TR-Vorschau Six Nations: Le Crunch & das keltische Duell als Vorentscheidung
Geschrieben von TotalRugby Team   
Freitag, 10. März 2023

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Völlig überraschend verdrängt Marcus Smith den fitten Kapitän Owen Farrell.

Dieses Wochenende entscheidet sich, wer am Super Saturday in acht Tagen um den Titel spielt. Im Falle eines schottischen Sieges am Sonntag könnten theoretisch vier Mannschaften mit Titelchancen in den letzten Spieltag gehen, unabhängig davon, wie le Crunch am Samstag-Abend ausgeht. Derweil will Italien das erste Match seit Jahren als Favorit gegen Wales unbedingt gewinnen und damit den Wooden Spoon vermeiden.

Die Ausgangslage nach 3. von 5. Spieltagen

Rang Team Spiele Siege Punkte Differenz
1. Irland 3 2 15 +51
2. Schottland 3 2 10 +23
3. England 3 1 10 +21
4. Frankreich 3 1 10 +3
5. Italien 3 0 1 -36
6. Wales 3 0 0 -62

 

Italien - Wales

Samstag 11. März 15:15 Uhr, Olympiastadion Rom

Es dürfte die wohl erste Six-Nations-Partie seit über zehn Jahren sein, in die die Azzurri als Favorit gehen - und das obwohl Superstar Ange Capuozzo dem Team mit einer Schulterblessur fehlen wird. Denn nicht nur konnten die Gastgeber Wales im Vorjahre sensationell schlagen, auch haben sie im Turnierverlauf bisher mehr positive Ansätze gezeigt, als die Gäste.

Capuozzos Ersatz wird Tomasso Allan sein, der noch in den ersten beiden Runden als Verbinder startete. Der Harlequins-Profi kommt zu seinem 70. Einsatz auf der zumindest für Italien ungewohnten Position. Für seinen Londoner Klub ist Allan schon mehrfach mit der 15 auf dem Rücken aufgelaufen. Sonst startet Italien unverändert mit Garbisi als Verbinder und Lamaro in der dritten Sturmreihe als Kapitän.

Für die Azzurri, die laut Trainer Crowley aus ihren bisherigen Spielen die nötigen Lektionen gezogen haben, wird es darum gehen effizienter aufzutreten. In allen bisherigen drei Spielen zeigte man sich offensiv durchaus gefährlich, aber ohne die sich bietenden Chancen verlässlich zu nutzen.

Gleichzeitig zeigte man sich in der Defensiv aggressiv und teils auch stark an den Kontaktpunkten, bot gleichwohl aber zu häufig klaffende Lücken in der Defensive. Wenn die Italiener dies abstellen, sollten die Siegchancen für die Gastgeber keineswegs gering sein.

Die Waliser wiederum starten erneut mit einer stark veränderten Truppe. Der alte und neue Coach Warren Gatland hatte in Runde zwei sechs Mal, für das England-Spiel neun Mal und nun wieder auf sechs Positionen gewechselt. Es bleiben turbulente Tage im walisischen Rugby und keiner kann sich seiner Position sicher sein.

Nach zwölf Pleiten in den letzten 15 Spielen ist ein Sieg für Wales im Olimpico am Samstag extrem wichtig. Vor allem die Nominierung von Gedrängehalb Rhys Webb, mit 34 einer der erfahrensten Waliser, hat viele überrascht. Mindestens genauso überraschend ist, dass Dan Biggar nach seiner Verbannung auf die Bank nun nicht einmal mehr im Kader ist.

Vor großen Namen macht Warren Gatland keinen Halt und verbannt derweil Louis Rees Zammit und George North auf die Bank. Derweil betont der neuseeländische Trainer, dass der Konflikt innerhalb des Kaders um den Streik hitzig gewesen sei und erst mit einer endgültigen Lösung dieses Konflikts Ruhe einkehren dürfte, was wiederum „Kräfte freisetzen“ könne.

