TR-Review Rugby-Bundesliga: 78 gewinnt Topspiel-Krimi, HRK trotz Leistungssteigerung vor Abstieg
Geschrieben von TotalRugby Team   
Sonntag, 16. April 2023

Image
Der BRC biss sich an der starken 78er-Defensive in Überzahl die Zähne aus. Foto (c) Philipp Knoop

Das Topspiel in der Berliner Jungfernheide hielt, was es versprach. Hannover 78 konnte sich mit einer Willensleistung in Unterzahl einen hochdramatischen Sieg beim BRC sichern. Pauli schöpft nach dem Sieg im Derby plötzlich neue Hoffnung im Abstiegskampf und im Süden trennten sich die beiden Aufsteiger München und Offenbach Unentschieden, womit Heusenstamm nun plötzlich auf Relegationsrang sieben steht.

 

SÜD/WEST

Tabelle

Rang Team Spiele Punkte Differenz
1 SC Frankfurt 1880 11 53 +430
2 Sportclub Neuenheim 11 49 +369
3 TSV Handschuhsheim 11 40 +453
4 RG Heidelberg 11 21 -198
5 München RFC 11 18 -301
6 Offenbacher SCR 11 17 -132
7 RK Heusenstamm 11 16 -245
8 Heidelberger RK 11 2 -376

München RFC 24-24 Offenbacher SCR

Am Ende war es eine Punkteteilung, mit der beide Rivalen im Abstiegskampf nicht gänzlich zufrieden sein können. Bei glitschigem Spielgerät und tiefem Rasen war es ein kampfbetontes Spiel, bei dem sich beide Rivalen rein gar nichts schenkten.

Im ersten Durchgang gab es zunächst nur Punkte vom Tee, bis Münchens Schluss Santiago Schiavini nach 30 gespielten Minuten eine Lücke in der bis dahin sicheren Gäste-Defensive fand und zum ersten Versuch ablegte. Trotz zweifacher Überzahl der Hausherren schafften diese es nicht, sich entscheidend abzusetzen - jedoch zeigte sich Kapitän und Verbinder Niklas Hohl vom Hütchen treffsicher und stellte mit einem 50-Meter-Straftritt den 11-6 Pausenstand her.

Nach der Pause musste erneut ein Offenbacher für wiederholtes Abseitsspiel vom Feld, was den Münchnern obendrein die nächsten drei Zähler bescherte. Jedoch konnte Offenbachs zweiter Innen in Unterzahl eine Lücke in der Defensive der Gastgeber finden und verkürzen. Weitere drei Zähler vom Tee und nun führten die Gäste erstmals.

Doch die Schlussphase in Großhadern sollte noch einmal turbulent werden. Als Münchens Jan Wirtz knappe zehn Minuten vor dem Ende zum 24:19 ablegte, schien alles so, als würde München den wichtigen Heimsieg holen. Doch Offenbach gelang mit Willen und dem Mut zur Verzweiflung der Versuch zum Ausgleich gelang.

In den hitzigen Szene darauf holte sich ein Gästespieler noch einen unnötigen Platzverweis für eine Tätlichkeit ab, was am Ergebnis aber nichts mehr ändern sollte. Die Entscheidung um den Klassenerhalt ist damit vertagt - der MRFC bleibt einen Zähler vor den Offenbachern, die kommende Woche daheim Heusenstamm zum nächsten wichtigen Spiel im Abstiegskampf empfangen. Ebenso wichtig wird das Gastspiel der Münchener beim HRK, das die letzte realistische Chance auf einen Sieg darstellt.

RK Heusenstamm 10-24 TSV Handschuhsheim

Eine kämpferisch starke Leistung der Heusenstammer wurde nicht mit Zählbarem belohnt, weswegen sich die Füchse nun auf dem Relegationsrang wiederfinden. Für die Löwen war es ein hart erarbeiteter Pflichtsieg, an dessen Ende fünf Punkte für die Handschuhsheimer rauskamen.

Bei ganz schwierigen Verhältnissen sollte es bis zur 35. Minute dauern, bis die ersten Punkte fielen. Der schnelle Löwen-Außen Josh Gando nahm sich ein Herz und fand den Weg durch die dicht gestaffelte Füchse-Defensive. Im direkten Gegenzug wuchtete sich Füchse-Prop Benny Polheim aber mit Anlauf über die Linie.

Auf einmal fielen die Punkte im Minutentakt und es waren Jaco Otto und Marco Dörzbacher, die auf Seiten der Gäste für eine standesgemäße 17-5 Führung sorgten. Nach dem Pausentee sollte Jaco Otto zweimal für Aufsehen sorgen. Der Dritte-Reihe-Routinier sorgte nach einer Viertelstunde per Solo für den Bonuspunkt, kassierte aber wenig später einen gelben Karton.

