TR-Vorschau Six Nations: Gipfeltreffen in Dublin
Geschrieben von TotalRugby Team   
Donnerstag, 9. Februar 2023

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Nach 14 Siegen in Folge könnte Frankreichs Siegesserie am Samstag reissen.

Bereits am zweiten Spieltag der diesjährigen Six Nations kommt es zum Duell der besten Teams im Wettbewerb. Beim Gipfeltreffen in Dublin ist nicht etwa Grand-Slam-Gewinner aus dem Vorjahr Frankreich Favorit, sondern die am Auftaktwochenende so starken Iren. Außerdem wollen die Schotten nach ihrem grandiosen Sieg in Twickenham daheim gegen Wales nachlegen. Italien wiederum will am Sonntag den nächsten Favoriten ärgern. Alle Spiele gibt es auch diese Woche bei den Kollegen von More than Sports TV zu sehen.


Irland - Frankreich

Samstag 11. Februar 15:15 Uhr, Aviva Stadium Dublin

Es ist das Duell Nummer eins gegen Nummer zwei der Weltrangliste. Das Duell der beiden absoluten Favoriten auf den Titel und das Duell der beiden stärksten Teams im Welt-Rugby der letzten beiden Jahre. Frankreich hat die letzten 14 Spiele in Serie gewonnen, sowie die letzten drei  Spiele gegen Irland und geht am Samstag dennoch nicht als Favorit in das Gipfeltreffen an der Lansdowne Road.

Warum? Abgesehen vom Heimvorteil, den die Boys in Green genießen vor allem aufgrund der jeweiligen Leistung beider Teams am Auftaktwochenende. Irland konnte die Waliser in Cardiff vor allem zu Beginn nach Belieben dominieren, während die Franzosen bis in die Nachspielzeit zittern musste - am Enden schlossen beide Team jedoch den ersten Spieltag mit einem Bonuspunktsieg ab. Wer also an diesem Samstag gewinnt, dem gebührt die Ehre der absolute Titelfavorit zu sein.

Frankreich enttäuschte in Rom über weite Strecken, ließ aber dennoch die eigene Klasse aufblitzen

Die Iren müssen an sich nicht viel ändern. An einem guten Tag ist diese irische Mannschaft kaum zu stoppen - die Kombination aus Kraft und Dynamik im Sturm, sowie der Spielfreude in der Hintermannschaft ist wenn überhaupt nur schwer zu stoppen. Die Waliser vermochten es am letzten Wochenende nicht und das obwohl mit Tadgh Furlong und Jamison Gibson-Park zwei wichtige Stützen des irischen Spiels ausfielen.

Nun muss Irlands Trainer Andy Farrell obendrein noch auf Hakler Dan Sheehan verzichten. Der ultra-athletische Erste-Reihe-Stürmer laboriert an muskulären Problemen und wird von Ulsters Rob Herring ersetzt. Das Duell mit Frankreichs Julien Marchand, dem anderen Anwärter auf den Titel bester Hakler der Welt entfällt damit leider.

Dennoch kann Irland eine starke XV, sowie viel Verstärkung von der Bank bringen. Sexton steuert das Schiff mit seinem alten Partner Connor Murray. Mit McCloskey und Ringrose hat Irland einen Dampfhammer und einen eleganten Kombinationsspieler im Mittelfeld und mit die dritte Sturmreihe besteht mit Doris, van der Flier und O’Mahoney aus drei Weltklasse-Spielern.

Die Franzosen wiederum gehen mit einer Aufgabe in dieses Spiel: Mehr Disziplin zeigen. Denn vorige Woche in Rom hätten die 18 kassierten Straftritte der XV de France fast den Auftaktsieg gekostet. Selten konnten die Franzosen über längere Phasen Druck aufbauen, weil les Bleus zu aggressiv an den Kontaktpuntken zu Werke gingen.

Wenn man wieder dermaßen viele Straftritte kassiere, brauche man gar nicht erst über einen Sieg in Dublin reden, so der Tenor im Trainerteam der Franzosen. Diese haben einen Tag weniger, um sich von den Strapazen der Vorwoche zu erholen und müssen dazu noch die Abreise aus Rom und die Anreise nach Dublin absolvieren. Dazwischen blieb nicht viel Zeit für Korrekturen und beim Personal gibt es zumindest in der Start-XV keine Wechsel.

