Forever number one: Neuseeland bleibt das Nonplusultra im Welt-Rugby
Geschrieben von TotalRugby Team   
Montag, 10. August 2020

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Die Platzhalter auf der 7 - Savea und Cane - bekommen von Neuseelands Nachwuchsstars künftig viel Konkurrenz. Foto (c) Perlich

Bei der Weltmeisterschaft im letzten Jahr mag Neuseeland seine Krone an Südafrika abgegeben haben. Doch an den Kräfteverhältnissen im Welt-Rugby hat sich dadurch wenig geändert, wie die letzten Wochen Super Rugby Aotearoa gezeigt haben. Spielerisch sind die Rugger aus dem Land der langen weißen Wolke dem Rest der Rugby Welt um Längen voraus. Der wochenlange knallharte Wettbewerb zwischen Neuseelands Rugby-Stars, den die Crusaders am gestrigen Sonntag vorzeitig für sich entscheiden konnten, dürfte Neuseelands Vormachtstellung nur noch ausgebaut haben. Neuseeland bleibt das Nonplusultra im Welt-Rugby.

Schon Mal von Du'Plessis Kirifi, Dalton Papalii oder Tom Christie gehört? Wahrscheinlich eher nicht - aber das hätte bis vor dem Start von Super Rugby Aotearoa selbst für die meisten selbsternannten Rugby-Experten in der Nord-Hemisphäre gegolten. Alle drei sind Openside-Flanker und konnten in den bisherigen neun Runden des rein neuseeländischen Aotearoa-Wettbewerbs unter Beweis stellen, wie viel Klasse sie mitbringen.

Dabei hat es keiner der drei bisher nur in die Nähe des mystischen All-Blacks-Trikots geschafft, was natürlich auch daran liegt, dass alle drei gerade Mal Anfang zwanzig sind und den Großteil ihrer Karriere noch vor sich haben. Papalii von den Blues ist ein brutaler Ballträger und trotz seiner 113 kg ein unglaublicher fitter und fleißiger Dritte-Reihe-Stürmer. Hurricanes-Flanker Kirifi ist ebenso dynamisch mit dem Ball und dazu noch eine echte Gefahr am Kontaktpunkt. Sanders von den Crusaders ist wohl der beste Allrounder auf der Flanker-Position.

Dalton Papalii ist einer der jungen Star-Flanker, die im Aotearoa-Wettbewerb auf sich aufmerksam gemacht haben

Neuseelands Talentschmiede produziert Stars am laufenden Band

Wie viel Talent das neuseeländische Rugby allein auf der Siebener-Position hat, steht auch symptomatisch dafür, wie gut die Talentschmiede neuseeländisches Rugby funktioniert. Vom hochprofessionellen Schul-Rugby über die Academies und den Mitre-10-Cup bis ins Super Rugby - der Weg der NZ-Talente bis in die Nationalmannschaft ist vorgezeichnet. Und auf dem Weg dahin bekommt der NZ-Nachwuchs an Fertigkeiten so ziemlich alles beigebracht: Von Ballbehandlung, den Offloads und schlicht der Geschwindigkeit im dortigen Rugby - all dies sucht seines Gleichen.

Im Falle der drei hochtalentierten Flanker dürfte am Ende wohl nur einer oder maximal zwei mit vielen All-Blacks-Einsätzen belohnt werden - denn aktuell stehen mit Sam Cane (28), Ardie Savea (26) und Shannon Frizell (26) noch drei Weltklasse-Akteure im Weg, die auf Jahre Ansprüche auf das Siebener-Trikot erheben dürften. In fast jeder anderen Nationalmannschaft der Welt wären die drei jetzt schon Stammspieler.

Gleiches gilt auf allen anderen Schlüsselpositionen, vom Zweite-Reihe-Stürmer bis zum Außendreiviertel, wo die Tiefe des neuseeländischen Rugby und die Klasse seiner Stars jeweils unvergleichlich sind. Südafrika und England bringen großartige Stürmer heraus, Australiens Hintermannschaft war jahrelang die mit dem meisten Spielwitz - doch nur Neuseeland schafft es Talente in Sturm und auf der Dreiviertelreihe wie am Fließband zu produzieren.

