Südafrikas Top-Klubs spielen künftig in Europa: Von der Pro 14 zur Pro 16
Geschrieben von TotalRugby Team   
Montag, 28. Dezember 2020

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Südafrikas Top-Teams und deren Fans müssen sich auf neue Gegner einstellen.

Die Stormers, Lions, Sharks und Bulls sind Südafrikas Vorzeigeteams, bei denen der Großteil des Weltmeister-Kaders unter Vertrag steht. Bisher traten diese Teams im Super Rugby gegen Neuseelands und Australiens beste Franchises an. Das hat nun ein Ende - künftig spielt das SA-Quartett in der multinationalen Liga Pro 14. Dabei ist die Pandemie eher ein willkommener Anlass, denn ein wirklicher Grund. Die 25-jährige Zweckehe Super Rugby endet so abrupt, genauso wie im März die laufende Pro-14-Saison. Bereits direkt im Anschluss an die verkürzte Spielzeit im alten Format heißt es dann Lions vs. Leinster statt Brumbies gegen Bulls im sogenannten Rainbow Cup.

Weihnachten ist die Zeit der absoluten Topspiele in allen europäischen Topligen, zumindest wenn nicht gerade eine globale Pandemie herrscht. Diese hat in der Guiness Pro 14 gerade für die Absagen der Traditionsderbys Leinster gegen Munster und Edinburgh - Glasgow am Boxing Day geführt. Doch bereits im kommenden Jahr könnte es in der Pro 14, die dann Pro 16 heißen wird, zu dieser Jahreszeit nicht mehr irisch-irische Duelle geben, sondern völlig ungewohnte, weitaus exotischer anmutende Paarungen.

Springboks-Kapitän Siya Kolisi in Stormers-Farben im Dubliner Dauerregen im Februar? Johnny Sexton mit seiner irischen Vereinsmannschaft Leinster in der sommerlichen Januar-Hitze von Johannesburg im Ellis Park? Das alles wird nun die neue Realität in der Guiness Pro 16 - einst als keltische Liga der Schotten, Iren und Waliser gestartet und nun 16 Franchise-Teams umfassend, von Kapstadt bis Parma und von Belfast bis Durban. Allerdings ohne die beiden bisherigen südafrikaninschen Teams Cheetahs und Kings, die drei Jahre lang mehr oder weniger Prügelknaben der Liga waren.

Bald öfter in Europas Rugby-Stadien zu sehen: Stormers-Kapitän Siya Kolisi

Seit Jahren hatten die Verantwortlichen im südafrikanischen Rugby nach Europa geschielt. Aus dem angedachten Wechsel der Springboks in die Six Nations wurde schlussendlich nichts, die Boks werden weiter in der Rugby Championship antreten. Doch im Vereinsrugby gibt es nun das erhoffte Wechselspielchen. Zwar ist der europäische Kontinent vom Kap der guten Hoffnung aus gesehen in der falschen Hemisphäre - während in Südafrika aktuell Sommer herrscht, ist es bei uns bekanntlich ein wenig kälter - jedoch in genau der richtigen Zeitzone.

Dass die Springboks-Stars künftig nicht mehr mehrmals pro Saison einen zwölfstündigen Zeitunterschied auf dem Weg von Neuseeland und wieder zurück wegstecken müssen, ist dabei nicht Mal der wichtigste Faktor. Finanzielle Erwägungen und der mangelnde Willen bei den Partnern Down Under, die Zweckehe fortzusetzen, dürften bei der Entscheidung Südafrikas Top-Teams in der eigentlich europäischen Pro 14 unterzubringen eine viel größere Rolle gespielt haben.

Südafrikas künftige Pro-16-Teams

Team Stadt Stadion Kapitän
Bulls Pretoria Loftus Versfeld (51.762 Kap.) Duane Vermeulen
Lions Johannesburg Ellis Park (62.567 Kap.) Elton Jantjies
Sharks Durban Kings Park (55.000 Kap.) Lukhanyo Am
Stormers Kapstadt Cape Town Stadium (55.000 Kap.) Siya Kolisi

Im immer mehr von den TV-Geldern dominierten Rugbysport sind die Ankickzeiten ein riesiger Faktor, der darüber entscheidet, wie viel ein Spiel den übertragenden Sendern wert ist. Von Neuseeland und Australien aus gesehen, sind Spiele in Südafrika, die Down Under spät in der Nacht oder am frühen Morgen laufen, nicht sonderlich viel wert. Abgesehen von den absoluten Hardcore-Fans, haben sich nur eine Handvoll Anhänger für die Gastspiele ihrer Vereins-Teams im südlichsten Land Afrikas interessiert.

Das dürfte sich nun ändern - der Zeitunterschied von Südafrika aus beträgt nur eine Stunde mit Italien und zwei Stunden mit dem Vereinigten Königreich und Irland. Für den südafrikanischen Pay-TV-Giganten Supersport fallen eine Reihe von unattraktiven Auswärtsspielen der vier Top-4-Franchises weg, während mehr Spiele zur besten Sendezeit laufen. Dazu kann der südafrikanische Verband die lukrativen TV-Märkte Europas anzapfen, die weitaus mehr Gewinne versprechen, als die bisherigen Partner in der Südhemisphäre.

Der südafrikanische Verband SARU erwartet darüber hinaus eine weitaus bessere Vorbereitung seiner Spieler auf die heiß erwartete Serie gegen die British and Irish Lions im nächsten Sommer (TR berichtete http://www.totalrugby.de/content/view/10396/36). Die eigenen Stars sollen sich besser auf die Spielweise der europäischen Teams einstellen können. Schlussendlich soll es bei dieser Entwicklung keine Verlierer geben.

Das Finale 2020, eine rein irische Angelegenheit - die irischen Top-Teams erwarten sich nun härtere Gegner aus Südafrika

Gerade in Irland wird dieser Schritt begrüßt, sehen sich die vier Provinzteams Ulster, Leinster, Munster und Connacht doch aktuell gegen die bisherigen Gegner unterfordert. Letzte Saison spielten Ulster und Leinster das Finale aus - aktuell stehen die vier irischen Teams an der Spitze der beiden Konferenzen der Pro 14. Von mehr Spielen gegen Top-Stars wie Weltspieler Pieter Steph du Toit, sollen vor allem die irischen Stars profitieren.

Einzig die Fans der Cheetahs und Kings, deren Teams die letzten drei Jahre als Versuchskaninchen bereits in der Pro 14 waren, dürften wenig erfreut sein. Die Teams fliegen komplett aus der Pro 14 raus und spielen künftig nur noch den südafrikanischen Currie Cup. Schon in der laufenden Saison waren sie Pandemie-bedingt nicht mehr dabei und wenn nach dem Abschluss dieser dann der neue Regenbogen Cup beginnt, können sie nur noch zuschauen.

Von Mitte April bis Mitte Juni werden die vier südafrikanischen Teams dann zu den beiden Gruppen hinzugefügt. Am Ende wird dann zum zweiten Mal innerhalb von drei Monaten ein Meister in der Pro 14 / Pro 16 gekürt. Aktuell sehen sich alle Seiten als Gewinner. Aber ob der Wettbewerb durch wiederholte Formatwechsel an Attraktivität gewinnt, bleibt abzusehen.

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