Rugby wird zum Milliarden-Business: Investor CVC kauft sich bei den 6 Nations ein
Geschrieben von TotalRugby Team   
Donnerstag, 14. Januar 2021

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Ein pickepackevolles Twickenham Stadium - die Six Nations sind bei den Fans beliebt und einem Finanz-Investor nun 409 Millionen € wert.

Noch zur WM 1995 war Rugby per Statut ein Amateursport, kein einziger der WM-Stars hatte bis dahin (offiziell) auch nur einen Cent mit dem ovalen Ballsport verdient. Seitdem hat sich im Rugby sehr viel geändert - Millionengehälter sind keine Seltenheit mehr und nun lässt ein vor dem Abschluss stehender Deal für Aufsehen. Six Nations Rugby wird mit dem CVC-Deal ganz offiziell zum Milliarden-Geschäft. Für die Verbände könnte es die Rettung in finanzieller Not sein, doch viele Fans werden in die Röhre schauen.

Im Fußball sind wir die astronomisch hohe Zahlen seit längerem gewöhnt. Schockierte der erste Millionentransfer 1976 (wohlgemerkt in D-Mark) die deutsche Öffentlichkeit noch, sind heute im Sport-Business ganz andere Zahlen an der Tagesordnung: 220 Millionen € für den Wechsel des brasilianischen Superstars Neymar zu Paris, über 700 Millionen € Jahresumsatz bei der FC Bayern München AG und wöchentliche Gehälter im sechstelligen Pfund-Bereich in England.

Im Rugby, wo das Profitum per Statut bis zur WM 1995 verboten war, ging es seither um weitaus bescheidenere Summen. In den ersten Jahren nach der Aufhebung des Bezahlungsverbotes, waren professionelle Rugby-Verträge noch mit relativ überschaubaren Summen dotiert. So verdienten beispielsweise Irlands Top-Verdiener 1996, dem ersten richtigen Profijahr, 30.000 irische Pfund (umgerechnet 38.000 €) und bekamen jeweils einen Opel Corsa als Dienstfahrzeug gestellt. Pro Sieg bei den Five Nations winkte den Stars wie Denis Hickie, Peter Clohessy und David Humphreys obendrein noch eine Siegprämie von 2000 irischen Pfund.

Ein knappes Vierteljahrhundert später verdienen Irlands Top-Stars wie beispielsweise Johnny Sexton das zwanzigfache an Grundgehalt und bekamen beispielsweise 2018 jeweils eine Six-Nations-Siegprämie von 75.000 €, während der Durchschnittslohn auf der grünen Insel im selben Zeitraum nur um ein gutes Drittel gestiegen ist. Mit persönlichen Sponsoren-Deals soll der Sexton, der Verbinder der Boys in Green, insgesamt auf rund eine Million Euro Jahresgehalt kommen.

Johnny Sexton und David Humphreys: Gleicher Job, ungleiche Bezahlung

Immer noch weitaus weniger, als die Kollegen im Fußball, doch die Lücke schließt sich zusehends. Mit Dan Carter (Kobelco Steelers, zuvor Racing 92), Handré Pollard (Montpéllier), Matt Giteau (Suntory Sungoliath) und Charles Piutau (Bristol/Ulster/Wasps) kamen in den letzten Jahren bereits einige Spieler allein mit ihren Vereinsgehältern in den siebenstelligen Euro-Bereich.

Wie auch im Fußball steigen die Gehälter im ovalen Ballsport exponentiell, genauso wie die TV-Gelder und Ticket-Preise. Die Corona-Krise dürfe in der langfristigen finanziellen Entwicklung des Sports nur eine Delle sein, die in ein paar Jahren vergessen ist. Zumal die unter der Corona-Pandemie leidenden Verbänden bald einen warmen Geldregen erwarten dürfen. Nach übereinstimmenden Medienberichten haben sich der luxemburgische Risiko-Kapitalgeber CVC und die Six Nations ltd. diese Woche auf einen Deal geeinigt, der noch vor Six-Nations-Beginn verkündet werden soll.