In der Schlussphase sorgte Füchse-Youngster Matthias Meichsner an seinem 19. Geburtstag für den 10-24 Endstand aus Gastgeber-Sicht. Für die Heusenstammer noch einmal ein Mutmacher, bevor es kommende Woche zum Lokalrivalen Offenbach geht, mit dem man gerne die Plätze tauschen würde.

Die Löwen wiederum waren ebenso zufrieden, war man ersatzgeschwächt doch nur mit 19 Mann in die Rhein-Main-Region gefahren. „Fünf Punkte sind fünf Punkte“, so das philosophische Fazit von TSV-Routinier Marcus Bender.

SC Frankfurt 1880 73-7 RG Heidelberg

Starke Frankfurter hatten gegen eine geschwächt antretenden RGH über 80 Minuten nie große Mühe. Angeführt von Kapitän Leo Wolf ließen die Frankfurter schon in Durchgang eins wenig Zweifel über den Sieger dieser Partie aufkommen. Trotz widriger Bedingungen konnten die Orange Hearts Frankfurts Offensiv-Maschine selten unter Kontrolle behalten.

Unter anderem Luka Latu, Johan Niederberger und Stella punkteten per Versuch und Hakler Marcel Becker ließ mit einem Vorwurf beim Ablegen sogar noch Punkte liegen. Folgerichtig führten die 80er beim Pausentee bereits mit 33-0. Die einzige echte Chance auf Punkte vergaben die Gäste vom Kickhütchen kurz vor Ende des ersten Durchgangs.

Schon zur Pause sah Meistertrainer Byron Schmidt die Chance zu rotieren und nahm bereits mehrere Wechsel vor. Das änderte aber am Geschehen wenig, du Plessis, Mazare und erneut Flanker Niederberger erhöhten direkt nach der Pause im Minutentakt.

Auf den Gäste-Ehrenversuch folgten noch drei weitere der Frankfurter in den letzten 10 Minuten. Aus einem klaren Sieg wurde damit gegen den immerhin als Tabellenvierten angereisten Heidelberger Traditionsklub eine echte Machtdemonstration. In den kommenden Wochen wird Frankfurt dann gegen Neuenheim und Handschuhsheim mehr gefordert sein.

Noch ist der angestammte erste Platz für Frankfurt nicht gesichert. Die RGH wiederum steht zwar vorerst weiter auf Playoff-Platz vier, hat aber nur ein Polster von fünf Zählern auf den Relegationsrang.

SC Neuenheim 57-17 RG Heidelberg

Angesichts des Endergebnisses mag man es kaum glauben, aber dieses HD-Derby war über weite Strecken die stärkste Leistung des einstigen Serienmeisters, der schlussendlich auch im elften Saisonspiel den ersten Sieg verpasste. Nach dem Trainerwechsel spielten die Zebras über weite Strecken auf Augenhöhe - jedoch sollte es am Ende selbst für den Offensiv-Bonus nicht reichen, obwohl die Zebras im ersten Durchgang drei Versuche Darren, Magda und Reintges legten - jeweils zur Führung.

Aber bereits in Durchgang eins hatten die Neuenheimer jeweils die richtige Antwort parat und zur Pause stand es dementsprechend 17-17. In Durchgang zwei konnte der SC Neuenheim einen Gang hochschalten, während der HRK mit nur drei Bankspielern einbrach. 40 Punkte für Neuenheim zeugen von einem dominierten zweiten Durchgang. Dabei wurde ein Neuenheimer besonders gefeiert - der Deutsch-Namibianer Giovanni Engelbrecht spielte nach sechs Jahren erstmals wieder in Königsblau.

SCN-Teammanager Axel Moser resümierte gegenüber TR: „Insgesamt können wir mit unserem Auftreten besonders in der ersten Halbzeit nicht zufrieden sein, aber wir werden das Spiel mit der Mannschaft analysieren und dann für das kommende Spitzenspiel gegen Frankfurt hoffentlich die richtigen Schlussfolgerungen ziehen.“

Auf den HRK warten nun drei Partien, die mit einer Leistung wie in Durchgang eins durchaus zu gewinnen sind. Aber selbst drei Siege gegen München, Heusenstamm und die RGH könnten bei 13 Zählern Rückstand nicht dazu reichen, noch auf Rang sieben vorzurücken. Es scheint so, als müsste der HRK in wenigen Wochen den bitteren Gang in Liga zwei antreten.

