TotalRugby-Überblick: Internationales Transferkarussel 2015
Geschrieben von TotalRugby Team   
Dienstag, 28. April 2015

Quade Cooper wurde am Freitag der Öffentlichkeit als neuer Verbinder des RC Toulon vorgestellt
Quade Cooper wurde am Freitag der Öffentlichkeit als neuer Verbinder des RC Toulon vorgestellt

In weniger als 150 Tagen beginnt im Londoner Twickenham-Stadion die achte Rugby-Weltmeisterschaft mit der Begegnung England-Fidschi. Während die diesjährige WM die größte, bestbesuchte und meistverfolgte jemals zu werden verspricht, scheint auch das damit verbundene Transferkarussel ein besonderes zu werden.

Traditionell nutzen viele altgediente Spieler der drei Südhemispheren-Nationen Australien, Neuseeland und Südafrika die Saison nach einer WM, um sich bei einem neuen Verein in Europa oder Japan anstellen zu lassen. Die mittlerweile deutlich lukrativeren Verträge speziell in Frankreich, die extreme Reisebelastung für Super Rugby Spieler, sowie der scheinbar unerschöpfliche Nachschub an talentierten Nachwuchsspielern, der im Umkehrschluss mehr Wettbewerb für altgediente Heroen bedeutet, sind die Hauptursachen für diese alle vier Jahre wiederkehrende Entwicklung.

Doch nach der WM in diesem September und Oktober werden sich noch einmal mehr Rugby-Profis als bisher aus dem Süden in die Top 14, die Aviva Premiership oder die Guiness Pro 12 begeben. Hierbei spielen die beiden kürzlich abgeschlossenen TV-Verträge in England und Frankreich eine gewichtige Rolle. Die französischen Vereine etwa können sich über eine Verdopplung ihrer TV-Gelder freuen, jährlich insgesamt etwa €72 Millionen für die 14 Topklubs ab der nächsten Saison. Bereits mit den Mitteln des alten TV-Vertrages bringt es der durchschnittliche Top 14 Klub heute schon auf ein Budget von über €21 Millionen pro Saison. Aber auch die TV-Rechte für die englische Liga sind seit einer Verlängerung mit BT Sport nahezu ähnlich wertvoll, wie die jenseits des Ärmelkanals.

Außerdem haben sowohl Südafrika als auch Australien seit der letzten WM ihre Nominierungskriterien gelockert. Schon bereits seit mehreren Jahren können Spieler, die bei einem Verein im Ausland spielen, auch für die südafrikanischen Springboks spielen. Vor wenigen Tagen hat nun auch der australische Verband ARU dem in dieser Hinsicht zunehmenden Druck nachgegeben. Von nun an können Wallabies, die mehr als 7 Jahre einen ARU Vertrag besessen haben und zudem bereits 60 Caps gesammelt haben, für die Nationalmannschaft auflaufen, auch wenn sie bei einem ausländischen Verein spielen. Nachdem die Wallabies mit dem zweite-Reihe Stürmer Kane Douglas zuletzt einen jungen vielversprechenden Spieler, der unter Nationaltrainer Micheal Cheika unumstritten war, an Leinster Rugby verloren hatte, schien der Handlungsbedarf unaufschiebbar.

Durch die Neuregelung will die ARU einerseits Wallaby-Spieler für europäische Klubs unattraktiver machen, da sie während der Saison für die Rugby Championship abgestellt werden müssten. Andererseits versucht man bei der ARU auch die Stärke der eigenen Mannschaft in den kommenden Jahren in der Rugby Championship trotz hochkarätiger Abgänge zu gewährleisten. Zum jetzigen Zeitpunkt könnten RC Toulon Außen Drew Mitchell und Innen Matt Giteau, sowie Rekordnationalspieler George Smith, der mittlerweile bei Lyon unter Vertrag steht, von dieser Regelung profitieren.

Einzig die neuseeländische NZRU bleibt bisher bei ihrer strikten Haltung, niemanden für die All Blacks zu nominieren, der einen Vertrag abseits von „Aotearoa“ hat. Angesichts der Abgänge von jungen All Blacks wie Charles Piutau, Francis Saili, Collin Slade, sowie den altgedienten Dan Carter, Ma‘a Nonu und Conrad Smith wird auch in Neuseeland heftiger über das für und wider dieser strikten Haltung diskutiert.

TotalRugby gibt euch einen Überblick über die spektakulärsten unter den bisher bestätigten Transfers:

Verbinder

- Quade Cooper, Wallabies und Reds Verbinder wird in der kommenden Saison beim RC Toulon spielen. Der gebürtige Neuseeländer war in Australien nie gänzlich unumstritten und musste 2012 $40.000 Strafe zahlen, nachdem er die Atmosphäre bei den Wallabies unter ex-Trainer Robbie Deans vor laufender Kamera als vergiftet beschrieb. Zudem erlitt er in dieser Saison bereits zwei schwere Schulterverletzungen und konnte bisher gerade einmal zwei Spiele bestreiten. Doch die Fähigkeiten Coopers bleiben unumstritten und deshalb wird er künftig die erste Wahl auf der 10 bei Toulon sein. Im Alter von 27 Jahren ist er noch nicht im fortgeschrittenen Rugby-Alter, wie viele seiner künftigen Kollegen im Département Rade. Sein wohl bekanntester Vorgänger Johnny Wilkinson lief mit immerhin 34 Jahren noch regelmäßig im Stade Félix Mayol auf.



