Leere Kassen: Jobs der DRV-Mitarbeiter in Gefahr? - Auflösungen von Nationalmannschaften drohen!
Geschrieben von TotalRugby Team   
Samstag, 22. Januar 2011

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Wenn sich die finanzielle Situation weiter zuspitzt könnte laut Bild-Zeitung auch der Job vom langjährigen Bundestrainer Peter Ianusevici in Gefahr sein - (c) Miriam May

"Fliegt der Bundestrainer wegen Geldmangel?" lautete die Überschrift eines Berichtes der Bild-Zeitung Hannover vom 14.01.2010, in welchem es um die leeren Kassen des Deutschen Rugby-Verbandes und die dadurch drohenden finanziellen und strukturellen Einschnitte geht. Das Blatt mit den 4 großen Buchstaben möchte in Erfahrung gebracht haben, dass der Rugby-Verband auf Grund eines fünfstelligen Fehlbetrags aktuell seine Rechnungen nicht bezahlen könne. DRV-Präsident Claus-Peter Bach wurde hierzu wie folgt zitiert: "Es gibt offene Rechnungen". Grund hierfür soll der ausgebliebene Fluss von Bundesgeldern sein - von einem 125.000€-Zuschuss ist hier die Rede. Bleibt dieser aus, so sind wohl auch die Jobs der zwei hauptamtlichen DRV-Mitarbeiter, Volker Himmer (Geschäftsführer) und Peter Ianusevici (Bundestrainer), in akuter Gefahr. Außerdem droht laut Bild-Zeitung auch die Auflösung von vier der acht Nationalmannschaften. Ob davon auch der Vertrag von DRV 7s-Nationaltrainer George Simpkin betroffen sein wird, der Gerüchten zu Folge selbst nicht mehr mit einer baldigen Rückkehr nach Deutschland rechnet, kann bisher in Ermangelung einer offiziellen Mitteilung nur vermutet werden.

TotalRugby.de hat allerdings zumindest in Sachen Finanzen bereits in der vergangenen Woche von DRV-Präsident Claus-Peter Bach eine Antwort erhalten, in welcher erläutert wird, dass der Verband seit Oktober 2009 bezüglich der so dringend benötigten BMI-Gelder in der Luft hänge, und einige Hoffnungen auf ein neuerliches Verständigung zwischen BMI, DOSB und DRV setze. Dieses richtungsweisende Gespräch fand bereits am vergangenen Montag statt, doch zu dessen Ausgang liegen uns leider noch keine Angaben vor.

Ein offizielles Schreiben des DRV-Vorsitzenden, welches sämtliche Vereine und Verbände in der vergangenen Woche erhalten haben sollten, möchten wir hier dennoch veröffentlichen:

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Sportfreundinnen und Sportfreunde,

im Einvernehmen mit meinen Kolleginnen und Kollegen im Präsidium des Deutschen Rugby-Verbandes habe ich angeordnet, dass die Mitgliedsbeiträge der Vereine und Landesverbände und die beim Deutschen Rugby-Tag 2010 beschlossene Sonderumlage in diesem Jahr entgegen der bisherigen Gepflogenheiten bereits im Januar eingezogen werden. Die Mitglieder erhalten die Beitragsrechnungen also rund vier Monate früher und werden herzlich gebeten, die Überweisungen sehr zeitnah zu erledigen.

Der Grund für diese Maßnahme liegt in der Tatsache, dass sich unser Verband seit Sommer 2010 in einer prekären wirtschaftlichen Lage befindet, die deshalb entstanden ist, weil das Bundesministerium des Innern unsere im Oktober 2009 gestellten Zuschussanträge für die sportlichen Maßnahmen der Nationalmannschaften (35.000 Euro) und die Gehälter unseres Leistungssportpersonals (= Bundestrainer Peter Ianusevici und Sportdirektor Volker Himmer/rund 91.000 Euro) noch nicht entschieden hat. Dort bestehen Zweifel an der Förderungswürdigkeit des Verbandes, und es ist uns trotz eines nun neunmonatigen intensiven Dialogs mit dem BMI und zweier Besuche dort noch nicht vollständig gelungen, diese Zweifel auszuräumen. Wir haben seit geraumer Zeit den Deutschen Olympischen Sportbund um Unterstützung gebeten und sind dank der Interventionen der im Dezember 2010 neu gewählten Vizepräsidentin für den Leistungssport, Frau Dr. Christa Thiel, nun auf einem guten Weg.