Hinzu kommt die Sieger-Mentalität im neuseeländischen Rugby, die emblematisch durch die Crusaders verkörpert wird. Der Serien-Meister aus Christchurch konnte gestern eine Runde vor Schluss den Super-Rugby-Aotearoa-Titel holen. Wie so oft entschieden die Crusaders ein bis dahin offenes Spiel gegen die Süd-Rivalen Highlanders im Schlussviertel für sich. Genau wie die All Blacks auch, sind die Crusaders gegen Ende einer Partie fast immer in der Lage, noch Mal zuzulegen - das Tempo und die Intensität zu erhöhen und so als Sieger vom Platz zu ziehen.

Die Crusaders haben wie die All Blacks das Siegergen und entscheiden enge Spiele in der Schlussphase meist für sich

Super Rugby Aotearoa als Wettbewerbsvorteil

Dadurch dass in Neuseeland schon Mitte Juni aufgrund des hervorragende Managements der Corona-Pandemie als allererstes Land der Welt seinen Wettbewerb vor Zuschauern starten konnte, hat es nicht nur finanzielle Vorteile - ausverkaufte Stadien in Auckland, Christchurch und Dunedin bringen dem Verband in Krisenzeiten wichtige Einnahmen, die anderswo im Rugby-Universum fehlen.

Vor allem dürfte dieser Umstand den spielerischen Vorsprung Neuseelands nur noch vergrößern. Während Südafrikas Stars in Quarantäne verweilten, Englands Premiership-Spieler im Juni noch in Kurzarbeit waren und in Frankreich gerade aufgrund eines Corona-Ausbruchs bei Stade Français um den Saisonstart bangt (TR berichtete), wird in Aotearoa Rugby seit Wochen auf allerhöchstem Niveau gespielt.

Im November dürften die All Blacks die Rugby Championship daheim dominieren

Wenn im November tatsächlich wie geplant die Rugby Championship komplett in Neuseeland stattfinden wird, droht eine noch größere Dominanz der Gastgeber, als zuletzt. In der letzten Dekade konnte der dreimalige Weltmeister sieben von zehn möglichen Titeln holen. Schon bei der WM in Japan waren die Neuseeländer die einzigen, die Südafrika in der Gruppenphase mit 23:13 schlagen konnten.

Der Haka der Crusaders nach dem gestrigen Sieg im Super Rugby Aotearoa

Gestählt durch Super Rugby Aotearoa und mit dem Heimvorteil im Rücken dürfte die punktuell verjüngte neuseeländische Mannschaft als haushoher Favorit in den Wettbewerb gehen. Das einzige Fragezeichen aktuell: Wird Weltmeister Südafrika überhaupt am 7. November zum Auftakt gegen Argentinien antreten? Sollten die Spieler des Weltmeisters bis dahin Corona-bedingt keinerlei Spielpraxis erhalten, so Medienberichte aus Südafrika, werde man auf das Turnier verzichten.

In Neuseeland hat man derweil viel mehr im Sinn, als lediglich die Rugby Championship im November, die Corona-bedingt komplett in Neuseeland ausgetragen wird. Drei von vier WM-Titeln im Rugby (Frauen-Fünzehner und Siebener, sowie der Herren-Siebener-Titel) sind aktuell im Besitz des Verbandes NZRU. 2023 auch den vierten und letzten in Paris wieder in den Händen zu halten, ist das übergeordnete Ziel in Aotearoa. Die Niederlage gegen England im Halbfinale, als man sich durch ein intelligentes Kicking-Spiel und die Brutalität des englischen Sturms überrumpeln ließ, hat in Neuseeland so schnell niemand vergessen.

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Kommentare (1)add comment

Frik Du Waal said:

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...
"Dabei hat es keiner der drei bisher nur in die Nähe des mystischen All-Blacks-Trikots geschafft." War der aktuelle All Black Papalii bei alle seine Tests nackt?
August 10, 2020

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Letzte Aktualisierung ( Montag, 10. August 2020 )