Lediglich zwei neue Bankspieler rücken ein - mit Flanker François Cros und Neuner Baptiste Couilloud sind es allerdings zwei erfahrene Akteure, die in der Schlussphase durchaus für den Unterschied sorgen könnten. Zunächst muss aber der Angriff der Franzosen besser klicken, denn in Rom war es vor allem die individuelle Klasse einiger Leistungsträger, die dem Titelverteidiger den Sieg retteten.

TR-Prognose: Irland und Leinster waren zuletzt dann verwundbar, wenn sie ihr Power Game nicht wie gewohnt durchziehen konnten, wenn sie die Kollisionen im Sturm nicht gewonnen haben und so nie das nötige Momentum für das so gefürchtete Kombinationsspiel zu kreieren. Wenn im Welt-Rugby ein Team in der Lage ist das irische Spiel an der Wurzel zu stoppen, dann ist es Frankreich. Mit Giganten wie Willemse und Atonio, sowie Balldieben der Güte von Alldritt, Marchand und Ollivon könnte den Franzosen das durchaus gelingen. Jedoch sehen wir bei TR die Iren als derzeit formstärker ein und mit dem Heimvorteil im Rücken werden die Iren die französische Siegesserie brechen. Irland setzt sich knapp mit +3 durch.

Schottland - Wales

Samstag 11. Februar 17:45 Uhr, Murrayfield Stadium Edinburgh

Der Gemütszustand beider Teams und deren Anhänger könnte kaum unterschiedlicher sein. Schottland hat am letzten Samstag zum dritten Mal in über 30 Jahren Twickenham erobert und den Erzrivalen England geschlagen. Derweil wurden die Waliser, die auf den Gatland-Effekt gehofft hatten, bitter enttäuscht. Auch der alte und neue Trainer kann über Nacht keine Wunder vollbringen.

Schottland geht mit breiter Brust in das erste Heimspiel, aber auch in dem Wissen, um die bisherigen Begegnungen mit Wales. Von den letzten 20 Partien zwischen beiden Teams gingen nur drei an Schottland. Gatland musste in seiner ersten Amtszeit, die zwölf Jahre andauerte, keine einzige Niederlage gegen Schottland hinnehmen.

Dieses Mal könnte es jedoch anders kommen, denn auch Trainer Townsend betont: „Wenn wir nicht nachlegen, bringt uns der Sieg in London gar nichts!“ Die Schotten zeigten sich gegen England spielfreudig und sehr effizient, genau das will der Coach erneut von seiner Mannschaft sehen.

Ein Versuch für die Ewigkeit: Duhan van der Merwe filetiert die englische Defensive im Alleingang

Vor allem der Hyne auf Außen, Duhan van der Merwe, mit seinen beiden Weltklasse-Versuchen scheint derzeit nicht zu stoppen. Dazu sind auch viele weitere Pfeiler des Schottland-Teams in Topform. Sei es Verbinder Finn Russel, Kapitän Jamie Richie oder Zweite-Reihe-Veteran Richie Gray.

Mit einer Leistung wie in Twickenham letzte Woche dürften die Bravehearts nur schwer zu schlagen sein. Zumal mit Zander Fagerson der beste Tighthead-Prop der Schotten zurückkehrt und WP Nel, gegen England stabil aber nicht überragend, auf die Bank beordert wird. Einzig wird bei den Schotten weiterhin Super-Außen Darcy Graham, sowie Tackle-Maschine Hamish Watson vermisst.

Warren Gatland wiederum muss Veteran Alun Wyn Jones ersetzen, der mit einer Gehirnerschütterung ausfällt und durch Debütant Dafydd Jenkins ersetzt wird. Dazu kehrt mit Wyn Jones ein spielstarker Prop zurück in die erste XV, während Achter Faletau angeschlagen auf der Bank sitzt. Insgesamt setzt Gatland jedoch auf Kontinuität.

Der so erfahrene Trainer sah die Leistung seines Teams gegen Irland nicht dermaßen kritisch, wie der Großteil der Fans und Experten. „Wir haben viele Chancen kreiert, waren dann aber nicht schlau genug, sie zu nutzen, dazu müssen wir dringend besser in dieses Spiel starten“, so der gebürtige Waliser.

TotalRugby-Prognose: Im walisischen Team steckt unglaublich viel Erfahrung. Es liegt an Veteranen, wie Hakler Ken Owens, Verbinder Dan Biggar und Schluss Liam Williams den sprichwörtlichen Karren aus dem Dreck zu ziehen. Die ersten Unkenrufe, laut denen es Ex-Trainer Pivac verpasst habe, den Generationenwechsel einzuleiten, wurden in Wales bereits laut. Doch das wirkt vorschnell, vielmehr wird Wales den Schotten einen leidenschaftlichen Kampf liefern. Die Schotten sind mit Rückenwind und daheim allerdings wohl noch eine Nummer zu stark. Schottland siegt mit +6 Punkten.