Tatsache ist aber, dass wir die Tätigkeit unseres Leistungssportpersonals seit nun 13 Monaten finanzieren, ohne dafür die seit Jahrzehnten gewährte staatliche Unterstützung zu erhalten. Wir haben 2010 unter ungeheurem Sparzwang fast alle nationalen und internationalen Aufgaben als Spitzensportverband erfüllen können, waren aber zu harten Einschnitten in die Vorbereitung der Nationalmannschaften und zur Absage der U19-Europameisterschaft in Belgien gezwungen. Dieser Schritt hat uns besonders geschmerzt, weil dieses Team gute Chancen auf ein erfolgreiches Abschneiden hatte. Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass unsere Nationalmannschaften (auch die Männer!) seit Monaten bei Lehrgängen und Länderspielen in der Jugendherberge Heidelberg oder zuhause im eigenen Bett logieren, um Kosten zu senken.

Das Präsidium des DRV und Frau Natascha Evers in der Geschäftsstelle arbeiten pausenlos an einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage und bitten Sie nun herzlich um Ihre Mithilfe. Mit dem frühen Inkasso der Beiträge und Sonderumlage und dem Anfang Februar eintreffenden Zuschuss des International Rugby Board werden wir in die Lage versetzt, alle offenen Rechnungen zu bezahlen und unsere sportlichen Aufgaben im Frühjahr 2011 zu erfüllen.

In diesem Zusammenhang bitten wir alle Vereine und Landesverbände, die auf Erstattungen des DRV warten, um Verständnis und Entschuldigung für die Verzögerung.

Mit freundlichen Grüßen!

Deutscher Rugby-Verband e.V.

Claus-Peter Bach

Präsident


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Kommentare (9)add comment

Christian Pfusch said:

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unbegreiflich.....kann mich nicht erinnern, dass der DRV jemals in so einer finanziellen Krise war.....Es gibt ja einige sehr bekannte Sponsoren in Frankfurt und Heidelberg...Vielleicht könnten diese den DRV aus der Klemme helfen.....mit einer Spende oder zinslosen Darlehen. Aber auf diese Sponsoren muss man(n) zugehen und nicht warten, ob sie reagieren....kann das der DRV Vorstand?

Das Image des deutschen Rugbysports ist allerdings nun in der öffentlichen Wahrnehmung ziemlich angeschlagen......Zweifel an der Förderungswürdigkeit lässt weitere Spekulationen zu....

Wikipedia: Spekulation für die Übergangszeit, in der Philosophen Fragen stellen, die sie mit vorhandenen logischen Mitteln noch nicht beantworten können.[1] Auch in der Umgangssprache wird Spekulation in dem Sinne aufgefasst, dass Behauptungen gemacht werden, denen eine rationale Grundlage abgeht. In Gegensatz dazu verteidigt Karl Popper spekulatives Denken als einen Weg, zu Theorien zu gelangen.[2] Damit sie als "wissenschaftlich" akzeptiert werden, müssen sie jedoch kritisch geprüft werden.[3] Ähnlich gilt nach Paul Lazarsfeld für die empirische Sozialforschung: Statistische Resultate können nur erlangt werden als Antworten auf vorangegangene Spekulationen.[4]
Januar 22, 2011

Christoph Kotowski said:

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Mir fehlen die Worte. Den BILD-Artikel lasse ich unkommentiert. Schlechter kann Publicity jedenfalls nicht sein. Ich weiß nicht, wie man dieses Problem nun ohne Sponsoren ordentlich lösen will. Es sollte jedenfalls allen klar sein, dass derlei Probleme auch auf die sportliche Entwicklung des Verbandes, bzw. seiner Mannschaften, auswirkungen haben dürften.
Januar 22, 2011

Matthias Hase said:

381
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was macht in diesem zusammenhang (generierung von geldern) eigentlich die rugby marketing gmbh? gibt's die noch?
Januar 22, 2011

Klaus-Uwe Gottschlich said:

