TotalRugby Kolumne: "...was macht eigentlich?" - Stefan Laier
Geschrieben von Constantin Hocke   
Mittwoch, 4. Februar 2009

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Stefan Laier beim Taipei 101 Lauf (Wolkenkratzer-Treppenlauf), nach 91 Stockwerken, 2041 Stufen und 400 Höhenmetern

Der ehemalige 2. und 3. Reihe Stürmer des Heidelberger Ruderklubs, führte die 7s- Auswahl des RBWs als Kapitän, unter der sportlichen Leitung des heutigen Nationaltrainer Rudolf “Bazi” Finsterer völlig überraschend ins Finale der Heidelberg Sevens. Gegner der Auswahl Baden-Württembergs war an diesem Tag die georgische Nationalmannschaft (u.a. mit Guia Labadze in den Reihen).

Heute ist Laier beruflich überwiegend im asiatischen Ausland unterwegs, verfolgt aber die Entwicklung des Deutschen Rugby, v.a. die seines Heimatvereins Heidelberger RK, nach wie vor mit wachem Auge.

TotalRugby:Hallo , wie geht es Dir, was machst Du im Moment?
Stefan Laier:Mir geht es gut, ich bin momentan gerade auf Auslandstätigkeit in Taiwan und gelegentlich China für meine Firma.

TR: Wie sieht Dein Alltag aus, was bist Du von Beruf und seit wann übst Du diesen aus?
SL:Ich arbeite in der Metallbau/Kugellager -Industrie seit mehr als 10 Jahren. Seit April 2007 arbeite ich als Teil eines Integtrations Teams in Taipei, Taiwan und Shanghai, China. Dort hat unser Konzern eine Fabrik gekauft und unsere Aufgabe ist es diese Fabrik in unsere Konzernstrukturen, EDV, Verfahren etc in die neue Fabrik, mit ca 400 Personen, zu integrieren. Ich bin für Logistik, Supply Chain und jetzt hauptsächlich für die Einführung eines neuen EDV-Systems zuständig. Das ist eine spanndende, aufregende und sehr interessante Zeit. Man erlebt neue Kulturen, Denkweisen, Ansichten (Asien ist ein komplett anderer Kontinent). Ich sammle dort sehr viele neue und schöne Eindrücke, die Menschen dort sind sehr freundlich. Mein Engagement wird dort wohl noch ca 1,5 – 2 Jahre dauern, weil sich auch durch Weltwirtschaftskrise alles etwas verzögert. Also bin ich noch 1-2 Jahre ein Berufspendler, allerdings mit ca 10.000 km Distanz, da ich ab und zu auch in Deutschland zu tun habe.

TR: Was für eine Rolle spielt Rugby in Deinem heutigen Alltag?
SL: Rugby spielt nicht mehr die entscheidende Rolle in meinem Leben. Bedingt auch durch den Auslandsaufenthalt ist das fast unmöglich. Die Konzentration liegt da fast 24 Std auf dem Beruf und den damit verbunden Tätigkeiten. Natürlich verfolge ich über die diversen Webseiten (natürlich totalrugby.de und andere) die deutsche Rugby-Landschaft und wenn ich mal im Lande bin, versuche ich auch die Spiele meines Vereines zu verfolgen. Dass der HRK momentan auf Platz 2 steht freut mich natürlich besonders.
Wenn es geht, schaue ich in einem Irish Pub in Taiwan oder in HD die wichtigen Internationalen Spiele an, das ist immer noch faszinierend. Für die Spiele aus NZ, AUS haben wir es durch die Zeitverschiebung in Taiwan besser, für die europäischen Spiele wie 6 Nations, haben wir es in Europa besser. Taiwan hat +7 Std, also manchmal ist Nacht-View angesagt. Viele Rugby World Cup-Spiele habe ich nachts um 3 im Pub in Taipei geschaut.
In Taipei/Taiwan gibt es eine kleine Rugby-Gemeinde, meist Kiwis, Aussies, Südafrikaner. Neulich sah ich mein erstes Rugbyspiel in Taiwan. Es gibt einige Mannschaften, aber vom Niveau sind sie mit deutscher BL kaum zu vergleichen, es sind halt Zugezogene und einige Einheimische, mit Engagement, aber das Leistungsniveau ist zu unterschiedlich. Sie spielen mit vollem Einsatz, aber nicht immer mit dem höchsten taktischen Geschick. Ob ich da mal mitspiele? Weiß ich noch nicht, dazu muss ich auch trainieren und das ist momentan kaum möglich. Außerdem spielt mein Alter und die Gesundheit auch eine wichtige Rolle. Eine schwere Verletzung kann ich mir dort eigentlich nicht leisten. Ich hoffe, ich schaffe es einmal zum Training und kann dann mal sehen, was die so drauf haben. Der Platz ist ca. 20 km von meinem Hotel entfernt, am Flußufer. Dort stehen 3 Rugbyplätze hintereinander, leider kein Klubhaus, nur ein Dixi-Klo, diese Grasfläche (ähnlich unserer Neckarwiese) dient in Typhoon-Zeiten bei Überschwemmungen als Wasserauffang-Reservoir.