- Dan Carter, der hundertundzweifache All Black wird ab der kommenden Saison für den Pariser Klub Racing Métro 92 auflaufen. Dem wohl besten Zehner der Neuseeländer in der professionellen Ära wird der Abschied aus seiner Heimat Canterbury mit einem Jahresgehalt von 1,5 bis 2 Millionen Euro versüßt. Gerüchten zufolge wurde mit den All Blacks gleichzeitig ein Eröffnungsspiel für Racing Métros neue €400 Millionen teure Aréna 92 im nächsten Jahr vereinbart.
- Collin Slade, 17-maliger All Black der momentan Dan Carter bei den Crusaders als Verbinder verdrängt hat, wird in die Pyrenäenstadt Pau zur dortigen Séction Paloise wechseln.

Gedrängehalb

- Will Genia, Gedrängehalb der Wallabies und Reds wird ab der nächsten Saison für Stade Français Paris seine Stiefel schnüren. Genia hatte Gerüchten zu Folge bereits einen Vorvertrag mit Bath unterzeichnet, dieser wurde dem Vernehmen nach später deutlich von den Parisern überboten. Somit kann Genia bald mit seinem ehemaligen Reds und Wallabies Kameraden Digby Ioane auflaufen.
- Nic White, Gedrängehalb der Wallabies und Brumbies wird in der nächsten Saison ebenfalls in der französischen Top 14 spielen. Im Gegensatz zu Genia wird er damit wohl seinen Stammplatz bei den Wallabies aufgeben müssen, da er mit seinen 19 Caps nicht die künftigen Nominierungskriterien für Auslandsspieler erfüllen wird.


Innen

- Ma‘a Nonu, All Black und Hurricanes Innen mit bereits 94 absolvierten Länderspielen, ist ein weiterer bereits bestätigter Neuzugang des RC Toulon. Der 32 Jährige wird sich in der kommenden Saison mit Matt Giteau um das 12er Trikot des RCT konkurrieren. Seine kraftvollen Antritte und Offloads, aber auch seine intelligenten Kicks hinter die Verteidigung, haben ihn über Jahre zur ersten Wahl für mehrere All Blacks Trainer werden lassen.
- Conrad Smith, Nonus kongenialen Mittelfeldpartner bei den 'Canes und All Blacks wird es kommende Saison ebenfalls in die Top 14 verschlagen, und zwar zur Séction Paloise. Die Tatsache, dass sich ein Aufsteiger wie die Mannschaft aus Pau einen so hoch dekorierten All Black mit 85 Länderspielen leisten kann, spricht Bände über die momentanen finanziellen Verhältnisse im Rugby.
- Francis Saili, ein weiterer Innen der All-Blacks und Blues, den es in der kommenden Saison nach Europa zieht. Bisher ist er nur zwei Mal für die All Blacks aufgelaufen, jedoch schienen seine Chancen mit den Abgängen von Ma‘a Nonu und Conrad Smith zu steigen. Jedoch wird er von nun an Munsters legendären Thomond Park seine Heimat nennen dürfen.
- Adam Ashley-Cooper, vielseitig einsetzbarer Hintermannschaftsspieler mit bereits 105 Spielen für die Wallabies, davon die meisten als 13, wird künftig für Union Bordeaux-Bègles auflaufen. Der Transfer unterstreicht des von Raphael Ibanez trainierten Klubs mit dem höchsten Zuschauerschnitt in Frankreich.

Schluss

- Charles Piutau, der 23 jährige 14-fache All Black wurde Anfang des Monats als Neuzugang des Belfaster Klubs Ulster vorgestellt. Der bisherige Blues Spieler schien eine vielversprechende Zukunft im neuseeländischen Nationalteam zu haben, entschied sich aber, für viele in Neuseeland überraschenderweise, für das lukrative Angebot aus Nordirland.

Erste-Reihe-Stürmer

- Sekope Kepu, momentan erste Wahl als 3er der Wallabies. Aufgrund der mangelnden Tiefe in dieser Position und dem traditionell wackligen australischen Gedränge gilt sein Abgang zur Union-Bordeaux-Bègles als besonders schmerzlich. Allerdings wird auch Kepu wahrscheinlich von der neuen Regelung der Wallabies profitieren, da er im WM-Jahr die nötigen weiteren 8 Länderspiel ansammeln dürfte.

Zweite-Reihe-Stürmer

- James Horwill, zweite-Reihe Stürmer und ehemaliger Kapitän der Wallabies und Reds hat einen Vertrag bei den Harlequins aus dem Londoner Westen unterschrieben. Sowohl er als auch Halb Genia und Prop Kepu dürften nach der WM auf über 60 Länderspiele kommen und somit die Ausnahmeregelung des australischen Verbandes für verdiente Wallabies in Anspruch nehmen.
- Flip van der Merwe, ist Blue Bulls Spieler und bisher 35 mal für die Springboks aufgelaufen. Während anderen prominenten Springbok-Stürmern, wie Duane Vermeulen und Eben Etzebeth, bisher nur gerüchteweise Ambitionen auf einen Frankreich-Wechsel nachgesagt werden, hat van der Merwe bereits einen Vertrag bei Montpelier Hérault unterschrieben. Eben jenem Klub, der momentan von Ex-Boks-Trainer Jake White trainiert wird.

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Letzte Aktualisierung ( Mittwoch, 29. April 2015 )