NORD/OST

Tabelle

Rang Team Spiele Punkte Differenz
1 Berliner RC 11 45 +275
2 Hannover 78 9 36 +138
3 RC Leipzig 10 36 +110
4 SC Germania List 11 31 +71
5 Hamburger RC 11 23 -41
6 RK 03 Berlin 11 16 -232
7 TSV Victoria Linden 10 14 -79
8 FC Sankt Pauli 9 12 -209

Berliner RC 18-19 Hannover 78

Es war wohl allen Beteiligten vor diesem Nord-Topspiel bekannt, dass dieses eine enge Kisten werden dürfte und diese Vorahnung sollte sich bewahrheiten. Nach 80 knüppelharten und ebenso spannenden Minuten im Matsch der Jungfernheide trennte die beiden besten Teams des Nordens nur ein einziges Pünktchen.

Alle Punkte fielen bereits im ersten Durchgang, als der BRC zwar den besseren Start erwischte, sich in der Folge aber ein Hin und Her entwickelte und 78 bereits zur Pause mit 19-18 vorne lag. Der BRC übernahm in Durchgang zwei die Regie, doch die Gäste verteidigten mit allem, was sie hatten.

Obwohl die Hannoveraner die letzte halbe Stunde dieses Duells in Unterazahl absolvieren mussten, konnten sie ihr Malfeld in Durchgang zwei sauber halten. Kein Wunder, dass 78-Trainer Christian Doehring nach dem Spiel voll des Lobes war: „Ein Kompliment an das Team für die Verteidigungsleistung. Sogar in Unterzahl haben wir dem Druck des BRC standgehalten!“

BRC-Teammanager Ihno Kittel konnte die Enttäuschung derweil nicht verbergen. In Überzahl habe man „viele unglückliche Entscheidungen im Spielmanagement“ getroffen. Platz eins will man bei den Berlinern noch nicht ganz abschreiben. In den verbleibenden Partien gegen Leipzig, Victoria Linden und den HRC will man die Maximalausbeute von fünf Zählern holen.

Dann hätte Hannover 78 wiederum noch immer die Entscheidung in der eigenen Hand. Jedoch ist das 78er-Programm wegen zweier noch ausstehenden Nachholspiele deutlich straffer. Fünf Spiele in Folge gibt es für den aktuellen Tabellenzweiten noch zu absolvieren. Nur einen Bonuspunkt dürften die 78er liegen lassen, der zweite würde bereits bedeuten, dass der BRC als Tabellenerster in die Playoffs einziehen wird. Es bleibt also auch nach dem Topspiel spannend im Norden.

 

Hamburger RC 24-28 FC St. Pauli

Es war der erwartete heiße Derbytanz in der Hansestadt. Für die formell als Gäste auftretenden Paulianer geht es um den Klassenerhalt, während der HRC noch immer auf die Playoff-Plätze schielte und nach dem relativ deutlichen Hinspielsieg erneut als Derbysieger vom Platz gehen wollte.

Doch davon war in der Anfangsphase dieser Partie wenig zu spüren, denn Braun-Weiß übernahm direkt das Kommando und kam gleich zwei Mal in der Anfangsphase über die Linie. Die 14:0 Führung hielt aber nicht lange und noch vor der Pause konnten die Gastgeber mit einem erhöhten Versuch verkürzen.

Nach der Pause dominierten weiter die Sturmreihen. Zunächst der Ausgleich durch die Hamburger, doch Pauli hatte die passende Antwort parat und erhöhte nach einem schnell angekratzten Straftritt. Auch auf den nächsten HRC-Versuch zum zwischenzeitlichen 19-21 hatte das Schlusslicht eine Replik: Per Paket schob sich der Pauli-Sturm ins Malfeld der HRC-Rugger, die zwar noch einmal auf 24-28 verkürzen konnten, aber in den Schlussminuten nicht mehr zu Punkten kamen.

HRC-Coach Gareth Jackson gab sich im Nachgang sichtlich enttäuscht und erklärte dem Hamburger Abendblatt: „Ich muss St. Pauli zu einem verdienten Sieg gratulieren. Ihr Spielmanagement war besser als unseres, wir haben in zu vielen wichtigen Momenten die falschen Entscheidungen getroffen, während sie ihre Chancen gut genutzt haben.“

Pauli-Trainer Reguieg dagegen glaubt nach dem Bonuspunktsieg mehr denn je an die Chancen seines Teams die Klasse direkt zu halten. Mit dem Derbysieg ist man nun in Schlagdistanz zu Victoria Linden und dem RK 03 Berlin - gegen beide Teams wird man jeweils noch im direkten Duell aufeinandertreffen.