Folgende Legenden haben wir bereits interviewt: Markus Knoblauch | Dieter Genthner | Stefan Laier | Frank Himmer | Rainer Kumm | Ulrich Byszio | Thomas Belousek | Alexander Weidlich

TR: Schildere uns doch bitte Deinen Spieler Lebenslauf von Beginn an mit allen Stationen.
SL: Nach den Anfängen im Schulrugby in Handschuhsheim, habe ich immer im Heidelberger Rudeklub Rugby gespielt, oft gemeinsam mit meinem älteren Bruder Michael. Dort habe ich 1976 als C-Schüler angefangen und habe mich bis in die Herrenmannschaften hochgekämpft. Angefangen habe ich als „pfeilschneller Aussen“, dann wurde ich in den Sturm abgestellt und spielte ab A-Schüler auf der 3. Reihe. Dort war viel mehr los, da wirst du ständig gefordert, brauchst Fitness, Härte, Kondition und Koordination. Bei den Junioren spielte ich 2. und 3. Reihe und kam auf diesen Positionen auch in die DRJ U19. Dort stand ich 2 Jahre im Kader, spielte zweimal FIRA-EM und war im 2. Jahr DRJ-Kapitän.
Etliche deutsche Jugend-Meisterschaften hatte der HRK damals mit unserer Mannschaft errungen, so auch DM Junioren 1984, in einem spannenden Finale gegen Victoria Hannover.
Im HRK kämpfte ich mich als Nachwuchsspieler dann über die 2.MS nach und nach in die 1.MS. Leider konnte der HRK das Niveau der Ende 70/Anfang 80 nicht halten, und so blieb der ganze große Erfolg nach 1984 dann aus. Oft im Halbfinale. Aber es war trotzdem eine schöne Zeit, als junger Spieler in eine Mannschaft reinzuwachsen, wir hatten viel Spaß auf dem Feld und auch neben dem Platz hatten wir eine prima Truppe, gute Stimmung und eine gute Mischung aus Alt und Jung.
Im Laufe meiner Karriere habe ich beim HRK dann viele Positionen durchgespielt, von 2. und 3. Reihe über Gedrängehalb (mit 1,90 Meter internationale Größe!) und Innendreiviertel, war alles dabei. Ein Allrounder kann eben alles! Das zeugt dann von einer guten Ausbildung.
Der HRK ist nicht nur der älteste, sondern immer einer der führenden Vereine in Deutschland. Duelle gegen die Stadtrivalen waren immer reizvoll. Darauf habe ich mich, wie wohl alle anderen Spieler auch immer am meisten entgegengefiebert. Dort haben wir dann gegen unseren Alten Freunde aus dem Stadtteil oder der Schule gespielt, mit denen man am Wochenende noch ein Bier getrunken hat.
Bei allen Höhen und Tiefen im Verein und im Spieler-Leben, habe ich doch nie den Verein gewechselt, schließlich besteht der Verein nicht nur aus Spiel/Training, sondern auch aus sozialem Umfeld und Veantwortung. Bereits seit Jugendalter hatte ich diverse Funktionen in unserem Verein, wie Presse, später auch „technischer Leiter“ oder Abteilungsleiter. Das da manchmal das Privatleben leidet oder auch das aktive Sportlerdasein, ist auch jedem wohl klar. Außerdem bot/bietet der HRK mit seiner großzügigen Klubanlage immer eine reizvolle Umgebung, dort haben wir manche Party gefeiert…

