Neuer England-Trainer steht fest: Jones wird durch Borthwick ersetzt
Geschrieben von TotalRugby Team   
Dienstag, 20. Dezember 2022

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Steve Borthwick (links) folgt auf seinen ehemaligen Boss Eddie Jones.

Genau eine Woche nachdem England-Coach Eddie Jones entlassen wurde, steht nun der Nachfolger endgültig fest. Jones ehemaliger Assistent Steve Borthwick (43) übernimmt nur gute neun Monate vor WM-Start die anspruchsvolle Aufgabe. Auf den ehemaligen Zweite-Reihe-Stürmer wartet viel Arbeit und eine anspruchsvolle Öffentlichkeit.

Es war das wohl am schlechtesten gehütete Geheimnis im internationalen Rugby. Seitdem England-Coach Eddie Jones vor genau einer Woche von seinen Aufgaben entbunden wurde, war klar, wer der Nachfolger des erratischen Australiers sein sollte. Während die Diskussion um die Entlassung von Jones vollzogen, die zwar mehrheitlich aber nicht von jedem begrüßt wurde, begann die RFU die Gespräche mit dem bisherigen Leicester-Coach.

Dieser hatte ganz nebenbei noch eine wichtige Aufgabe im Europacup zu erledigen. Das erste Champions-Cup-Heimspiel gegen Clermont an der Welford Road stand auf dem Plan. Dieses wurde vom amtierenden englischen Meister mit dem künftigen England-Coach mehr oder minder souverän gewonnen und so konnten sich die Entscheidungsträger des reichsten Rugby-Verbands der Welt an die finalen Gespräche machen.

Borthwick soll bis zur WM 2027 im Amt bleiben

Diese resultierten in einem Fünf-Jahres-Vertrag für die 43-jährigen, der schon länger als Wunschkandidat der RFU galt. Damit wäre der ehemalige Zweite-Reihe-Stürmer auch bei der nächsten WM in Australien im Jahr 2027 noch Trainer. Seine Aufgabe beschrieb Borthwick bei der gestrigen Vorstellung wie folgt: „Ich will sicherstellen, dass unsere Mannschaft ihre Kraft nutzt, den Nachwuchs zu inspirieren und dafür, dass die Kids unseren Sport wieder lieben lernen!“

Dass ist natürlich am ehesten mit Erfolgen und einer ansehnlichen Spielweise möglich, wobei Borthwicks Bosse um den RFU-Boss Tom Ilube vor allem an ersteren interessiert sein dürften. Die erste Nagelprobe erfolgt dabei bereits am 4. Februar, wenn England im heimischen Twickenham-Stadion die Schotten empfängt. Borthwick bleibt bis dahin nicht sonderlich viel Zeit mit seiner Mannschaft, muss doch der Großteil des Teams bis dahin noch drei Mal in der Premiership und im Januar zwei weitere Male im Europacup ran.

Borthwicks letztes Spiel als Leicester-Trainer war am Samstag im Europacup: Ein Arbeitssieg über Clermont

Ob es die von Englands Fans erhoffte ansehnliche Spielweise gibt, ist zunächst eher zu bezweifeln. In so kurzer Zeit bliebe dem Meistertrainer mit Leicester gar nicht die Zeit, um von Eddie Jones kicklastiger Taktik abzuweichen, zumal Borthwick selbst mit Leicester ein eher konservatives sturmlastiges Spiel aufziehen ließ. Bei den Bedingungen während der Six-Nations-Periode, mit Regen und tiefen Plätzen, sicherlich die richtige Herangehensweise.

Bis zum WM-Start Anfang September bliebe dem Neu-Trainer dann aber jedoch durchaus Zeit, um zu experimentieren - im Sommer hat England ein langes Vorbereitungscamp und einige Vorbereitungsspiele. Gegenüber der Presse betonte Steve Borthwick mit den erfahrenen Spielern seines Kaders, sowie die „unglaublich talentierten Nachwuchsspielern“ zu arbeiten, die für England spielberechtigt sind.

Tatsächlich ist das wohl der größte Trumpf eines jeden England-Trainers. Denn kein Land hat dermaßen viele registrierte Vereinsspieler und nur die Franzosen und Japaner haben mehr Profivereine, als das Mutterland. Spieler, die bei England übersehen wurden, wie ein Nick Tompkins bei Wales, oder Chris Harris bei Schottland, werden anderswo zu Schlüsselspielern. Anders gesagt: Als England-Trainer hat man die Qual der Wahl und das ist Fluch und Segen zugleich.

Borthwick gilt als methodisch und analytisch

Borthwick gilt als methodischer analytischer Typ, der seine Hausaufgaben macht. Er kennt die englische Rugby-Szene so gut, wie kein Zweiter. Woran es dem einstigen Bath- und Saracens-Profi jedoch definitiv mangelt, ist Erfahrung. Borthwick ist rund 20 Jahre jünger, als sein Vorgänger Jones und die Rolle bei Leicester ist sein erster Cheftrainerposten überhaupt. Zuvor war der 1,98-Meter-Mann zwei Mal der Assistent von Jones in Japan und bei England.

Eigentlich hatte man bei der RFU Erfahrung als Cheftrainer einer Nationalmannschaft als Voraussetzung angesehen. Für den Wunschkandidaten, der dem Vernehmen nach ab dem Ende der WM sowieso die England-Trainerrolle übernehmen sollte, war man aber gewillt eine Ausnahme zu machen. Englands Fans hoffen darauf, dass sich dieser Schritt auszahlt, vielleicht ja schon im Oktober nächsten Jahres.

Dann wird in Paris das Endspiel des Rugby World Cups 2023 ausgespielt. 2007 war England an gleicher Stelle bereits im Finale, damals gegen die Springboks. Borthwick war damals zwar Teil des Kaders, wurde aber in den K.O.-Spielen nicht mehr eingesetzt und musste mit ansehen, wie seine Teamkollegen das WM-Endspiel verloren. Insofern wäre es auch für Borthwick eine Genugtuung, an gleicher Stelle nun den WM-Pokal endlich stemmen zu dürfen.

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