328
Die ganzen Sprüche bringen nichts - Schadensbegrenzung ist angesagt
Die ganze Diskussion ist Fehl am Platz. Die Fakten sind doch schon länger bekannt: Der DRV hat leider kein finanzielles Polster um solche unverhofften Löcher zu stopfen. Im Klartext: Die dem DRV angeschlossenen Vereine und Landesverbände haben in den letzten Jahren zu geringe Beiträge im Verhältnis zu den beantragten und erhaltenen Zuschüssen gezahlt!
Durch die Umlagen für drei Jahre und mit der beantragten Beitragserhöhung zum a. o. Rugby-Tag in Heusenstamm sollte das Problem mit dem BMI behoben werden.
Ob das überhaupt ausreicht, ist zu klären. Die Vereine und Verbände sollten der Bitte des DRV-Präsidenten umgehend folgen und schnellstmöglich ihre Bestandserhebungen an den DRV einreichen, damit dieser die Rechnungen versenden kann. Nur so können wir größeres Unheil verhindern.
Natürlich sind dem DRV bestimmt auch kleine und größere Spenden willkommen.
Januar 22, 2011

Klaus-Uwe Gottschlich said:

328
Die ganzen Sprüche bringen nichts - Schadensbegrenzung ist angesagt II
Laut DRV-Präsident CP Bach sind die Beitrags-Rechnungen 2011 auf der Basis von 2010 bereits an die Vereine und Landesverbände unterwegs.

Also können sie auch zeitnah beglichen werden. Der DRV kann somit die Rechnungen und das Personal wieder bezahlen.

Mit der auf dem a.o. DRV-Tag am 29.01.2011 in Heusenstamm zu beschliessenden Beitragserhöhung wird sich hoffentlich das BMI überzeugen lassen und den Geldhahn wieder aufdrehen.
Januar 23, 2011

Andreas Müller said:

709
Berichte, Bild und Bonzentum
Es ist immer wieder herrlich, wie exakt getimed solche Aktionen laufen, genau eine Woche vor dem Außerordentlichen DRV-Tag!!
Und das alles, weil momentan kein Geld für Mitarbeiter da ist, obwohl sie alle daran maßgeblichen Einfluss darauf haben, die Gelder zusammen zu halten und/oder zu verwenden. Bei dem Etat des DRV, soviel Kohle hatten wir nie zuvor, sollten einige Herrschaften ihre Sparmöglichkeiten mal etwas mehr ausschöpfen oder andere ihnen auf die Finger hauen! Da werden Tickets gekauft um die Spieler durch die Lande zu fliegen, die dann nicht wahrgenommen werden oder wie auch immer und etliches mehr. Sparen, heißt verantwortlich mit dem Geld und dem Vertrauen der Mitglieder umzugehen und darauf zu achten, die Ziele, die alle beschliesen zu verfolgen. Alle Länder, denen wir vor Jahren noch überlegen waren, überholen uns im Schweinsgalopp und wir regen uns darüber auf das die Gelder für die Mitarbeiter nicht fliessen?! Sie sind doch selbst Mitschuld an dieser Misere, da war die Absage der U19 bereits ein großes Warnsignal, aber man lebt ja weiter nicht schlecht. Und die tollen Freunde vom DRV in Politik und Wirtschaft scheren sich einen Dreck um die Zukunft unseres Sportes und seiner Vereine, denn wir sind in der Brenne, wenn´s knallt! Und die Demokratie steht auf tonernen Füssen, wenn den Vereinen die Existenz kaputt gemacht wird. Und nun frage ich mich, wer hat soviel Interesse daran und läuft das in anderen Verbänden/Sportarten genauso? Es ist eine Riesenkloake, die wir hier betreten. . . und wir sollten uns fragen, wem wir mehr vertrauen, unseren eigenen Leuten oder denen, die das mit verursachen, weil sie ihre Absprachen nicht einhalten?! Gute Nacht Deutschland!
Januar 23, 2011

Walter Sill said:

