TR-Analyse: Deutschland hält lange gegen Holland mit, verliert am Ende dennoch deutlich mit 7-37
Geschrieben von TotalRugby Team   
Samstag, 23. November 2019

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Nur 60 Minuten lang konnten unsere Adler gegen die Niederlande mithalten. Foto (c) Kessler

Es war aus deutscher Sicht ein gebrauchter Tag. Eine nahezu unveränderte deutsche Mannschaft im Vergleich zum Polen-Spiel, konnte gegen den Rugby-Europe-Trophy-Favoriten Niederlande nur eine Halbzeit lang mithalten. In doppelter Unterzahl musste das Adler-Team eine am Ende zu deutlich ausgefallene Niederlage durch drei späte Versuche hinnehmen. Für das neuformierte und im Aufbau befindliche Team ein klarer Rückschlag.

Der Wendepunkt sollte in der letzten Spielsequenz der ersten Hälfte erfolgen. Deutschland hatte sich zum dritten Mal in Durchgang eins tief in der niederländischen 22 festgesetzt und schien drauf und dran zum zweiten Mal per Pick&Go zum Versuch zu kommen. Doch dieses Mal schaffte es das junge Adler-Team lediglich über die Linie, aber dabei nicht das ovale Leder auf dem Rasen zu platzieren, da Oranje Hände zwischen den Ball und die wenigen Grashalme im Rechteck des Rugby-Wohnzimmers bekam. Damit sollte eine ausgeglichene erste Hälfte statt mit einer 14-10 Führung für die gastgebenden Adler mit einem 7-10 Rückstand enden.

Sowohl der Gästetrainer Zaine Gardener, als auch Deutschlands Sturmtrainer Alexander "Snakko" Widiker sahen diese Szene als den Knackpunkt dieser Partie an. Das junge deutsche Team haderte mit der vergebenen Chance, während Holland den verhinderten Versuch mehr bejubelte als den ersten eigenen durch Außen Jordy Hop nach nur zehn gespielten Minuten. Die Gäste hatten ganz ihrem Mantra folgend trotz extrem tiefem Platz und feuchtem Ball versucht alles auszuspielen und anfangs überhaupt nicht taktisch gekickt.

Zur Pause sah es aus deutscher Sicht noch gut aus

Deutschland hatte seine Probleme die sich aus dem niederländischen Kombinationsspiel ergebenden Lücken zuzulaufen, ließ aber trotz mehrerer Durchbrüche durch fleißige Defensivarbeit nur einen Versuch zu. Bei diesem hatte das deutsche Team nach mehrmaligem Seitenwechsel nicht mehr ordentlich verschoben und der zu diesem Zeitpunkt bereits angeschlagene Verbinder Klewinghaus war Deutschlands letzter Verteidiger gegen den flinken Hop.

Erschwerend kamen aus deutscher Sicht zwei frühe verletzungsbedingte Wechsel hinzu: Verbinder Klewinghaus, gegen Polen noch der überragende Strippenzieher im deutschen Spiel, zog sich gleich zu Beginn eine Muskelverletzung im Oberschenkel zu, während Prop Antony Dickinson mit einer Schulterblessur ebenso früh vom Feld musste. Dass man sich dennoch so gut im Spiel hielt und durch den gut aufspielenden Hakler Mark Fairhurst vom TSV Handschuhsheim zum Versuch nach einer Viertelstunde kam, unterstrich eine insgesamt ordentliche deutsche Leistung, mit viel Willen und Kampfgeist bis zur Pause.

Dass nach dem Pausenpfiff nicht mehr viel aus deutscher Sicht lief, hatte mehrere Gründe. Neben dem schon erwähnten moralischen Sieg mit der letzten Aktion des ersten Durchgangs, spielte Oranje nun etwas bedachter. Statt mit jedem Ball in die Breite zu gehen, wählten die Gäste ihre Momente und versuchten sonst das deutsche Team mit cleveren taktischen Kicks tief in der eigenen Hälfte festzunageln. Deutschland hatte am heutigen Tag nicht die Mittel sich aus diesem eisernen Klammergriff zu befreien.


Dazu nutzten die Gäste die laxe Linie des spanischen Unparteiischen clever aus und sorgten in den Offenen für allerlei unsaubere Bälle. Was dem deutschen Team schlussendlich jede Chance nahm, war die eigene Leistung in den Standards. War die Gasse im ersten Durchgang noch sauber und die Gedränge immerhin akzeptabel, wurde nach der Pause beides merklich schlechter. Die Gasse produzierte keine guten Angriffsbälle mehr und fast jedes Gedränge wurde zum Straftritt für die Niederlande. Kein Wunder, dass sich die Gäste mehr und mehr tief in Deutschlands Hälfte festsetzen konnten.

Rettunsaktionen, wie die von Johannes Schreieck und Turnover von Marcel Henn und Niklas Hohl hielten Deutschland dabei noch länger im Spiel, als man das bei derart einseitig verteiltem Ballbesitz hätte erwarten können. Mit 20 Minuten auf der Uhr und dem zweiten Weersma-Straftritt für die Holländer nach der Pause zum 16-7 aus Gästesicht, war das Momentum schließlich vollends auf Seiten von Oranje. In der Schlussphase lief dann aus deutscher Sicht gar nichts mehr zusammen.

Drei späte niederländische Versuche durch Jasey van Kampen, erneut Außen Jordie Hop, sowie ein Penalty Try, auch bedingt durch eine gelbe Karte für Samy Füchsel nach einem unsauberen Cleanout und einer weiteren für Marcel Henn, ließen das Punktekonto der Niederländer spät stark in die Höhe schnellen. Gäste-Trainer Gardiner unterstrich, dass der Punktestand nicht den Spielverlauf widerspiegele und gratulierte dem deutschen Team trotz allem zu einer starken kämpferischen Leistung.

Der Großteil der 2731 Zuschauer im Heidelberger Rugby-Wohnzimmer ging heute enttäuscht nach Hause. Es war nicht der erhoffte Sieg gegen den Favoriten. Doch für eine im Aufbau befindliche deutsche Mannschaft war es irgendwo auch eine Chance sich gegen einen aktuell noch besseren Gegner zu beweisen. Der Aufstieg, den die Holländer explizit anvisieren, käme für das deutsche Team aktuell sowieso noch zu früh. Im Februar dann geht es in der Schweiz für diese Mannschaft weiter. Hoffentlich repräsentieren die jungen deutschen dann einen Verband, der sich bis dahin in ruhigerem Fahrwasser befindet. Auf die aktuell turbulenten Verhältnisse abseits des Platzes wollte aber niemand diese Niederlage schieben. Drei weitere Chancen eine gute Rolle in der Rugby Europe Trophy zu spielen bleiben dem Team von Mark Kuhlmann. Mit Litauen und der Ukraine sind dabei auch zwei Gegner, die deutlich schwächer einzuschätzen sind, als Polen und die Niederlande.

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