TR: Was waren Deine größten Erfolge sowohl in der Bundesliga als auch mit dem Adler auf der Brust?
SL: Zahlreiche Schüler- und Jugendmeisterschaften konnten wir beim HRK während meiner Jugenzeit erringen. Die „schönste“ war die letzte, die Junioren-DM 1984 gegen Victoria Hannover, nach einem packenden Spiel mit einem knappen Sieg für uns.
Als die BL noch die jetzte Play-off-Regelungen hatte, werreichten wir auch mal das 1. BL Halbfinale, leider schafften wir es nach 1986 nicht mehr ins Finale.
2003 erreichten wir als Zweitligist das DRV-Pokalfinale, gegen den DRC Hannover, das konnte ich leider wegen meiner letzten großen Verletzung (Syndesmose-Abriss und Haarriss im Schienbein) nicht mitmachen.
Im RBW hatte ich viele Jahre gespielt. Hier standen zahlreiche Einsätze zu Buche. Neben vielen Spielen, waren sicher die Highlights das Spiel gegen die Junior All Blacks, bei ihrer 2. Tour nach Heidelberg und der Sieg des RBW gegen die Schweizer Nationalmannschaft. Die Spiele und die Trainings haben immer sehr viel Spaß gemacht,
Mein persönlicher Höhepunkt war hier 1998 das SAS Sevens mit den RBW als Kapitän, das wir überraschend erfolgreich bestritten und erst im Finale verloren gegen Georgien.
Im DRV habe ich über 2 Jahre im U19-Junioren-Kader gestanden, und spielte bei 2 FIRA-Europameisterschaften mit und kam auf 13 Länderspiele, sowie U23 DRV Einsätzen.
Auf dieser Ebene waren wir damals nicht weit entfernt von den großen Rugby-Nationen, wir spielten gegen Frankreich, Italien, Spanien, Schottland und erzielten immer gute Ergebnisse.
Als Trainer gewann ich mit einr RBW Junioren-Mannschaft den DRV-Länderpokaltitel 2000 und 1998 wurde ich als Damen-Trainer mit der SCN Damen-Mannschaft Deutscher Meister.

TR: Wann hast Du Dich als Spieler von der Bühne verabschiedet und warum?
SL: Ich spielte seit 1976 Rugby im HRK und ab 1984 im Herrenbereich. Bis 2003-2004 habe ich noch für die 1.Mannschaft gespielt, also bis ca 38 Jahre. Im Frühjahr 2003 hatte ich dann die schwere Verletzung, und habe nach Reha fast 1 Jahr gebraucht um wieder anzuknüpfen. Aber in diesem hohen Alter ist eine solche Verletzung fast das Ende der Karriere. Trainiert habe ich noch weiter und noch bis Ende 2006 in der 2. Mannschaft miegespielt.
Ab Saison wurde ich 2004 Technischer Leiter HRK, habe also mit Trainer Günter Strässer die sportlichen Geschicke des HRK verantwortet.

TR: Nenne uns doch bitte ein paar besondere Erlebnisse/Momente Deiner Karriere.
SL: Viele tolle Spiele in mit dem HRK in der Bundesliga, mit dem RBW und anderer Teams.
Generell war und ist der Spaß am Rugby riesengroß. Wichtig war immer das Team-Gefühl, das obligatorische Bier nach dem Spiel mit der eigenen Mannschaft und den Spielern der gegnerischen Manschaft. Im Rugbyleben gab es viele tolle Erlebnisse, bei vielen Situationen, Spielen, Turnieren hat man viele tolle Freunde und Kameraden in vielen Vereinen Deutschlands kennengelernt. Der Rugbysport ist immer noch von großem Respekt untereinander geprägt, das diesen Sport auch so auszeichnet. Auf dem Spielfeld und auch außerhalb.