334
Bittere Pillen
@andreas: Deine Wut kann ich gut verstehen, aber ich finde du hast dich im Ton vergriffen.
Soweit ich die Entwicklung mitbekommen habe, gibt es ein Defizit im Haushaltsplan des DRV, welches seit Jahren "mitgeschleppt" wird. Die Delegierten auf den DRV-Tagen haben diesem Haushalt in jedem Jahr zugestimmt. Bereits im vorletzten und letzten Jahr waren Beitragserhöhungen in der Diskussion, wurden aber nicht beschlossen. Da ich bei den Diskussionen auf dem DRV-Tag nicht dabei war,kann ich dazu und zu den Beweggründen nichts weiter sagen als die finanzielle Schieflage war allen, die es wissen konnten und wollten bekannt. Auch hier im Forum ist
einige Male über die Finanzen diskutiert worden. Nach meiner Auffassung geht es um die konkrete Antragsprüfung durch das Bundesverwaltungsamt. Bei diesem Verfahrensstand hat nach meiner Vermutung das BMI das Bundesinteresse an einer Förderung bereits festgestellt. Dies bedeutet, es liegt im Interesse des Bundes das Rugby als olympische Sportart förderungswürdig ist und die BR Deutschland nach außen positiv vertritt. Jetzt kommt das große ABER: Dies ist noch keine Zusage, sondern eine "Inaussichtstellung". Danach folgt eine Prüfung nach strengen Kriterien, bei der der DRV (möglicherweise, ist meine Vermutung) droht, hinten herunter zu fallen. Die Zuwendung darf nur gewährt werden, wenn eine Bonitätsprüfung positiv ausfällt.D.H. die Zuwendung soll nur zweckgebunden verwendet werden. Dies ist i.d.R. nicht der Fall, wenn Schulden bestehen und die Eigenkapitalsdecke nicht ausreicht. Solange das nicht geklärt ist, gibts kein Geld...
Die Schuldfrage zu stellen ist zwar spannend, bringt aber nichts, zumal jeder sein bißchen daran zu tragen hat. Wir müssen uns selbst aus dem Sumpf ziehen,da hat KUG recht. Die finanzielle Lage ist ohne Übertreibung verzweifelt. Sonderumlage und die Beitragserhöhung sind m.E. die einzige Möglichkeit um die Bundeszuwendung noch zu erhalten. Darum macht mit! Es ist zumindest bisher kein Ablehnungsbescheid ergangen, es gibt noch eine kleine Chance.
Januar 24, 2011

Klaus-Uwe Gottschlich said:

328
Finanzen, Sponsoren und Zuständigkeiten
@Walter Sill: Ein sehr ausführlicher, sachlicher und zutreffender Kommentar, gratuliere!

Uns allen muss ganz schnell bewußt werden, dass das ganze, teils sehr gekonnte Klagen, sowie die Aufforderungen an Dritte (Sponsoren, Medien, Schulen, Universitäten, IRB, etc.) nur jede Menge Emtotionen aufwühlen, aber in unserem Hauptanliegen, dem Rugbysport überhaupt rein gar nichts bewegen.

In unseren eigenen Reihen (Funktionäre, Vereine und Verbände) steckt verdammt viel Potential, es muss nur richtig entdeckt, gefördert und optimal eingesetzt werden.

Falls Rugbyspieler/-innen wirklich die besseren "Sportler" sein sollten, dann müssen wir es beweißen. In unserem gemeinsamen Bemühen, den Rugbysport in Deutschland zu entwickeln, muss auch wieder Respekt vor dem Konkurrenten, vor Anders- oder Querdenkenen und vor schwächeren opder Stärkeren einziehen.
Wir wissen doch, eine Rugbymannschaft ist nur stark, wenn alle am gleichen Strick und in die gleiche Richtung ziehen.
Das gilt im übertragenen Sinn auch für die "Landesverbände" und den "DRV".
Nehmt zum Beispiel die Neugründungen in Memmingen, Saarbrücken und Oldenburg als Vorbild: Unter schlechten Bedingungen haben die dortigen Initiatoren durch gute und engagierte Arbeit vorbildliche Starts hingelegt. Da stellt sich die ktitische Frage, was wird in eingen der älteren Vereine gemacht oder besser gesagt nicht genmacht, weil sich kein Erfolg einstellt?
Der a.o. Rugby-Tag in Heusenstamm ist wieder eine große Chance zum engagierten Neuanfang.

Januar 24, 2011

Klaus-Uwe Gottschlich said:

328
Finanzen, Sponsoren und Zuständigkeiten II
sorry, wollte zum Text zurück und habe aber aber den Kommentar veröffentlich. Bitte ignoriert die zahlreichen Fehler. Ich werde an der technik arbeiten ;-))
Danke
Januar 24, 2011

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Letzte Aktualisierung ( Samstag, 22. Januar 2011 )