TotalRugby-Prognose: Italien als Favorit auf ein Spiel, das ist für alle Beteiligten eine ungewohnte Konstellation. Aber gerade mit dieser Generation Italiener, die in den U20-Wettbewerben schon einige der großen Teams besiegen konnte, ist dies nichts Ungewohntes mehr. Um an diesem Samstag in Rom den nächsten Sieg gegen Wales einzufahren, wird es einer starken Leistung in allen Mannschaftsteilen bedürfen. Paolo Garbisi wird in seinem zweiten Spiel in diesem Jahr die Strippen ziehen und dürfte das Italien-Angriffsspiel ähnlich abenteuerlustig gestalten, wie bisher auch. Damit er in Ruhe schalten und walten kann, muss ihm die dritte Sturmreihe den Rücken freihalten. Wenn Lamaro, Negri und Co. es schaffen den walisischen Balldieb Nummer eins, Jac Morgan, unter Kontrolle zu behalten, dann kann Italien den ersten Heimsieg seit Jahren einfahren. Italien gewinnt ein packendes Six-Nations-Spiel gegen verunsicherte Waliser mit +5 Punkten.

 

England - Frankreich

Samstag 11. März 17:45 Uhr, Twickenham Stadium London

Le Crunch wird in diesem Jahr darüber entscheiden, wer sich am Samstag-Abend überhaupt noch Hoffnungen auf einen Six-Nations-Sieg machen darf. Denn neben Titelverteidiger Frankreich hat auch England noch die Chance dieses Turnier zu gewinnen, obwohl dies wohl kaum jemand nach der enttäuschenden Auftaktpleite gegen Schottland gedacht hätte.

Das Team von Steve Borthwick mag zwar nicht das aufregendste Rugby spielen, hat aber dennoch zwei Siege verbucht. Zur Überraschung von so ziemlich allen Beobachtern geht das Team mit Marcus Smith auf der Zehn in das Spiel im Twickenham Stadium, weswegen für Owen Farrell nur der Platz auf der Bank bleibt. Erstmals seit 2015 muss Farrell damit fit mit dem Platz auf der Bank vorlieb nehmen, weil Coach Borthwick auf Geschwindigkeit setzten will, wie er selbst erklärt.

England vs Frankreich ist einer der Klassiker im Welt-Rugby

Wird England damit vom konservativen und auf Sicherheit bedachten Spielstil abweichen und sich einen offenen Schlagabtausch mit Frankreich liefern? Wohl eher nicht, denn bei dieser Art Spiel würde man mit ziemlicher Sicherheit den Kürzeren ziehen. Vielmehr dürfte Borthwick mindestens ebenso sehr auf den starken Sturm um Neu-Kapitän Ellis Genge bauen, der dem der Franzosen überlegen sein könnte.

Die wiederum müssen auf der Tighthead-Position auf ihre dritte Wahl zurückgreifen, da Atonio und Haouas rotgesperrt sind. Der unerfahrene Toulouse-Prop Dorian Aldegheri muss es mit Englands Kapitän Genge im Gedränge aufnehmen. Dafür können die Franzosen wieder auf ihren besten Zwölfer zurückgreifen. Jonathan Danty spielt sein erstes Six-Nations-Spiel nach seiner Verletzungspause und dürfte Englands Zwölfer Ollie Lawrence vor eine harte Probe stellen.

Weitere Wechsel gibt es im Frankreich-Team bis auf den für Jelonch ins Team gekommenen Flanker Francois Cross nicht. Vielmehr wird es an den in dieser Saison nicht immer brillierenden Spielmachern Dupont und Ntamack liegen, sich zurück auf ihr Level der letzten 24 Monate heranzutasten. Denn gegen die starke englische Defensive werden les Bleus den X-Faktor des Weltspielers Dupont benötigen.

