Drei TR-Thesen zum Six-Nations-Wochenende: Wer soll diese Franzosen stoppen?
Geschrieben von TotalRugby Team   
Dienstag, 1. März 2022

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Der Konkurrenz derzeit mindestens einen Schritt voraus. Frankreich lieferte in Edinburgh eine großartige Leistung ab.

Die dritte von fünf Runden der Six Nations liegt hinter uns. Frankreich liefert eine Gala ab, Wales schafft fast die Sensation und Italien muss sich den Iren und dem Regelwerk von World Rugby geschlagen geben. Unsere Analyse des Geschehens vom Wochenende.

1. Frankreich zeigt das unendliche Potenzial seines Teams

Seitdem dem Neustart unter Trainer Fabien Galthié nach der WM 2019 war von der französischen Renaissance die Rede. Les Bleus ließen immer wieder ihr unglaubliches Potenzial aufblitzen, zeigten aber auch durchaus, dass ihnen in gewisser Weise noch die Stabilität fehlt.

Selbst beim überragenden Sieg über die All Blacks im November ließen die Franzosen den dreimaligen Weltmeister nach furiosem Start wieder ins Spiel kommen und konnten das Blatt nur Dank eines unglaublichen Laufs von Verbinder Ntamack aus dem eigenen Malfeld bis in die gegnerische 22, sowie einem Intercept-Versuch von Außen Penaud drehen.

Deshalb blickten nicht wenige auf das Auswärtsspiel der Franzosen in Edinburgh mit Sorge. Vor zwei Jahren waren genau hier die Träume vom Six-Nations-Titel gestorben. Die Sorgen waren völlig unberechtigt, im Gegenteil: Die Franzosen lieferten im Murrayfield ihre wohl stärkste Leistung ab.

Die wohl kompletteste Leistung der Franzosen seit langem

Es war dabei wieder mal Antoine Dupont, der offensiv wie defensiv voran ging. Er war der zweitbeste Tackler seines Teams und leitete immer wieder großartige Gegenangriffe ein. Wie er sein Gegenüber Ali Price im Tackle rund zehn Meter nach hinten beförderte, war unglaublich beeindruckend.

Doch nicht nur er überzeugte wieder zu 100%, nachdem er durch eine längere COVID-Infektion zunächst Anlaufprobleme im Januar hatte. Verbinder Ntamack mit seiner Spielkontrolle und seinem Zucker-Cross-Kick auf Penaud zum Versuch. Die Innen Danty und Fickou waren ihren schottischen Gegenspielern hoch überlegen.

Insgesamt war diese Frankreich-Leistung mit sechs Versuchen die wohl reifste seit langem. Selbst als die Schotten nach dem starken Frankreich-Start kurzzeitig zurückzukommen schienen, verlor die Mannschaft von Trainer Galthié nie das Heft des Handelns. In dieser Form muss man sich fragen: Wer soll diese Franzosen stoppen?

2. Totgesagte leben länger

Hätte das Spiel nur wenige Minuten länger gedauert, dann wären diese Waliser wohl in Twickenham als Sieger vom Platz gegangen. Drei Versuche in der zweiten Halbzeit bei der 19-23 Pleite in der Höhle des Löwen – hätte man dies den walisischen Fans vor dem Spiel angeboten, hätten einige sicherlich direkt unterschrieben. Stattdessen ärgert man sich über die vergebenen Chancen.

Das walisische Team war spielerisch stärker, entwickelte besonders im zweiten Durchgang weitaus mehr Druck und muss sich lediglich fragen, warum man dermaßen viele vermeidbare Straftritte kassiert hat. Mit ein wenig mehr Disziplin hätte man in Twickenham eine riesige Überraschung landen können.

Das Fazit aus walisischer Sicht in zweierlei Hinsicht lautet: Totgesagte leben länger. Zum einen ist damit die Mannschaft, die in der Presse nach der desolaten Vorstellung in Dublin zum Auftakt schon abgeschrieben wurde und auf persönlicher Ebene gilt dies für Alex Cuthbert. Nicht wenige rieben sich verwundert die Augen, als Nachwuchs-Star Louis Rees Zammit aus dem Kader gestrichen wurde und der 31-jährige Cuthbert in der Start-XV landete.

Doch der einstige Lions-Außen, mittlerweile 31 und seit Jahren im Wales-Team außen vor, konnte die Zeit zurück drehen. Auch ohne einen Versuch zu legen, machte er die meisten Meter mit dem Ball. Die Engländer hatten große Probleme den 1,98-XXL-Außen unter Kontrolle zu bringen und dieser Form ist er kaum aus dem Team wegzudenken.

Wales ist mit der Niederlage zwar praktisch aus dem Titelrennen raus, kann aber in zwei Wochen daheim zum Spielverderber werden, wenn die Franzosen zu Gast sind. Denn die Formkurve der Dragons zeigt nur nach oben. England dagegen wirkte lange fahrig und konnte die walisische Defensive nie beständig unter Druck setzen.

In der Form wird es den Engländern wohl kaum gelingen am letzten Spieltag in Paris noch um den Titel mitzuspielen. In zwei Wochen sind die Iren zu Gast in London – Stand heute gehen die Gäste als Favoriten in dieses Spiel.

3. Regeln sind Regeln, auch wenn sie nicht unbedingt fair wirken

Italien verliert in Dublin, so weit nichts unspektakuläres. Jedoch hinterlässt die Art und Weise wie, einen faden Beigeschmack. Zunächst wäre da die rote Karte von Ersatz-Hakler Hame Faiva, die nach dessen zu hohem Tackle durchaus gerechtfertigt war. Ein ähnliches Tackle von Irlands James Ryan wurde derweil vom TMO gar nicht erst begutachtet.

Das wohl größere Problem ist, dass die Italiener danach in doppelter Unterzahl spielen mussten. Denn Faiva war bereits der Ersatz-Hakler, nachdem Gianmarco Lucchesi in der Anfangsphase verletzt ausgewechselt werden musste. Italien hatte keinen Hakler mehr verfügbar, weswegen die Gedränge nun ohne Druck gespielt wurden.

World Rugbys Regeln besagen, dass deshalb ein weiterer Italiener vom Feld musste. Das kostete Außen Pierre Bruno bei seinem Debüt nach nur 20 Minuten den Platz auf dem Rasen. Eigentlich soll diese Regel verhindern, dass Verletzungen vorgetäuscht werden und so Gedränge ohne Druck provoziert werden können.

In diesem Fall wirkte es, obwohl nach dem Regelbuch korrekt gehandhabt, äußerst unfair. Italien ging mit wenigen Chancen in diese Partie, hatte aber spätestens in der 20. Minute endgültig verloren. Die Folge: Irland erzielte acht weitere Versuche und das Spiel geriet zum Aufgalopp für die Boys in Green.

Der richtige Härtetest für die Iren kommt übernächste Woche in London. Währenddessen empfangen die Italiener Schottland und haben dabei wohl die realistischste Chance auf einen Sieg bei diesen Six Nations.

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