England - Italien

Samstag 11. Februar 17:45 Uhr, Murrayfield Stadium Edinburgh

Nachdem Steve Borthwicks erstes Spiel als England-Trainer mit einer aus englischer Sicht massive Enttäuschung begann, stellt der neue Coach des Mutterlands auf einigen Positionen um. Das überrascht auch nicht wirklich, ließ sich der ehemalige Zweite-Reihe-Stürmer doch zu folgender Aussage hinreißen: „Das Team, das ich von Eddie Jones geerbt habe, war in keinem Bereich wirklich gut.“

Zunächst hört Borthwick auf die vielen Kritiker und nimmt die Spielmacher-Achse Marcus Smith und Owen Farrell auseinander. Wenig überraschend bleibt England-Kapitän Farrell, der in der Vorwoche auf der Zwölfer-Position defensiv einige Schwachstellen offenbarte, als Verbinder in der Start-XV. Der acht Jahre jüngere Smith muss vorerst auf der Bank Platz nehmen.

Der gegen Schottland ebenso enttäuschende Ben Curry fliegt ganz aus dem Kader und wird durch Jack Willis ersetzt. Der nach der Wasps-Pleite zu Toulouse geflüchtete Flanker gilt als exzellenter Balldieb und hat noch ein sprichwörtliches Hühnchen mit Italien zu rupfen. Azzurri-Flanker Negri war es, der ihm vor ziemlich genau zwei Jahren im gleichen Duell an gleicher Stelle mit einem illegalen Cleanout im Ruck eine schwere Verletzung verpasst hatte - nun könnte es erneut genau zu diesem Duell kommen, wenn Negri eingewechselt wird.

Borthwick selbst betonte, dass dieses Team an die „Herausforderung Italien“ angepasst sei. Im Mittelfeld spielen mit Ollie Lawrence und Henry Slade zwei Neue, die vorige Woche gar nicht erst involviert waren. Besonders die Erfahrung von Übersicht von Slade auf der Dreizehner-Position dürfte dem englischen Spiel gut tun.

Italiens Shooting Star Capuozzo konnte gegen Frankreich punkten - gelingt ihm das auch in London?

Italien wiederum hat wenig Grund etwas zu ändern. Die gewagte Herangehensweise gegen Frankreich, spielerisch viel zu probieren und von Seite zu Seite zu kombinieren, verfehlte seine Wirkung nicht - im Gegenteil: Italien war drauf und dran den Titelfavoriten Frankreich zu bezwingen und scheiterte mit dem Paket nur wenige Meter vor der Frankreich-Linie.

So überrascht es auch kaum, dass Italiens neuseeländischer Coach Kieran Crowley wenig verändert - mit Marco Riccione kommt ein starker Prop in die Start-XV und verdrängt Simone Ferrari auf die Bank. Sonst bleibt der Kiwi-Coach der Azzurri bei seiner Aufstellung.

Stamm-Verbinder Paolo Garbisi fehlt weiterhin verletzt, jedoch zeigte sich die vermeintliche B-Option Tomasso Allan von seiner besten Seite. Der Harlequins-Profi spielt sein Vereins-Rugby nur wenige Meter von Twickenham im Stoop und könnte mit Italien Historisches schaffen. Noch nie konnte Italien England schlagen - dies im Londoner Rugby-Tempel zu schaffen, wäre die Sensation schlechthin.

TotalRugby-Prognose: Die Azzurri können an diesem Wochenende Rugby-Geschichte schreiben. Wohl noch nie standen die Chancen besser auf einen Sieg im HQ. England ist unter Neu-Trainer Borthwick alles andere, als eine gefestigte Einheit. Dazu war Italien in seinen 23 Jahren Six Nations wohl noch nie so wettbewerbsfähig, wie in diesem Jahr. Jedoch bleibt England der klare Favorit, individuell ist der Vizeweltmeister auf fast jeder Position besser besetzt und spielt mit dem Heimvorteil im Rücken. Doch Englands Fans sind ungeduldig und sollte das Spiel lange knapp sein, kann das Heimspiel auch zur Bürde werden. Trotzdem sehen wir England am Ende mit +13 Zählern vorne.

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Letzte Aktualisierung ( Freitag, 10. Februar 2023 )