TR: Wie siehst Du das heutige BL Niveau im Vergleich zu Deiner aktiven Zeit?
SL: Heute gibt es viel körperbetonteres, schnelleres, dynamischeres Spiel, vergleiche mal Videos von damals und heute! Die Anforderungen an Verein und Spieler sind enorm gestiegen, die meisten Spieler in BL trainieren fast unter professionellen Bedingungen, selbst wenn es keine sind. Bedingt durcvh höhere Fluktuationen und der Einfluß auswärtiger Spieler, ist jedoch auch der Charakter einer Mannschaft anders als früher, wo alle aus einem Stadtteil oder Umfeld kamen. Dadurch gab es einen anderen Zusammenhalt wie heute.

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TR: Wie siehst Du die Zukunft des deutschen Rugby in der Bundesliga und des DRV?
SL: Hat sich enorm professionell entwickelt, viele Spieler betreiben den Sport beruflich oder mit professioneller Hingabe. Vereine und DRV-/Verände müssen folgen. Leider ist der Rugby-Stellenwert nicht ausreichend hoch in Deutschland (außerhalb der Hochburgen), so ist unser Vermarktungswert immer noch zu gering.
Rugby lebt immer auch von den Derbys, die waren diese Saison wieder mal gut besucht und sehr spanned (hat man mir erzählt!)
Die EM-Sevens waren ein toller Höhepunkt 2008, super organisiert, mit fast dem Überraschungs-Coup der Deutschen. Dafür bin ich extra direkt aus Taiwan nach Hannover eingeflogen.
Aber auch andere Länder haben sich entwickelt und sind dabei noch erfolgreicher wie wir (Portugal, Spanien…), deswegen haben wir sie noch nicht überholt.

TR: Was hältst Du von den Leistungen der deutschen im internationalen Vergleich? Verfolgst Du die Spiele?
SL: Im internationalen Vergleich haben wir viele gute Einzelspieler, aber das Kollektiv ist dann doch nicht groß genug um richtig erfolgreich mit den Großen mitzuhalten. An die großen Nationen kommen wir nicht ran und wir klopfen immer an am Erfolg, aber versäumen die Tür auzumachen.

TR:Aktuell ist das Thema Sponsorship in der Liga und auch im Verband ein großes Thema, was fällt Dir dazu ein?
SL: Jeder Verein ist auf Sponsoren angewiesen. Die Herausforderungen für einen Verein sind heute alleine nicht mehr zu bewältigen, die Kosten sind enorm für BL, und 2. BL, Jugendabteilung, Frauenrugby etc. Je mehr Sponsoren es gibt, desto besser für den Verein. Auch der HRK profitierte davon, mit dem großartigen Engagement über die letzten Jahre duch Capri-Sonne WILD-Werke. Generell müssen für Gastspieler und eigene Gewächse ähnliche Bedingungen entstehen.
Rugby war immer ein gastfreundlicher Sport, jeder ist willkommen, aus jedem Land der Erde, heutzutage ist dies jedoch professionalsiert. Die Gastspieler haben das Niveau deutlich gehoben, doch müssen wir /DRV dafür sorgen, daß deutsche Spieler verstärkt davon profitieren. Ich halte langfrisitig nichts von einer zu hohen Ausländerzahl oder zu hoher Fluktuation. Es muß immer noch eine Verbindung zum Verein geben, denn dies ist auch eine Stärke unseres Rugbysports in Deutschland. Ich glaube, daß wir noch viele Jahre brauchen, bis der Rugbysport ganz verprofessionalsiert ist. Ich hoffe jedoch, daß der DRV in absehbarer Zukunft an einem großen Weltturnier teilnehmen kann und damit weiter in den Fokus der Öffentlichkeit rückt. Das haben sich die Deutschen Nationalspieler und auch viele ehrenamtlichen Funktionäre redlich verdient.

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Letzte Aktualisierung ( Dienstag, 3. März 2009 )