Charles Piutau (Bristol) wurde der erste Spieler, der in England mehr als eine Million Pfund pro Jahr verdient

CVC kauft 14,5% der Six-Nations-Rechte für 409 Millionen €

Der Irish Times, dem Irish Independent (beide Dublin), Sud Ouest (Bordeaux) und der Londoner Times zufolge, kauft das Private-Equity-Unternehmen einen Anteil von 14,5% den kommerziellen Rechten der Six Nations Limited. Die 1999 gegründete Kapitalgesellschaft, die die Six Nations alljährlich organisiert, gehört den sechs Mitgliedsverbänden. Für den Anteil von 14,5% der kommerziellen Rechte über fünf Jahre hinweg, blättert CVC nun 409 Millionen € auf den Tisch, womit der Wert über diesen Zeitraum von den luxemburgischen Bankern auf knapp drei Milliarden € taxiert wird.

Demgegenüber stehen zumindest in diesem Jahr massive Ausfälle durch die fehlenden Zuschauereinnahmen. In den letzten Jahren vor der Pandemie, lagen die Zuschauerzahlen bei rund einer Million, die über die 15 Spiele des Turniers verteilt durch die Drehkreuze der sechs Arenen gingen. Damit machen die sechs Verbände angesichts hoher Ticketpreise und tausender Business- und VIP-Tickets pro Spiel rund 100 Millionen € Umsatz. Gewissermaßen verpfänden die sechs Verbände mit dem aktuellen Deal Teile ihrer künftigen Einnahmen, um es durch ein weiteres Krisenjahr zu schaffen.

Pay-TV statt BBC?

Doch das bedeutet nicht nur fehlende Einnahmen in der Zukunft. Ebenso dürfte CVC darauf drängen, dass zumindest einige Spiele komplett hinter der Pay-TV-Schranke verschwinden. Das hatte CVC bereits nach seinem Deal mit der Formel 1 gemacht, die danach in vielen Ländern nicht mehr im Free TV zu sehen war. Zwar verspricht dies kurzfristig höhere Einnahmen und damit eine höhere Rendite für CVC, doch langfristig dürfte ein solches Manöver zu weniger Zuschauer und damit Sponsoren-Einnahmen und Rugby-Nachwuchs führen.

Es wäre das erste Mal in der langen Geschichte der Six Nations, die in Großbritannien traditionell auf BBC zu sehen sind und zu den mistgesehenen Sportereignissen zählen. Schauen bei Übertragungen des britischen öffentlich-rechtlichen Senders zum Teil über 10 Millionen Briten zu, haben alle Pay-TV-Anbieter zusammengerechnet nicht Mal so viele Kunden.

Immerhin bestehen die Mitgliedsverbände wohl darauf, dass maximal drei Spiele eines Landes dort nur gegen Geld zu sehen sind. So würde dadurch beispielsweise garantiert, dass in England mindestens zwei Spiele des Vizeweltmeisters gratis zu sehen sind. Das heißt im Gegenzug aber auch, dass bis zu 13 Spiele an Pay-TV-Anbieter gehen könnten. Mit Amazon Prime, die im Herbst 2020 die Rechte für den Autumn Nations Cup erwarben, sowie Sky Sport und BT Sport als Anwärter, hofft man auf ein Wettbieten um die TV-Rechte.

Kurzfristig dürfte dies zumindest nicht zu einer weiteren Explosion der Spielergehälter führen. Krisenbedingt hatten zuletzt die Premiership und die Top 14 ihre Gehaltsobergrenzen pro Kader (Salary Cap) sogar leicht gesenkt, während in Japan jedoch weiterhin exorbitante Gehälter gezahlt werden. Spätestens wenn die Pandemie überwunden ist, dürfte das Wettbieten um die größten Rugby-Stars zwischen Frankreich, Großbritannien, Südafrika, Neuseeland/Australien und eben auch Japan weitergehen. Auch Dank der Millionen aus dem CVC-Deal.

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