RK 03 Berlin 5-45 SC Germania List

Germania List hat die eigenen Ansprüche auf einen Playoff-Platz mit Nachdruck untermauert. Die Hannoveraner kamen mit den Bedingungen bei typischen Aprilwetter weitaus besser klar, kombinierten flüssiger und waren in der Gasse haushoch überlegen. Dazu leisteten sich die Gastgeber teils hanebüchene Fehler.

Gleich die ersten beiden Ankicks gingen direkt ins Aus. Germania nutzte gleich die ersten Chance und kombinierte sich über die Hintermannschaft zielsicher ins Malfeld - Tino Dietz legte für die Gäste ab. Die Berliner nutzten zwei dicke Chancen zum Ausgleich nicht: Erst wurde Innen Felix Buhrisch wenige Meter vor der Linie gestoppt, dann ging das RK-Paket zielsicher in hoher Geschwindigkeit auf die Linie zu, doch der Berliner Hakler hatte sich im Eifer des Gefechts bei den Linien vertan und legte dann Ball drei Meter vor dem Malfeld ab.

Deutlich cleverer stellte sich die Germania an. Nach einem Ruck an der 22 bemerkte SCG-Veteran Stefan Mau, dass die kurze Seite nicht abgedeckt war, was Mau zu einem 20-Meter-Spurt bis an die Eckfahne nutzte. Wenig später war es dann eine tolle Kombination per Kick von Daniel Koch auf Kapitän Ben Caister, die zum nächsten Germania-Versuch führte.

Als sich Tino Dietz dann kurz vor der Pause zu seinem zweiten Versuch und dem Germania-Bonuspunkt durchsteppte, war die Messe schon weitestgehend gelesen. Zumal die Germanen nach der Pause direkt den nächsten RK-Fehler nutzten und erhöhten. Im Gegenzug scheiterten die Berliner zum wiederholten Male in der 22 der Gäste - die Germania-Defensive zeigte sich an diesem regnerischen Samstag in Berlin sattelfest.

Der Ehrenversuch der Berliner Gastgeber kam dann eher durch Fortune zustande. Der Ball wanderte einmal schnell durch die Hände und dann mit einem bei glitschigem Ball schwierig zu verarbeiteten Bodenroller in die Germania-22. Dort wurde der Ball nicht entschärft und RK-Außen konnte sich per Kick selbst zum Ehrenversuch vorlegen.

Ein weiterer RK-Versuch sollte nicht folgen, im Gegenteil. Eine kuriose Gelbe sowie der Schlusspunkt durch Germanias Kloß sorgten für den Endstand. Die Berliner befinden sich damit nun vollends zurück im Abstiegsstrudel, der zu einem Dreikampf mit Sankt Pauli und Victoria Linden geworden ist.

RC Leipzig 39-6 Victoria Linden

Zumindest eine Halbzeit lang konnten die im Jahr 2023 noch sieglosen Hannoveraner von Trainer Jens Himmer in Leipzig mithalten. Bei nasskalten Bedingungen sollte nie ein Rugby-Leckerbissen aus diesem Duell werden. Bis kurz vor der Pause wurden Punkte nur per Kick erzielt und als Leipzig vor dem Pausenpfiff wegen wiederholtem Abseitsspiel mit Gelb bedacht wurde, schien Victoria mit 6:3 und Rückenwind in die Pause zu gehen.

Doch Leipzigs Neuner de Kock, der zum Man of the Match avancieren sollte, hatte etwas dagegen und bediente Speedster Sibiya zum richtigen Zeitpunkt. Der Südafrikaner startete unwiderstehlich durch und legte zum 8:6 Pausenstand ab. Nach der Pause dann aber viel Leipziger Spielfreude und Dominanz. Wieder war es Neuner de Kock, der du Plessis per Überkick bediente.

Als de Kock dann selbst per Solo punktete und du Plessis den Bonus sicherte, war die Partie gelaufen und Leipzig hatte den Offensiv-Bonus in der Tasche. Der Schlusspunkt von Griesel war für die Leipziger der gelungene Abschluss eines verregneten Nachmittags. Victoria muss aufgrund des Paulianer Siegs mehr denn je um den Klassenerhalt bangen und empfängt die Hamburger kommenden Samstag zum so wichtigen Duell an der Fösse.

 

Artikel empfehlen
Kommentare (0)add comment

Kommentar schreiben
Du mußt angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.

busy
Letzte Aktualisierung ( Montag, 17. April 2023 )