TR-Interview mit DRV VII Coach Chad Shepherd: Wir wollen in Moskau ein Wörtchen mitreden
Geschrieben von TotalRugby Team   
Mittwoch, 31. Mai 2017

Nationaltrainer Chad Shepherd: Wir wollen mindestens unter die Top 6. Foto (c) Perlich
Nationaltrainer Chad Shepherd: Wir wollen mindestens unter die Top 6. Foto (c) Perlich

An diesem Wochenende geht die Siebener-Rugby-Europameisterschaft - Sevens Grand Prix Series genannt - in ihre 15. Saison. Das Auftakturnier in Moskau wird das erste der vier über den Sommer ausgespielten Turniere sein und für unsere DRV VII geht es neben wichtigen Fördermitteln um nicht weniger als die Weltmeisterschafts- und die erneute Hongkong-Qualifikation. Wir haben uns mit Nationaltrainer Chad Shepherd über den anstehenden EM-Auftakt unterhalten, bevor er mit seinem Kollegen Chris Lane und dem am morgigen Donnerstag endgültig bekanntgegebenen 12-Mann-Kader den Flieger in die russische Hauptstadt besteigt.

TotalRugby: Hallo Chad, erst einmal vielen Dank dafür, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Du steckst mit der Mannschaft in den letzten zeitraubenden Vorbereitungen auf Moskau. Mittlerweile sind sieben Wochen seit der dramatischen Last-Minute-Finalniederlage in Hongkong vergangen. Wie habt ihr in der Mannschaft den Rückschlag verarbeiten können und wie ist die Vorbereitung seitdem gelaufen?

Shepherd: Mittlerweile sehr gut. Die Jungs und das Trainerteam hatten zwei Wochen das Ganze körperlich und mental zu verarbeiten. Währenddessen war aktive Erholung angesagt. Danach haben wir drei Wochen hochintensiv an der Fitness unserer Jungs gearbeitet, um sie für Moskau auf den Punkt topfit zu bekommen. In den letzten zwei Wochen rückte dann mehr und mehr unser Spielsystem in den Fokus - außerdem haben wir die Intensität wieder ein wenig zurückgefahren, damit die Jungs die nötige Frische haben.

TotalRugby: Wie sieht die Zielsetzung für die GP-Serie in diesem Jahr aus?

Shepherd: Wir wollen mindestens unter den besten fünf Mannschaften landen. Natürlich wollen wir uns auch wieder für Hongkong qualifizieren, was keine einfache Aufgabe wird. Zwar fällt mit den nun für die World Series qualifizierten Spanier ein Konkurrent weg, aber mit Irland kommt dafür ein neuer hinzu. Außerdem wollen wir alles tun, um uns für die Siebener-WM im kommenden Jahr in San Francisco zu qualifizieren. Wenn wir das schaffen, landen wir aber sowieso unter den Top 6 Mannschaften.

TotalRugby: Im Vorjahr hattet ihr vor der Grand Prix Serie mit Hongkong und Monaco zwei große Highlights, bei denen ihr jeweils weit über den Erwartungen gespielt habt. Mit der Grand Prix Serie dagegen wart ihr im Trainerteam nicht ganz zufrieden.

Shepherd: Das war definitiv so, wir hatten für uns etwas ungewohnt zwei ganz wichtige Turniere, bevor es in die Grand Prix Series ging. Deswegen hatten wir den Leistungszenit vielleicht etwas früh erreicht. Aber mit dem intensiven Fitness-Block nach Hongkong sollten wir in der Lage sein das in diesem Jahr zu verhindern. Aber genauso wird es wichtig sein auf die Erholung zu achten - da mit Moskau an diesem und Lodz am Wochenende danach zwei Turniere mit nur fünf Tagen Pause dazwischen stattfinden werden.

TotalRugby: Genauso wird die Kader-Tiefe ja mit den kurz aufeinander stattfindenden Turnieren, sowie dem einen zusätzlichen Turnier in diesem Jahr ein größerer Faktor sein, richtig?

Shepherd: Die Tiefe wird ein wichtiger Faktor sein und wir sind dahingehend zufrieden. In Paris bei den Centrale 7s hatten wir eine sehr junge Entwicklungs-Mannschaft an Bord und diese hat sich super geschlagen. Wir haben dort gegen Frankreichs Entwicklungsmannschaft gewonnen und nur knapp gegen Wales verloren, die einige World Series Spieler an Bord hatten.

Wir arbeiten seit einiger Zeit an der Kadertiefe, aber das braucht Zeit. Spieler werden nur besser wenn sie auf hohem Niveau Siebener spielen. Deswegen wird das nach den ersten beiden GPS-Turnieren stattfindenden Turnier in Rom wichtig. Je nachdem, wie wir personell durch die ersten beiden Turniere kommen, werden wir eine sehr junge Truppe dorthin schicken. Wahrscheinlich auch mit ein paar Kader-Spielern, die bei den GPS-Turnieren weniger Spielzeit erhalten haben.

