Schottische Spielverderber bescheren Wales den Six-Nations-Sieg
Geschrieben von TotalRugby Team   
Samstag, 27. März 2021

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Der zweite großartige Auswärts-Triumph der Schotten 2021 - van der Merwe erzielte den siegbringende Versuch in Minute 85.

Eine epische Schlacht im Dauerregen von Paris entschied am Freitag-Abend über den Ausgang der diesjährigen Six-Nations. Sechs Versuche bei schwierigen Bedingungen, für neutrale Fans war es ein großer Rugby-Abend. Einzig Frankreichs Fans werden am Ende sicherlich enttäuscht sein. Nicht nur reichte es trotz zwischenzeitlicher großer spielerischer Momente nicht für den Titel - auch verschenkten les Bleus in der Nachspielzeit völlig unnötigerweise den Sieg.

Als Damien Penaud den mit Abstand schönsten Versuch des Abends in der sechsten Minute der zweiten Halbzeit legte und Frankreich mit 18-10 in Führung brachte, war die Hoffnung da - es fehlten „nur“ noch zwei Versuche zum Turniersieg. Schluss Brice Dulin hatte einen Konter aus der eigenen 22 gestartet und zwei Offloads später landete der Ball bei Virimi Vakatawa, der in die Lücke zwischen zwei Verteidiger beschleunigte und per Rückhand-Pass im Fallen seinen Außen Penaud bediente. Der brauchte nicht weniger, als den perfekten Überkick, um Frankreichs zweiten Versuch zu legen.

Dabei war es am Freitag Abend in Paris nicht unbedingt die Nacht für das schöne Spiel, das die Franzosen zuletzt so sehr kultiviert hatten. Im strömenden Dauerregen unter dem Flutlicht des Stade de France war es schwierig für les Bleus sich durchzukombinieren. Immer wieder wurde der glitschige Ball zum Problem - die Schotten wiederum hatten die Zeichen der Zeit schnell erkannt und Frankreich mit perfekten Kicks von Verbinder Russel und Schluss Hogg unter Dauerdruck gesetzt.

Sich von ganz hinten bei schwierigen Bedingungen herauszukombinieren, immer im Wissen mit 21 Punkten gewinnen zu müssen, war meist eine zu hohe Hürde für Frankreich. Schottland zeigte sich dagegen pragmatischer - per Strafgasse kam das Gästeteam nach einer knappen Viertelstunde in die Frankreich-22. Die Stürmer schafften es aus kurzer Distanz nicht, dafür aber Super-Außen Duhan van der Merwe, der aus kurzer Distanz kompromisslos den Kopf runter nahm und sich über die Linie wuchtete.

Die ausführlichen Highlights der Pariser Regenschlacht am Freitag-Abend

Frankreichs beste Phase war nach einem zwischenzeitlichen Rückstand von 3-10 kurz vor und nach der Pause. Es bedurfte einer langen Frankreich-Druckphase bis Schottlands Defensive in der 36. Minute schließlich nachgab - nach einem 5-Meter-Gedränge bediente Dupont Außen Penaud, der per Step und Innenpass Schluss Dulin zum Versuch verhalf. Dann nach der Pause der besagte Wunder-Versuch von Penaud nach einem 80-Meter-Konter wie aus dem Bilderbuch.

Die kälteste aller Duschen an einem regnerischen Abend erfolgte 20 Minuten vor dem Ende, als Schottland der Ausgleich gelang. Frankreichs unerfahrener Zweite-Reihe-Stürmer Swan Rebbadj hatte das Leder legal aus einem schottischen Packet gerissen - doch das Spielgerät prallte wie ein Flipperball ab und landete in den Händen von Schottlands Hakler Cherry, der sich nicht zwei Mal bitten ließ und ablegte.

18-20 aus französischer Sicht mit nur noch 19 Minuten auf der Uhr - Frankreichs Traum vom ersten Six-Nations-Sieg seit 2010 schien so langsam zu entgleiten. Doch quasi im Gegenzug Frankreichs wütende Antwort und dieses Mal konnte Sturm-Hüne Rebbadj seine Power besser einsetzen und sich mit viel Power über die Linie arbeiten. Wie schon letzte Woche blieben les Bleus 15 Minuten für das Wunder - beim Stand von 23-20 fehlten den Franzosen aber noch immer 18 Zähler.

Die Endabrechnung nach den Six Nations 2021

Rang Team Spiele Siege Punkte Differenz
1. Wales 5
4 20 61
2. Frankreich 5 3
16
37
3. Irland
5 2 15 48
4. Schottland 5 2 15 47
5. England 5
2 10 -9
6. Italien 5 0 0 -184

Ganz kurzfristig keimte noch Mal französische Hoffnung auf, als Finn Russel wegen einer gefährlichen Handabwehr in den Hals von Dulin eine harte rote Karte sah. Doch Frankreichs Ersatz-Stürmer Romain Taofifénua machte diese numerische Überzahl mit der wohl dümmsten Gelben jemals direkt wieder zu nichte. Er wurde von Wayne Barnes während eines schottischen Pakets mehrmals gewarnt sich von der falschen Seite wegzubewegen, tat dies aber nur mit ausgestreckten Armen und indem er Schottlands Neuner Price behinderte.

So vergingen die Sekunden und eigentlich hätte Frankreich das Spiel gewinnen müssen, immerhin verloren die Schotten in der 81. Minute das Leder, welches in die Arme von Schluss Brice Dulin fiel. Doch der sonst großartige aufspielende Fullback wusste nicht so recht, wohin mit dem Ball und anstatt ihn ins Aus zu kicken, verursachte er Meter vor der eigenen Linie einen Penalty.

So kam es, wie es kommen musste: Schottland belagerte noch ein Mal ganze vier Minuten die Linie mit unzähligen Sturmphasen - Frankreich konnte den starken Schotten-Sturm zurückhalten, aber Ersatz-Verbinder Hastings hebelte die Defensive schließlich mit einem Überpass aus - Duhan van der Merwe konnte zum siegbringenden Versuch ablegen.

Frankreich verpasste damit zwar den Traum vom Six-Nations-Sieg, der Defensiv-Bonus für die knappe Niederlage bedeutet aber immerhin der zweite Rang in der Gesamtabrechnung. Für das junge Frankreich-Team bleibt noch sehr viel Arbeit, aber auch noch mehr als zwei Jahre bis zur WM 2023. Vielleicht wäre am Freitag-Abend mit 81.000 Fans im Rücken mehr möglich gewesen, aber in erster Linie hatte es an der Cleverness gefehlt.

Schottland dagegen schwingt sich mit Siegen über England und Frankreich zu einem künftigen Titelanwärter auf. Das aktuelle schottische Team ist das wohl stärkste, seit den Five-Nations-Siegern von 1999 und hat mit Duhan van der Merwe den wohl formstärksten Außen aktuell. Ähnlich optimistisch dürften die Waliser in die Zukunft blicken - 60 Minuten lang werden die Spieler des neuen Six-Nations-Siegers nervös auf den Bildschirm geschaut haben aber nun steht der wohl überraschenste Titel seit langem fest. Trainer Pivac, im Herbst noch als Wackelkandidat gehandelt, sitzt nun fester im Sattel denn je.

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