit breiter Brust auflaufen und auch die sich stetig verbessernden Italiener, die in Moskau nach einem Viertelfinalsieg über Frankreich auf dem vierten Rang landeten werden für Deutschland knallharte Gegner sein. Polen wiederum wird nach dem letzten Platz von Moskau vor heimischen Publikum Wiedergutmachung betreiben wollen. Es ist nicht auszuschließen, dass man im polnischen Team den ein oder anderen Spieler für das Heimturnier zurückgehalten hat. Doch die Gruppenphase von Moskau beweist immerhin - die Leistung an Tag zwei ist deutlich wichtiger.

Chad Shepherd ist sich sicher: „In Lodz müssen wir über alle sechs Spiele hinweg mental auf der Höhe sein!“ Sollten sich, wie in Moskau mit Irland und Italien, zwei Konkurrenten für Hongkong vor der DRV VII platzieren, würden unsere Jungs langsam unter Zugzwang geraten. Immerhin wird bei den Moskau-Debütanten die Nervosität ein wenig verflogen sein. Coach Shepherd betont „die Jungs wissen nun, was auf sie zukommt“ und wird wohl auch für Lodz auf den einen oder anderen Jungspund zurückgreifen. Der Neuseeländer ist mit Blick auf Lodz „positiv gestimmt“ und wenn seine Jungs „die kleinen Details richtig machen“, wie er in Moskau bei mehreren Pausen-Ansprachen betonte, ist in Lodz eine Überraschung drin. Doch der Wettbewerb ist in diesem Jahr mit dem Klasse-Aufsteiger Irland, den deutlich verbesserten Italienern und Georgien noch Mal eine Runde stärker.

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