TotalRugby: Der Auftakt in Moskau wird für die deutsche Mannschaft kein einfacher. Mit den hochambitionierten Aufsteigern Irland, sowie Wales und Georgien hat die DRV VII ein hartes Programm vor der Brust.

Shepherd: Das ist wahrlich eine verdammt harte Gruppe. Wir wollen dennoch ins Viertelfinale. Erst einmal liegt der Fokus auf Georgien, da wir dem Klischee entsprechend tatsächlich von Spiel zu Spiel denken wollen. Aber wir haben ebenso unsere Hausaufgaben in Sachen Irland und Wales gemacht. Die Iren hatten ein langes Vorbereitungsprogramm, sie haben einige Turniere gespielt, unter anderem Amsterdam am letzten Wochenende. Sie sind eine schnelle und dennoch sehr physische Mannschaft. Außerdem haben sie mehrere Trainingsspiele gegen Wales gespielt. Die wiederum werden wieder mit einigen World Series Spielern bei den EM-Turnieren antreten.

TotalRugby: Mit Blick auf die gesamte Grand Prix Serie - wen hältst du für unsere größten Konkurrenten, wenn es um die erneute Qualifikation für Hongkong als eine der beiden besten Teams sein, das nicht auf der World Series ist?

Shepherd: Natürlich die üblichen Verdächtigen, wie Portugal und Georgien. Belgien war bisher immer ein gefährliches Team, da bleibt abzuwarten mit welcher Form sie in die Series starten. Aber Irland wird als Aufsteiger gleich eine große Gefahr sein.

TotalRugby: Wenn man Irlands Vorteile - eine viel größere Spielerbasis im Land, die Akademien der Pro 12 Teams und die lange Rugby-Tradition im Land - mit unserer Erfahrung auf der GP-Serie gegenüberstellt: Zu welchem Schluss kommst du dann?

Shepherd: Sie haben einige verdammt gute Rugby-Spieler in ihren Reihen und konnten in den letzten Wochen einige hochklassige Turniere spielen. Der irische Verband hat seinen Siebener-Aktivitäten in letzter Zeit extrem verstärkt. Es wird verdammt spannend zu sehen sein, wie gut sie als Team funktionieren, das ist nämlich eine unserer großen Stärken. Wir haben die nötige Erfahrung, jetzt wird es ab dem Wochenende darum gehen, diese auf dem Platz in Erfolge umzuwandeln.

TotalRugby: Mit Kapitän Pierre Mathurin und Anjo Buckman fallen zwei Schlüsselspieler für den Auftakt in Moskau aus, Tim Biniak mit seinem Kreuzbandriss aus Hongkong über den gesamten Sommer. Wie geht ihr damit um?

Shepherd: Solche Sachen liegen leider in der Natur der Sache. Es kann immer Mal jemanden erwischen und das wissen die Jungs, das gehört leider ebenso zum Spiel wie Erfolge und Triumphe. Aber genau deshalb ist es so wichtig, dass wir weiterhin an unserer Kadertiefe arbeiten. Bei Ausfällen möglichst gleichwertigen Ersatz zu haben ist auch wichtig über vier Turniere hinweg eine konstante Leistung abrufen zu können. Wir haben hohe Erwartungen an uns selbst und die werden wir über diese vier Turniere hinweg abrufen müssen. Am besten gleich zum Auftakt in Moskau, denn das Resultat in Russland entscheidet über die Gruppeneinteilung in Polen am darauffolgenden Wochenende. Wenn man also in Moskau schlecht abschneidet erwischt man für Lodz eine ungleich schwerere Gruppe.

 

 

 

Mit Kapitän Pierre Mathurin und Anjo Buckman (im Bild) fehlen der DRV VII zwei absolute Schlüsselspieler in Moskau



TotalRugby: Abschließend die Frage an dich Chad: Wer ist der Favorit für die Series und wen siehst du am Wochenende in Moskau vorn?

Shepherd: Die World Series Teams werden natürlich wie immer eine sehr gute Rolle spielen, natürlich auch davon abhängend wie viele Perspektiv-Spieler sie mit im Kader haben. Bei England wird man nach einer langen Saison auf der World Series in Moskau vielleicht nicht die ganz großen Namen zu Gesicht bekommen, in Exeter dafür vielleicht aber eher. Wales wird definitiv sehr gefährlich sein, genauso wie Irland.

In Moskau muss man darüber hinaus mit Sicherheit mit den Russen rechnen, die daheim immer groß aufspielen. Sie sind eine stolzes Volk und haben vorletztes Jahr vor eigenem Publikum gewonnen. Außerdem werden sie in dieser GP-Serie ihre World Series Spieler trotz deren langer und anstrengender Saison sicher nicht schonen - denn die Russen müssen sich im Gegensatz zu den anderen World Series Teams aus der Vorsaison noch für die WM in San Francisco 2018 qualifizieren. Aber wir wollen auch ein Wörtchen in Moskau mitreden.

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