TotalRugby-Prognose: Es wird der Clash der Giganten, der in diesem Jahr zunächst nicht über den Titel entscheidet. 83.000 in Twickenham und 25 Millionen vor den Bildschirmen in Frankreich und England machen diese Paarung zur wichtigsten bei den Six Nations. England könnte offensiver in dieses Duell gehen, muss aber aufpassen gegen dieses Frankreich-Team nicht ins offene Messer zu laufen. Wenn sich Räume ergeben, sind Spieler wie Penaud, Dupont und Ramos in ihrem Element. Deshalb wird es auch an Marcus Smith liegen, den Vertrauensbeweis seines Coaches zu belohnen und die richtige Balance im Angriff zu finden. Frankreich trat gegen Irland nicht immer souverän auf und ist nun unter Druck. Eine weitere Pleite würde Nervösität im Land des WM-Gastgebers bedeuten. Doch genau dazu könnte es kommen: Wir sehen England mit +3 Punkten vorne.

Schottland - Irland

Sonntag 12. März 16:00 Uhr, Murrayrfield Edinburgh

Im keltischen Duell zwischen Irland und Schottland wird es am Sonntag darum gehen, ob die favorisierten Iren eine Vorentscheidung im Titelkampf herbeiführen können. Für das schwere Auswärtsspiel gegen selbstbewusste Schotten kann der Gästetrainer Andy Farrell gleich auf eine Reihe von Rückkehrern zurückgreifen.

Kapitän und Verbinder Johnny Sexton ist ebenso wieder in der Start-XV, wie Innen Garry Ringrose und Gedrängehalb Connor Murray, womit die Hintermannschaft fast wieder in Bestbesetzung aufläuft. Im Sturm starten zwei ganz wichtige Leistungsträger in der ersten Reihe, die zuletzt fehlten: Prop Tadgh Furlong und Hakler Dan Sheehan sind eine echte Verstärkung für das sowieso schon sehr sturmstarke irische Team.

Mit dieser Aufstellung ganz viel Selbstbewusstsein soll die Siegesserie der Iren gegen ihre keltischen Nachbarn verlängert werden. Die letzten sieben Duelle gingen an Irland, der letzte schottische Sieg datiert aus dem Jahr 2017, als das Duell im Murrayfield mit 27-22 an Schottland ging.

Wenn Stuart Hogg in seinem 100. Länderspiel diese Form zeigt, könnte Schottland die Überraschung gelingen

Doch die Schotten können Irland durchaus gefährlich werden, zumal daheim. Das Team um Super-Verbinder Finn Russell ist sehr spielstark und wenn der Racing-Profi mit dem Zehn auf dem Trikot seine Bestform findet und den formstarken Innen Huw Jones in Szene setzt, wird es auch für die starke irische Defensive schwer sein ihn unter Kontrolle zu halten.

Die Schotten hoffen darüber hinaus auf die erste Triple Crown seit 1990. Die Trophäe wird als Teil der Six Nations unter den Teams von den britischen Inseln ausgespielt, die die eigentliche Home Nations Championship als Ursprung der Six Nations starteten. Mit dem Sieg gegen Irland hätten die Schotten dann alle Home-Nations-Rivalen besiegt und könnten die Trophäe schon vor Turnierende stemmen.

Dazu spielt Stuart Hogg sein 100. Spiel für Schottland. Der Schluss der Schotten zeigte nach einem Tief zuletzt aufsteigende Form und wird mit dem cleveren taktischen Kicks von Irland-Verbinder Sexton klarkommen müssen. Ein Hogg in Topform mit gefährlichen Konterläufen wäre ein weiterer wichtige Baustein auf dem Weg zu einer Überraschung.

TotalRugby-Prognose: Die Augen vieler Fans wird sich auf das Duell Russell versus Sexton richten und tatsächlich treffen am Sonntag im Murrayfield zwei der besten Verbinder der Welt aufeinander. Jedoch benötigen beide Raum zum spielen und über diesen wird vor allem im Duell der Sturmreihen entschieden. Besonders Irlands dritte Reihe mit Doris, O’Mahoney und van der Flier ist nicht nur laufstark, sondern hält die Rucks auch sauber und schnell und gibt Sexton so die Möglichkeit sich zu entfalten. Schottlands Kapitän Jamie Ritchie auf Flanker muss mit seinen Teamkollegen dagegenhalten, was gegen die Nummer eins der Weltrangliste nicht einfach sein wird. Schottland dürfte den Iren mit viel X-Faktor durchaus gefährlich werden, aber am Ende sehen wird Irland mit +6 vorne.

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